Direktes Erleben

halb geöffnetes Gitterfenster, dahinter Landschaft

Das geöffnete Fenster zur Heilung ermöglicht neue Ausblicke und Sichtweisen. © oatsy40 under cc

Ob der Schmerz oder das Elend der Welt ansonsten immer noch da sind, ist in dem Moment egal. Es ist das Herausfallen aus dem Moment, das Nachlassen der Achtsamkeit, was diesen Gedanken überhaupt erst Raum gibt. Schmerz ist ein subjektives, ein Bewusstseinsphänomen. Auch wenn als Gründe für den Schmerz hier und da objektive Parameter genannt werden, die es ohne Zweifel gibt: wenn man den Schmerz nicht bemerkt, ist er weg, selbst wenn die objektiven Ursachen noch da sein mögen. Vermutlich sind selbst Zen-Meister nicht in jedem Moment vollkommen präsent, aber darum geht es auch nicht, denn wir wollen zunächst das Fenster zur Heilung einen Spalt breit öffnen. Es geht darum, nicht nur von Möglichkeiten zu hören, die man glauben muss, sondern die direkte Erfahrung zu machen, die man nicht mehr glauben muss, denn man hat es ja soeben selbst erfahren.

Vielleicht nur für Minuten, aber was man in diesen Minuten erfährt, ist etwas über die prinzipielle Möglichkeit die Schmerzen zu reduzieren und zwar abhängig von dem, was man selbst tut, beziehungsweise von dem, wohin man sein Bewusstsein schweifen lässt. Und bewusst zu sein, heißt nicht zwingend, in jedem Moment hoch konzentriert zu sein. Es kann auch bedeuten, sich ganz fallen zu lassen, der Situation ganz hinzugeben, wie in Momenten, in denen man spontan lachen muss. Das kann nicht krampfhaft passieren, man kann es nicht verordnen, Spontaneität schon gar nicht.

Chronischer Schmerz lässt vereinsamen, schneidet einen ab von dem lebendigen Austausch mit der Welt. Das kann auch mal in Ordnung sein, weil man so gezwungen ist, bei sich anzukommen. Nicht immer eine schöne, aber oft ein heilsame Erfahrung, eine, in der es manchen Menschen gelingt ihr Leben neu zu betrachten und zu bewerten. Die Frage, ob diese Menschen dann einem übergeordneten, gar objektiven Sinn des Lebens finden und durch eine Krankheit oder Krise auf die „richtige“ Spur gebracht wurden, ob sie das nur glauben oder einfach nur die Zeit und Ruhe zum Nachdenken nutzten ist letztlich egal. Ob es ein Ziel für alle Menschen gibt oder nicht, ist eine Glaubensfrage, einfach weil wir sie nicht beantworten können. Wenn wir aber wissen, dass jemand daran glaubt oder diesen Gedanken vehement ablehnt, so hat das eben Konsequenzen für sein Leben, die unbedingt ernst zu nehmen sind, weil das seine Realität ist. Wir versuchen aufzudecken und im wörtlichen Sinne fest zu stellen, woran jemand glaubt, welche echten Überzeugungen er hat und damit zu arbeiten, die Reise genau hier beginnen zu lassen.

Eine bewusste Einheit bilden

Wir bemerkten an einigen Stellen, dass die Goldstücke überall herum liegen. Man muss das Rad nicht neu erfinden, oft reicht es, zu sammeln und neu zu ordnen. Imaginative Bilder, echte Überzeugungen, direkte Erfahrung und ihre Wirksamkeit in der Realität sind die Elemente, um die es geht. Bewusstes und Unbewusstes, Argumente und Bilder, objektives Wissen und subjektive Überzeugungen sind lange gegen einander ausgespielt worden.

Es wird oft nicht sauber getrennt, ob es um eine Möglichkeit geht leidenden Menschen zu helfen oder um philosophische Diskussionen um den ontologischen Status, vulgo, ob das denn alles auch so stimmt. Die philosophische Diskussion sollte geführt, schon weil es eine Vielzahl von guten Gründen dafür gibt, dass an der impliziten Behauptung nur was „stimme“ können heilen oder helfen, nicht so viel dran ist, wie einige denken. Das eine „stimmt“ ist eine Frage des unterstellten Weltbildes und die Weltbild-Methode versteift sich gerade nicht auf genau ein Weltbild, sondern akzeptiert, dass es mehrere gibt und man mit allen arbeiten kann. Das andere ist eine Frage der intellektuellen Redlichkeit, der wir uns bereits gewidmet haben. Redlichkeit ist keine Frage des Weltbildes, sondern der Bereitschaft sich innerhalb eines selbstgewählten oder favorisierten Ansatzes festlegen zu lassen.

Wenn wir Menschen helfen wollen, dann gehört dazu auch ihre Aufmerksamkeit zu schulen. Und zwar auch für die guten, freudvollen Momente in ihrem Leben, die wir leider oft sehr schnell wieder vergessen oder als normal abhandeln. Zu sehen, dass es einem jetzt gerade gut geht, muss man regelrecht üben, denn wir sind anderes gewohnt, vielleicht ein evolutionäres Erbe.

So nimmt die Weltbild-Methode Konturen an. Auf der Basis einer intellektuellen Redlichkeit, das heißt einer Folgerichtigkeit des Weltbildes, auf das ein Mensch sich aktuell festgelegt hat, wollen wir das Weltbild des anderen mit ihm zusammen kennen lernen. Da man sich nicht selbst betrügen und sein Weltbild nicht nach Bedarf anpassen kann, muss man von den tiefen Überzeugungen des Menschen, mit dem man es zu tun hat ausgehen. Wir wollen zugleich ein Fenster für neue Erfahrungen öffnen und Menschen mit chronischen Schmerzen zeigen, dass es schmerzfreie Räume gibt, besonders wie und wo die diese Räume finden: In sich, durch Fokussierung, Achtsamheit, aber auch Entspannung und Freude, Ablenkung. Aus dem häufigen Rückzug soll wieder eine Öffnung der Welt gegenüber werden, in eigener Regie und Verantwortung. Diese Erfahrungen, ein Begehen neuer innerer und äußerer Wege, werden durch Wiederholungen verstärkt. Möglichkeiten des beständigen Dialogs und der Erfahrung von Erfolgen durch das Anstreben und Erreichen realistischer Ziele gehören dazu. Wenn sie auch in einem geschützten Umfeld geübt werden, so ist es doch das Ziel immer autonomer zu werden und die Erfahrungen in das eigene Leben einzubauen.

Die Welbild-Methode, versteht sich als dynamische, dialogische und integrative Methode in der Elemente der klassischen Schmerztherapie, sich mit den besten unspezifischen Verfahren und den subjektzentrierten Ansätzen, die die Weltbild-Methode im Kern ausmachen, ergänzen.

Quellen: