Yoga ist eine sehr alte Tradition, in der über spezielle Übungen Körper und Geist geschult werden. Wir müssen uns klar machen, dass Yoga durchaus die Unterscheidung von Körper, Seele und Geist kennt und Geist nicht nur als Denkfunktion sieht. Im Yoga sieht man darüber noch spirituelle Bereiche, betrachtet all diese von Beginn an aber als eine Einheit.
Das heißt, die Übungen für den Körper , zielen genau so sehr auf alles, sind dem Wesen nach immer auch schon Übungen spiritueller Natur, wie Meditationsübungen auch das ganze Leben meinen. Yoga kommt zwar aus der hinduistischen Tradition, ist aber als vorwiegend empirisches System, von diesem unabhängig und kann als eine große Methode relativ unproblematisch in andere Traditionen überführt werden.
Körper
Der Ausgangspunkt vieler Yogaübungen und das, wofür er im Westen oft gehalten wird, ist die Beschäftigung mit dem Körper , sind die oft bizarr anmutenden Verrenkungen zu denen der geübte Yogi oder die Yogini in der Lage sind. Es wäre jedoch vollkommen unangemessen Yoga auf den Körper oder noch schlimmer, auf Rückentraining zu reduzieren. Dagegen spricht schon, dass es auch Yoga Richtungen gibt, die ganz ohne körperliche Übungen auskommen.
Oft ist Hatha-Yoga, der körperbetonte Yoga, den es auch in diversen Richtungen gibt, der aber einen Kern von immer ähnlichen Übungen bildet, die Voraussetzung, der erste Schritt in einem größeren System, das Körper und Psyche integriert. Der Kern dieser Übungen ist mit Beharrlichkeit ganz gut zu schaffen, wobei schaffen, schaffen und schaffen durchaus unterschiedlich sind. Primär handelt es sich dabei um Übungen, die die Vorder- und Rückseite des Oberkörpers mehr oder weniger intensiv abwechselnd dehnen und kräftigen. Ziel ist weniger den Rücken gesund zu halten, sondern den Oberkörper zu entspannen, damit bei den später folgenden Atemübungen der Atem frei und ungehindert fließen kann.
Die Effekte auf den Rücken sind sozusagen Kollateraleffekte, Beifang, aber einer, der für unsere Zeit sehr wichtig geworden ist, da Rückenschmerzen zum Volksleiden avanciert.
Die Vermessung des Rückens
Im Rahmen von Schmerzfortbildungen kam und komme ich in den Genuss, diverse Referenten aus der Vielzahl der Bereiche zu hören, die sich mit Schmerzen befassen. Ein zentraler Bereich gilt dem Rücken, denn es ist bekannt, Deutschland hat Rücken und das seit langen Jahren. Zunächst ging man von dem Naheliegenden aus, dass nämlich die Rückenprobleme von harter Arbeit und Überlastung kommen, sowie von einer Degeneration der Wirbelsäule, durch eben diese harte Arbeit. Allerdings ist die harte körperliche Arbeit in den letzten Jahrzehnten immer weniger geworden, die Beschwerden wurden aber eher mehr.
Und so kam man nach und nach darauf, dass die Überlastung primär eine psychische ist auch und gerade, wenn der Rücken weh tut. Verrenkt ist oft das Arbeitsklima, ist die Zufriedenheit wieder hergestellt, lässt der Schmerz im Rücken häufig nach. Degeneriert sind Bandscheiben ohnehin, bei 30-Jährigen bereits zu 50% bei 50-Jährigen zu 80%, siehe auch Körperliche Gesundheit. Auch hat die körperliche Anstrengung im Beruf keinen Einfluss, Schwerarbeiter haben statistisch eine genau so kaputten oder intakten Rücken, wie ihre Alterskollegen, in körperlich anspruchslosen Bürojobs.
Dennoch stehen die Bandscheiben unter Druck, sogar unter erheblichem. Teams der Charité in Berlin haben es nachgemessen, die gute Nachricht ist, dass unser Rücken dafür gemacht ist, dass er geradezu monströse Belastungen gut aushält, wenn er gepflegt wird und das heißt in erster Linie bewegt wird. Und bewegt heißt vielseitig und in alle Richtungen, weshalb Schonhaltungen auch so fatal sind. Der Tisch der Bewegungsangebote sollte reichhaltig gedeckt sein und am rechhaltigsten ist er gedeckt, wenn man Yoga macht, mit weitem Abstand, auch das hat das Team um den Berliner Professor Hendrik Schmidt von Julius Wolff Institut nachgemessen. Dass die Wirbelsäule immer wieder einen anderen Neigungswinkel erfährt, statt zum starren Stab zu mutieren, ist wichtig und da ist Yoga unübertroffen.
Besonders eklatant ist die Einschränkung der Bewegungsmuster im realen Leben oft bei Männern über 50 zu sehen, die kaum noch in der Lage sind ruhige und fließende Bewegungen auszuführen, ihr Bewegungsablauf ist zackig und abgehackt.
Kontrollierte, ruhige und entspannte Bewegungen
Aller Anfang ist schwer und so ist es erst mal ein Erfolg, wenn man die Übungen des Hatha-Yoga irgendwie hinbekommt. Man lernt ganz nebenbei, dass es oft nicht die fehlende Kraft ist, die es verhindert, dass man sich langsam aus dem Liegen auf dem Rücken mit Hilfe der Bauchmuskeln ins Sitzen aufrichtet, sondern eine Verspannung des Rückens. Wir sind es gewohnt, sehr oft den ganzen Körper anzuspannen, so dass ältere Menschen kaum noch in der Lage sind isolierte Bewegungen einzelner Körperregionen durchzuführen und genau das lernt man beim Yoga. Wer auf dem Rücken liegend den Oberkörper langsam aufrichten will, findet sich nicht selten wie ein zappelnder Maikäfer wieder, dem bei dem Versuch die Beine in die Luft gehen. Ist der Rücken entspannt, geht das problemlos und fehlende Kraft der Bauchmuskeln ist längst nicht immer der Grund für Misserfolge, die Koordination von Anspannung und Entspannung ist hier das Geheimnis.
Es ist eine erstaunliche Erfahrung beim Hatha-Yoga, zu bemerken, wie wenige Muskeln man braucht um eine kontrollierte Bewegung durchzuführen oder den Körper in einer bestimmten Spannung zu halten. So wenig Muskeln wie nötig, so entspannt wie möglich lautet die Devise, denn es geht ja um die Vorbereitung zu einem ruhige fließenden Atem. Seinen Körper immer besser kennen zu lernen und immer mehr entspannte Kontrolle über ihn zu gewinnen, kann darüber hinaus aber auch eine Lust sein, zumal man die Erfolge mit in den Alltag nimmt.
Atem
Der Atem wird seit alten Zeiten in enger Verbindung mit der Seele (oder manchmal dem Geist) gesehen, der Atem und die Kommunikation, der modulierte Atem, ist im Grunde auch die körperloseste Form des Austauschs mit der Welt. Über den Atem sind wir zugleich mit der Welt des Lebendigen verbunden, egal ob Freund oder Feind, Tier oder Pflanze. Dem Atem kommt ganz natürlich eine Form des Austauschs zu und so spielt der Atem, seine Kontrolle und das Spiel mit den diversen Möglichkeiten, mit ihm umzugehen, eine große Rollen. Kein anderes System weltweit hat so viel über den Atem herausgefunden, wie dies beim Yoga der Fall ist.
Auf das leichte Fließen des Atems kommt es auch beim Hatha-Yoga schon an und im guten Fall lernt man auch in einer Anspannung den Atem leicht weiter fließen zu lassen. Pranayama heißt diese Art des Atem-Yoga, die ungeheuer viel mit meditativen Übungen und der Lenkung von Energien im Körper zu tun hat. Die Regulation des Atems kennen wir durchaus, in unserem Weltbild steht sie nur nicht so sehr im Vordergrund. Stress- und Angstpatienten lernen über den Umweg der Therapie oft den Atem zu regulieren und sich körperlich zu entspannen.