
Tiefe und vertrauensvolle Beziehungen sind die Hauptquelle psychischer Stärke. Man kann sie oft auch noch später erwerben. © Serendipiddy under cc
In Zeiten, in denen professionelle Hilfe immer schwieriger zu bekommen ist, können wir die psychologische Selbsthilfe stärken.
Früher war es oft eine hohe innere Hürde sich psychotherapeutisch helfen zu lassen, heute sind immer mehr Menschen immer öfter bereit dazu, doch durch die Zunahme an Spannungen und Störungen werden die Therapieplätze knapp. Zusätzlich besteht die Sorge, dass die Therapien schneller und oberflächlicher werden und sich immer mehr in Richtung Psychopharmakologie verlagern. Nicht selten handelt man sich damit eigene Probleme ein, bei denen irgendwann nicht mehr klar ist, was die Nebenwirkungen der Medikamente sind und was die ursprüngliche Problematik ist.
Die Elemente der psychologischen Selbsthilfe sind alle wirksam, unterscheiden sich aber je nach Art der eigenen Problematik und des eigenen Charakters.
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Sie sind nicht allein – Die ambivalente Gemeinschaft der Leidenden
Viele Menschen glauben, ihre Probleme seien so speziell, dass außer ihnen selbst niemand darunter leidet. Es ist für viele daher geradezu eine Erlösung, wenn sie erfahren, dass es noch andere und in vielen Fällen sogar sehr viele andere gibt, die dasselbe Problem haben, manchmal sogar bis ins Detail.
Psychologische Onlineforen sind heute ein guter Ort um diese Erfahrung zu machen, manchmal gibt es regionale Selbsthilfegruppen und enge Freunde können ebenfalls die Empathie aufbringen nachzuvollziehen, dass man ein bestimmtes Problem hat. Die Gemeinschaft derer, die ein bestimmtes Problem teilt, hat den großen Vorteil, dass diese wissen, wie es ist, etwa mit einem an einer Sucht erkrankten Menschen zusammen zu leben, eine soziale Phobie zu leiden oder depressive Phasen zu erleben.
Man muss sich nicht erklären, man fühlt sich vielleicht zum ersten mal angenommen, in einer Gemeinschaft derer, die weiß, wie es ist … .
So erlösend und gewinnbringend das sein kann, diese Münze hat zwei Seiten. So eine Gemeinschaft kann zwei Nachteile haben. Der erste wäre ein Mitglied der Gemeinschaft, das allen anderen erklärt, warum man sich keinerlei Hoffnung auf Heilung oder Besserung zu machen braucht, das sei alles schon probiert worden. Solche Zerstörer können andere Betroffene dadurch in den Keller zieht.
Der andere Punkt ist, dass in einer solche Gemeinschaft die Tendenz besteht, die Probleme und ihre vermeintlichen oder tatsächlichen Ursachen wieder und wieder durchzukauen, so dass man nie zu dem Punkt kommt, das Thema wirklich mal hinter sich zu lassen und für sein Leben damit abzuschließen.
Die Kunst und Chance besteht darin, die guten Seiten zu nutzen und zu merken, wann die Geschichte für mich zu kippen beginnt. Das muss man lernen zu erkennen und die immer größere Selbsterkenntnis ist ein weiterer Punkt, der aber durch all die Facetten hier vergrößert wird. Dennoch ist es auch ein eigener Punkt.
Lernen Sie Ihre Trigger kennen. Lernen Sie sich kennen.
Wer bin ich eigentlich, was will ich eigentlich? Niemand weiß das besser, als man selbst, könnte man denken, doch nicht immer ist das so. Man merkt es in dem Moment, wo man es versucht zu formulieren, wer man ist und was man will. Probleme mit dieser Art der Innenschau können viele Ursachen haben, eine häufige ist die Identitätsdiffusion, aber auch ohne psychologisch naiv zu agieren – indem man die Probleme verkennt oder bagatellisiert – kann man anfangen etwas an dieser Situation zu ändern.
Fragen Sie andere, wie Sie wirken und lernen Sie, Ihre Gedanken auszuformulieren, mündlich oder schriftlich. Beginnen Sie einfach mit dem, was Sie zu fassen kriegen, weitere Assoziationen werden kommen.
Klarer ist es manchmal, wenn man weiß oder lernt, durch welche Situationen man getriggert wird. Man sollte versuchen, diese Situationen zu meiden, wenn sie retraumatisierend sind. Retraumatisierend sind sie, wenn man Flashbacks hat, sich Bilder und Gefühle abrupt aufdrängen und erst einmal nicht stoppen lassen. Das ist wie eine körperliche Wunde, die wieder und wieder aufgeknibbelt sind. Das gehört in psychotherapeutische Hände (in der Regel der Traumatherapie), aber solange kann man versuchen, sich nicht wieder und wieder den Triggern auszusetzen.
Wenn Sie die Situationen nicht meiden können, versuchen Sie zu lernen, damit umzugehen. Der erste Punkt ist dabei die Gedanken mitzunehmen und sich klar zu machen: Es ist nicht hier und es ist nicht jetzt. Hier und jetzt bin ich sicher.
Lernen Sie Ihre Emotionen zu kontrollieren: Es gibt sogenannte Notfallkoffer mit Techniken, die man in dem Fall anwenden kann. Schauen Sie, welche für Sie die besten sind.
Erste Hilfe Maßnahmen trainieren
Die Grundidee hinter all diesen Maßnahmen ist, dass unser Gehirn, unsere Psyche, Bewusstsein oder unsere Aufmerksamkeit, wenn es sich nicht um Routinetätigkeiten handelt, nur auf einen Bereich fokussiert werden kann. Wenn man ein paar mal Angst hatte, schleift sich das Muster immer mehr ein, aber wir können es auch wieder durchbrechen.
Die Angst verengt unser Bewusstsein auf den einen Bereich, das Angstthema und seine Empfindungen, Körperreaktionen, Gefühle und Gedanken. Wir können es weiten und an jedem der Aspekte ansetzen. Bei einsetzender Angst kann man aufspringen und rückwärts laufen. Das erfordert unsere volle Aufmerksamkeit, die Angst braucht aber auch unsere volle Aufmerksamkeit. Vielleicht klappt das nicht, wenn man gerade in den Öffentlichkeit ist aber dann kann man das Bewusstsein weiten.
Länger ausatmen als einatmen und den Blick in die Ferne richten und die Peripherie, den Rand des visuellen Eindrucks., des Gesichtsfeldes wahrnehmen. Die 5,4,3,2,1 Übung machen: Bewusst 5 Gegenstände nacheinander anschauen. Danach 4 verschiedenen Geräuschen lauschen, nacheinander. Danach 3 Körperempfindungen. Dann 2 Gerüche und am Ende 1 Geschmack. Oder eben das, was Sie für sich im Notfallkoffer als passend gefunden haben.
Üben Sie das immer wieder, gerade auch dann, wenn Sie keine Angst haben.
Die Normalität ist ihr Freundin
Wenn Sie in der Lage sind irgendeiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen, so ist das wunderbar. Diese sind auf ihre Art sehr erdend, weil sie in die eigene Welt der Arbeit eingeflochten werden. Die erstaunliche Macht der Normalität sollte nicht unterschätzt werden, ist man dort eingebunden, wirkt diese sehr stabilisierend auf das Ich, weil der Alltag einfach verlangt, was er verlangt. Ob Werkbank, Büro, Außendienst, Supermarkt, Krankenhaus oder Bauernhof, alle haben ihr spezifisches Eigenleben.
Der Alltag ist der eine Aspekt, das Außeralltägliche ist das, was unser Leben lebenswert macht. Es sind auf verschiedene Arten hervorgerufene Erfahrungen der Einheit, des Flow. Man kann sie buchstäblich durch Sex ’n‘ Drugs ’n‘ Rock ’n‘ Roll evozieren, aber auch durch gemeinschaftliche Tätigkeiten, Singen, Mannschaftssport, Massenereignisse und spirituelle Praktiken. Sie bringen Sinn in unser Leben, weil sie uns Verschmelzungen auf verschiedene Arten erleben lassen.
Diese Verschmelzungen beruhen auf der einen Seite auf Lockerungen der Kontrollfunktionen, durch gesellschaftlich tolerierte, milde Regressionen. Für die Dauer eines Konzerts oder großen Sportereignisses, darf man sich so benehmen, wie man es im Büro nicht tun sollte. Jubeln, weinen, fluchen, grölen, singen, fremde Leute umarmen, all das ist für ein paar Stunden völlig okay und bereits auf der Rückreise verwandelt man sich wieder in den respektablen Mitmenschen, der man vorher auch schon war. Aber wir brauchen diese Ventile, bei denen wir Spannungen abbauen oder transformieren können, wir brauchen als das Gleichgewichte aus erdendem Alltag und außeralltäglichen Verschmelzungen, die das Salz in der Suppe des Lebens sind. Diese Erfahrungen füllen unseren emotionalen Tank mit positiver Energie.
Traumatisierungen und lang anhaltender Stress vermischen diese Bereiche, in für uns unkontrollierbarer Weise oder sorgen dafür, dass wir nur noch in einer der Welten unterwegs sind. Entweder fallen die Verschmelzungen flach, so dass wir Spannungen nicht mehr abbauen können oder antriebslos werden, oder wir sind nur noch in einem emotionalen Ausnahmezustand und können uns nicht mehr erden.
Schaffen sie sich eigene Rituale der Ruhe, in denen sie mehr und mehr selbst bestimmen können, wann sie vom Alltag in die andere Welt umswitchen. Mit jeder Wiederholung klappt das besser.
Rituale der Ruhe und des Schutzes
Durch Rituale der Ruhe können Sie sich einen inneren Raum schaffen, der mit jedem Besuch fester und stabiler wird. Wie Sie ihn ausgestalten, entscheiden Sie selbst, es ist nicht schlecht Elemente der äußeren und inneren Welt zu verbinden. Ein Ritual der Ruhe und des Schutzes sollte in einer äußerlich ungestörten Umgebung stattfinden, in der man sicher ist, für eine gewisse Zeit nicht gestört zu werden.
Man kann bestimmte Farben oder Dunkelheit, Gerüche, unaufdringliche, meditative Musikbegleitung, Kleidungsstücke und Handlungen, etwa, sich bequem hinzulegen kombinieren, möglichst in der immer gleichen Weise, so dass sich irgendwann schon durch die Vorbereitungen Ruhe einstellt.
Wichtiger als die Ausstattung der Außenwelt ist jedoch die der Innenwelt und da können Sie Ihrer Intuition freien lauf lassen. Es ist gut sich körperlich zu entspannen, immer wieder zum Atem zurück zu finden und sich dann einen inneren Ort zu kreieren, in dem man sich wohl und sicher fühlt. Irgendeine Landschaft, Insel, ein Phantasiereich, ein Haus, ein Raum, was immer es sei. Mit oder ohne innere Gefährten, gerade so, wie Ihre Intuition es will. Diesen Ort kann man nun immer genauer erkunden, einrichten und ausschmücken, man kann ihn auch innerlich noch mal über eine Tür, eine Brücke oder wie auch immer betreten und verlassen, so das klar ist, in welcher Welt man sich gerade befindet.
Wenn man sich wohl und sicher fühlt, kann man nach und nach von hier aus die belastenden und problematischen Bereiche seines Lebens anschauen, wie auf einer Leinwand oder als Zuschauer in einem Theater. Es ist zwar Teil der eigenen Innenwelt, aber man ist nur ein wenig verwickelt und immer auch etwas distanziert – Teilnehmer und Beobachter – und dann lässt man den Film oder eine bestimmte Szene laufen, schaut sie an, entspannt sich wieder und lässt sie einfach sein. Sie ist Teil meines Lebens, aber ich kann nun und in Zukunft bestimmten, wann ich mir diese Szenen anschauen und ich kann die Situation auch wieder bewusst verlassen, in die Ruhe und Geborgenheit zurück kehren, zu meinem sicheren Ort, bevor ich auch dieses Ritual wieder beende und in den Alltag eintauche. Ich trenne die Welten und ich bin es immer mehr, die oder der entscheidet, wann sie wieder betreten wird.
Diese Formen der Imagination sind ausgesprochen wirksam, vor allem breiten sie sich mehr und mehr aus und gewinnen jedes mal mehr Kraft, die sich dann irgendwann auch spenden.
Auf einen Reiz fokussieren
Des weiteren ist es hilfreich diese Übungen des Innen und Außen zu verbinden. Überforderung tritt oft dann auf, wenn zu viele Eindrücke auf uns einprasseln und wir das Gefühl haben überflutet zu werden. Manche haben dieses Gefühl häufig und profitieren oft davon, wenn sie die Notfall-Übungen im normalen Alltag vertiefen, indem sie das Knäuel der Wahrnehmungen entheddern.
Oder, wie es damals in Affektkontrolle hieß:
„Die Augen schließen und hören, was es zu hören gibt. Spüren, wie es ist zu gehen. Fühlen, wie der Atem fließt, sonst nichts. Einfach unverwandt in die Ferne blicken und schauen, ohne etwas zu fixieren. Sich hinsetzen und versuchen zu spüren, wie es ist, einfach da zu sitzen. Ankommen und sein Gewicht abgeben. Wind und Sonne auf der Haut spüren.
Es sind sehr einfache Übungen, die hier helfen können. Nicht viele Aktivitäten gleichzeitig, sondern bei einer bleiben. Sich immer wieder bewusste Inseln der Ruhe schaffen. Der Vielzahl der Reize mag man ausgeliefert sein, aber mit der Zeit lernt man immer mehr bei sich, bei einzelnen Empfindungen, zu bleiben. Ebenso lernt man, wie man sich bremst und nicht mehr sofort reagiert, weil zwischen dem Reiz und der Reaktion darauf eine Lücke entsteht, in der das Ich einen Ort zu wachsen findet, so dass man selbst besser entscheiden kann, welchen Affekten man nachgeht und welchen nicht.“[1]
So lernt man seine Empfindungen nach und nach kennen und sie zu unterscheiden.
Lernen Sie auch die Gedanken zu unterscheiden …

Die eigene kleine Insel im Inneren kann zum sicheren Rückzugsort werden. Eine Kraftquelle für den Kontakt mit Innen- und Außenwelt. © Kasia under cc
Es ist gut nicht nur seine Emotionen im Blick zu haben, sondern auch seine Gedanken. Es kann ganz gut sein, zunächst einmal zu lernen, seine Gedanken ein Stück weit zu kontrollieren. Es gibt zwei Arten von Gedankenpaketen, die destruktiv sind, die man aber relativ leicht beeinflussen kann. Zum einen das Katastrophisieren. Dabei handelt es sich um eine Kaskade von aufeinander aufbauenden und sich wechselseitig verstärkenden Gedanken, dass alles ganz schlimm und auch nicht zu ändern ist und daher immer schlimmer wird. Es ist gut, diesen Gedanken ein Stopp-Signal entgegen zu halten und sich in dem Moment erst mal bewusst abzulenken.
Ein anderes destruktiver Paket ist der Grübelzwang. Er fängt immer wieder neu an, findet kein Ende und kein Ergebnis. Dann kreisen die Gedanken wieder von vorne. Es gibt weitere Arten des Denkens, die negativ sind. Manche kann man schnell stoppen, aber sie kommen mit der Zeit wieder.
Aber man kann Fragen auch klären und abschließen und zwar dadurch, dass man systematisches Denken lernt, die Philosophie. Philosophie ist gerade kein empiriefreies Leerdrehen von beliebigen Gedanken, sondern die Klärung und Präzisierung von Begriffen und das Freilegen dahinter stehender Prämissen. Schritt für Schritt kann man Themen und Gedanken so schärfen und mit einigen von ihnen prinzipiell abschließen.
… und wieder zusammen zu fügen
Am Ende entsteht so ein eigenes großes und stabiles Gedankengebäude. Es ist gut, es sorgfältig zu errichten, denn es bietet uns nur dauerhaften Schutz, wenn wir von ihm wirklich überzeugt sind. Wenn wir unser Bestes gegeben und alle Einwände geprüft haben, ist das Gebäude aus unseren besten Argumenten errichtet und ausgesprochen stabil.
Man kann auch konkrete Denkfehler analysieren. Eine Bekannte sagte, dass ihr seit einem bestimmten Tag alle gefühlten Sicherheiten im Leben weggebrochen sind, relativ wörtlich sagte sie: ‚Ich weiß, dass ich mich auf nichts im Leben verlassen kann.‘ Philosophisch ist das allerdings ein performativer Selbstwiderspruch, denn wenn das nun die Prämisse des Lebens sein soll, verlässt man sich genau darauf, dass man sich auf nichts verlassen kann.
Man muss sich selbst in die Lage versetzen, dass diese Ideen, in einem wirklich etwas bewirken und kein leeres Wortgeklingel sind, aber das ist ja möglich. Die Philosophie vermag es den Dingen auf den Grund zu gehen und diese Kraft kann man nutzen. Wenn Sie das Gesamtpaket glauben können entsteht ein Raum der Gründe, ein Gebäude oder ein Weltbild, was trägt und sicher ist, darum ist es entscheidend, sich nicht selbst etwas vor zu machen.
Ist das aber einmal errichtet, stellt sich entgegen der negativen Dynamik bei destruktiven Denkmustern ein positiver Effekt ein, in vielen Fällen gleich mehrere. Es entsteht eine Art Placeboeffekt, die Überzeugung selbst wirkt und verstärkt ihrerseits die Überzeugung. Das alles dauert Jahre, ist aber ausgesprochen nachhaltig.
Positives Selbstmanagement – Lassen Sie es sich gut gehen
So simpel es klingt, so wichtig ist dieser Punkt: Lassen Sie es sich gut gehen, erlauben Sie es sich bewusst, dass es Ihnen gut gehen darf. Es ist eines der Mittel gegen Depression sich immer wieder daran zu erinnern. Der Erinnerung sollten auch Taten folgen, also machen Sie immer wieder mal etwas, was Sie entspannt und mit dem Sie sich selbst belohnen können.
Es ist oft schwer das Leben zu genießen, wenn man sich schuldig fühlt, entweder weil man depressiv ist oder weiß, dass es anderen nahen Menschen schlecht geht. Es ist gut sich klar zu machen, dass andere auch nichts davon haben, wenn es mir selbst schlecht geht und zudem, kann man sich fragen, was sich diese anderen wohl für mich wünschen würden: Würden sie wollen, dass ich leide?
Gefühle der Schuld sind real und an sich ein guter Indikator für eine ausreichende Ich-Stärke, sie sollten nur nicht zu stark werden. Gutes Essen, Besuche in Konzerten, Museen, Sex, Sport, Freunde und Hobbys, man sollte all das oder Teile davon pflegen. In der Weise, dass daraus nicht selbst wieder ein abzuarbeitendes System entsteht, was den Stress im Leben vergrößert. Spaß soll es machen, darf es machen und das ist der Indikator: Macht es mir Freunde?
Begrenzen Sie bewusst negative Informationen. In schweren Zeiten muss man sich nicht im Minutentakt davon überzeugen, dass wirklich alles ganz finster ist, man hat ein gewisses Recht auf Eskapismus und Inseln des zwischenzeitlichen Glücks. Dosieren Sie die Zeit in der Sie sich Nachrichten anhören und lassen Sie sich auch davon nicht überfluten.
Weitere Bausteine
Es folgt eine knappe Vorstellung weiterer Bausteine für die psychologische Selbsthilfe. Diese sind nicht schlechter oder unwichtiger, wir haben sie nur hier und da schon ausführlicher besprochen und werden ausführlichere Darstellungen verlinken.
Kreative Verarbeitung
Bei all dem hilft die kreative Verarbeitung. Sie kann stattfinden, indem man über seine Situation schreibt, ein Bild malt, tanzt oder seine Emotionen in irgendeine Form bringt. Auch Gespräche in geschütztem Raum können helfen sich einem Gebiet immer wieder ohne Angst und Zensur zu nähern. Es sind diese Formen der Konfrontation im geschützten Rahmen die eine therapeutische Wirkung entfalten, wie man bei Untersuchungen der EMDR Technik herausgefunden hat.
Kreative Annäherung, mit der Möglichkeit zur Einordnung und Verarbeitung schafft eine immer größere Distanz. Es gibt aktive Formen der Kreativität, die im Außen liegen, sowie die schon vorgestellten Imaginationen, die Rituale der Ruhe und Sicherheit. Noch passiver, aber sehr wirksam, ist in dem Sinne die
Meditation
Es gibt nicht die eine Meditation, sondern zig verschiedene Formen. Meditation ist im eigentlichen Sinne keine Psychotherapie, allerdings werden Elemente derselben immer wieder auch für diese Zwecke benutzt. So können Meditation und Imagination ineinander fließen und Meditation wird manchmal auch als Technik einer unspezifischen Entspannung verstanden, dann vor allem die leere, absichtslose Meditation, bei der man alles betrachtet, kommen und gehen lässt, wie beim Vipassana oder Zen.
In dieser Form der Meditation werden sowohl Körperempfindungen, Gefühle, als auch Gedanken zurückgewiesen, das bedeutet, nicht abgewürgt, sondern man beobachtet sie und damit sich beim denken und schafft damit eine Art Metaposition zu all dem, was man als ‚das bin ich‘ bezeichnen würde. Das Ich wird auf diese Art immer weiter und damit auch psychologisch betrachtet, immer stärker.
Es tut irgendwie weh, die Vielfalt dessen was Meditation bedeutet auf Entspannungsverfahren zu reduzieren. Aber sie hat auch einen entspannenden Effekt, dadurch, dass man in trainiert, nicht auf jeden Reiz zu reagieren.
Vergessen Sie die Theorie im Hintergrund
Es bringt nicht viel, sich auf den weltanschaulichen Streit einzulassen, ob das nun alles aus dem Gehirn kommt oder ein kognitiver Lerneffekt ist, ob es irgendwelche Felder sind, die durch Übung immer stabiler werden, ob es einen magischen Hintergrund hat, egal. Glauben Sie was Ihnen gefällt, aber sehen Sie zu, dass Sie es wirklich glauben. Wenn es für Sie stimmt, ist alles okay und dadurch evozieren Sie einen Placeboeffekt, der kein Fehler ist, sondern zusätzlich hilft.
Wenn Sie von einer Idee nicht tief überzeugt sind, bleiben Sie pragmatisch und machen Sie einfach das, von dem Sie denken, dass es Ihnen helfen wird, ohne sich über die Theorie den Kopf zu zerbrechen.
Bewegung
Bewegung, Muskeltraining, aber auch Tanz oder Yoga können einen großen stabilierenden Effekt auf die Psyche haben. Durch die Disziplin, das Erkennen der eigenen Möglichkeiten und Grenzen, durch die Überwindung eigener Grenze, die Freude und den Stolz, wenn man sich überwunden hat und Fortschritte macht und einfach auch dadurch, dass man gesünder wird, wenn man richtig trainiert.
Unsere Psyche ist stabil
Unsere Psyche ist stabil und unser psychisches Immunsystem ist hocheffektiv. Wir können vergessen. Wir können verdrängen. Wir können selbst bei schweren Traumatisierungen erst mal weiter machen. Wir müssen das später gewissermaßen nacharbeiten, aber das Wunder ist, dass unsere Psyche uns diese Möglichkeit überhaupt verschafft.
Lassen Sie sich von pessimistischen Ideen nicht zu sehr herunter ziehen und schauen Sie, was Sie in Ihrem und für Ihr Leben wirklich brauchen und wollen. Vielleicht werden Sie eine Höhenangst oder die soziale Phobie vor Menschen zu reden nie ganz los, vielleicht aber auch doch. Aber was würde das für Ihr Leben bedeuten? Es wäre wirklich blöd, nehmen wir die Höhenangst, wenn Sie immer schon Hochseiltartist oder Bergsteigerin werden wollten. Aber, falls nicht, was soll’s?
Sie werden an manchem im Leben nicht teilnehmen können, das Riesenrad macht keinen Spaß, der Klettersteig auch nicht, aber sonst? Das Leben geht weiter und es kann wunderbar werden. Resilienz, eines der Modewörter der Psychologie, das bedeutet es. Man macht einfach weiter, es gibt nicht nur den einen Weg und vielleicht wollte man ja ohnehin nie Hochseiltartist werden.
Die Angst vor Menschen Reden zu halten ist blöd, wenn Sie Politikerin, Fernsehmoderator oder Hochschullehrerin werden wollen, aber vielleicht gibt es für Ihr Leben dennoch einen anderen lohnenswerten beruflichen Ansatz. Eigene Ressourcen entdecken, Selbstwirksamkeit erleben, das alles kann man nicht kultivieren oder vertiefen, wenn alles glatt läuft. Aber die Ich-Stärke kann im Laufe des Lebens und der psychischen Entwicklung wachsen.
Selbst wenn unsere Welt in Trümmern liegt, gibt es Hilfe. Egal wo wir uns befinden, wir können in puncto Urvertrauen und außertherapeutischer Maßnahmen einen inzwischen reich gedeckten Tisch.
Heilung hat zwei Komponenten
Probleme können auch ihr Ende finden. Das muss heute immer wieder mal gesagt werden, wo man oft hört, ein bestimmtes Problem könne man sein Leben lang nie wieder los werden, allenfalls wäre Linderung möglich, wenn überhaupt. Selten stimmt das, oft ist es eine theoretisch und praktisch unbegründete und darüber hinaus auch ethisch fragwürdige Einstellung.
Darüber hinaus gibt es zwei Komponenten der Heilung. Zum einen ist da der Aspekt des Durcharbeitens. Man muss sich ab einem bestimmten Punkt den Geistern der Vergangenheit stellen, bei Traumatisierungen geht das anders, als bei chronischen Aggressionen oder verdrängten Aspekten. Das ist der eine Schritt und hier ist Therapie in jedem Fall angeraten, weil Therapeuten einen wertfreien Raum zur Verfügung stellen können, den man ansonsten kaum bis gar nicht findet. Doch auch in der Wartezeit bis zu einer Therapie kann man sich selbst etwas stabilisieren.
Der andere Aspekt der Heilung ist, die Themen, die man durchgearbeitet hat, dann auch hinter sich und ruhen zu lassen. Das auch im Lichte dessen, dass man im schlimmeren Fall immer und immer wieder alte Wunden aufreißt und davon hat niemand etwas, am wenigsten man selbst. Yvonne Diewald betont diesen Punkt in Menschen, die niemals aufgeben.
Wichtige Aspekte der Heilung finden Sie in Psychische Heilung aus der Sicht zweier ungleicher Geschwister, ein langer Artikel, mit dem Sie im besten Fall bedeutende Komponenten der Heilung verstehen können, die Ihnen hilfreich sein können. Die jeweiligen Themen präsentiert uns das Leben selbst, es ist an sich nicht schwer, seinen Schatten zu finden, wir glauben es oft nur nicht. Zwei Regeln könnten reichen, uns zu leiten, auch auf diese kann man immer wieder zurück greifen.
Psychologische Selbsthilfe hat viele Bausteine. Wenn Sie von Wartezeiten frustriert sind, wünschen wir Ihnen, diese im besten Sinne nutzen zu können können. Dieser Artikel soll den Besuch bei einem Arzt oder Psychotherapeuten nicht ersetzen, sein Sinn ist erfüllt, wenn es Ihnen gelingt, einige Anregungen zu nutzen, die Ihnen helfen, die Zeit bis zu einem Termin zu überbrücken. Die gute Nachricht ist, dass wir in dieser Zeit nicht mehr mit leeren Händen dastehen müssen.