Neue Wohnformen gegen Altersarmut und Pflegenotstand

Wenn Alt und Jung einander begegnen, kann das für beide gut sein. © Maurits Verbiest under cc
Sehr konkret wären neuen Wohnformen für ältere Menschen, die aber von der Idee getragen werden, dass Alt und Jung zusammen leben und einander unterstützen, aber wechselseitig, so dass eine solche Wohnform tatsächlich für beide Seiten attraktiv ist. Die Alten könnten von der Hilfe der Jungen im Alltag und bei etwaiger Pflegebedürftigkeit profitieren, die Jungen vom Erfahrungsschatz der Alten, etwa bei Hilfe mit Kinderbetreuung.
Die Alten könnten in vielen Bereichen länger aktiv sein, würden sich gebraucht fühlen, weil sie es tatsächlich werden und der Zeitpunkt bis jemand Pflege braucht könnte so nach hinten geschoben werden. Praktisch sind da eher kleinere Einheiten denkbar, das Mehrgenerationenhaus, aber auch der umgebaute Bauernhof oder ein altes Gut auf dem Land, eine Straße, Siedlung ein kleines Dorf oder ein Stadtteil.
Es gibt zwei gravierende Probleme der nahen Zukunft, nämlich Altersarmut und Pflegenotstand. Sie können so zusammen angegangen werden. Die Wohngemeinschaften sind aber nicht primär für die Altenpflege ausgelegt, sondern soll Menschen vereinen, die einander unterstützen möchten. Nachdem man einmal das Gebäude erworben hat, können weitere Segmente sein, dass solche Gemeinschaften die Hilfe im Alltag in den meisten Fällen wechselseitig und intern ohne Geldaustausch organisieren, sie können, gerade wenn sie ländlich oder dörflich angesiedelt sind, auch energieautonom und selbstversorgend sein.
Dabei soll es nicht ums irgendwie Durchkommen gehen, sondern um ein besseres Leben oft auch unter selbstgewählten gemeinsamen Schwerpunkten, es könnten sich Kunstschaffende, Biolandwirte, philosophisch Interessierte oder diverse Mischformen zusammenfinden. Der Unterschied zu den ersten Experimenten der Aussteigerkommunen liegt darin, dass man nicht einer idealistischen Abkehr von der Gesellschaft folgt, sondern immer mehr normale Menschen, die sich Mietkosten, Altenheim und dergleichen nicht mehr leisten können oder wollen, zusammenfinden können. Das könnten den Projekten eine gewisse Erdung verleihen. Formen der Integration weiterer marginalisierter Gruppen sind denkbar und wünschenswert, da auch diese Teil des normalen Spektrum der Bevölkerung sind.
Zurückdrängen von Politik und Geldfixierung
Wenn Menschen sich selbst organisieren, dann muss das keineswegs nur als Opposition verstanden werden, es kann auch unter einem kooperativen Gedanken stattfinden. Es ist durchaus denkbar und möglich, dass Bürger sich auf regionaler Ebene in ihrem direkten Umfeld selbst organisieren und die Politik entlasten und so das politische System insgesamt verschlanken kann und davon könnten beide Seiten profitieren. Die Bürger hätten mehr Einfluss, das könnte gegen die Demokratiemüdigkeit helfen, die Politik mehr Zeit für überregionale Aufgaben. Man müsste sich mehr interessieren und engagieren, sieht dann aber auch die direkten Fortschritte.
Man kann das Auseinandergehen der Schere zwischen Arm und Reich bedauern, nur hilft das niemandem. Dass die Armen selber Schuld sind, ist ein wenig auch eine Strategie der Mittelschicht, eigene Abstiegsängste nicht an sich heran zu lassen, die Philosophin Isolde Charim sieht uns sogar schon unter der Knute des Ich-Ideals, statt des Über-Ichs, was nichts anderes heißt, als dass unsere Gesellschaft immer narzisstischer wird und in dem Fahrwasser auch immer konkurrierender, weil Konkurrenz eine Entspannung verspricht, wenn man es schafft zu den Erfolgreichen zu gehören. Doch die Möglichkeiten sind extrem eng, da an der Spitze wenig Platz ist.
Ich-Ideal und Über-Ich sind Bestandteile des inneren Wertesystems und dort liegt auch die Lösung. Außen und innen bedingen einander, die Innenwelt ist kein privater Raum, der irgendwie von Rest der Welt abgeschnitten ist. Wir brauchen gegen die Geldfixierung und den Gedanken, dass es uns automatisch besser geht, wenn wir wohlhabender sind nicht anzukämpfen, es reicht sich zu fragen, was Menschen brauchen um glücklich oder zufrieden zu sein. Das haben wir getan: Glück und Zufriedenheit (1) und Glück und Zufriedenheit (2). Geld spielt dabei auch eine Rolle, aber eine ambivalente und wenn wir schauen, was Menschen wirklich zur Zufriedenheit brauchen: tiefe Beziehungen, einen Sinn im Leben, ein intaktes Wertesystem und in einigen Fällen eine spirituelle Anbindung, dann ist Geld hier sogar manchmal störend.
Etwas überspitzt kann man sogar formulieren, dass unsere Vorstellung von Glück und Zufriedenheit oft so aussieht, dass man Besitz und Ansehen anhäuft und dies dann gegen andere zu verteidigen versucht, während die meisten nachhaltigen Glückformeln zeigen, dass die emotionale Investition in andere viel wirksamer ist. Neue Werte – als Alternative zum Geld, als letztem Wert – bekommt man in die Welt, indem man im Alltag nach ihnen lebt und dadurch verbreitet, obige Wohnprojekte wären dann konkrete Formen dieser Ideen: Innen und außen sind nicht getrennt.
Kooperationsbereitschaft auf der Basis von Autonomie
Unsere Antworten auf die Krisen der Welt sind keine Bitten. Es ist schön, wenn andere mitmachen, aber es ist gut, wenn man weiß, dass man seinen Weg nicht von der Unterstützung durch andere abhängig machen muss. Auf der Basis dieses Wissens kann man sich kooperationsbereit zeigen.
Im Geiste wechselseitiger Kooperationsbereitschaft kann man weiter gehen und sich mit anderen vernetzen, die die Grundidee verstanden haben und teilen. Das kann sich gerade auch darin äußern, dass man an ganz anderen Stellen der Gesellschaft aktiv wird, um ein komplexeres Denken und Empfinden in die Welt zu bringen und zu trainieren.
Es gibt ein Wegbröckeln der gesellschaftlichen Mittelschicht, gerade bei uns. Ein größerer Teil geht vermutlich in die regressive Richtung, doch der kleinere Teil der in eine komplexere und grundsätzlich konstruktive Richtung unterwegs ist, ist effektiv und kreativ und kann in vielen Einzelbeispielen, in vielen dezentralen Projekten Beispiele geben und Angebote in die Welt setzen. Diese können sich vernetzen, von einander lernen, ohne in allem die gleiche Meinung oder oder gleichen Interessen vertreten zu müssen.
Die Bindekraft eines integralen Bewusstseins reicht aus, um zu verstehen, wie man in einem übergeordneten Sinne kooperieren und dabei unterschiedlichste Tätigkeiten und Interessen vertreten kann. Dieser Flickenteppich kann dafür sorgen, dass sich eine übergeordnete Idee europäischer Eigenständigkeit ausbilden kann und einem Kontinent im Wandel ein neues, eigenes Gesicht geben, Europa wäre nicht zum ersten Mal Pionier.
Die Kraft der Wendung nach innen
Unsere Antworten auf die Krisen der Welt, muss wesentlich eine sein, die die Wendung nach innen stützt. Das zunächst einmal im Sinne der Harmonie, des Ausgleichs, da wir nun schon seit langer Zeit einen Fokus auf die Außenwelt legen und noch unsere Innenwelt dominant über Äußeres erklären wollen.
Die Wendung nach innen umfasst dominant Bereiche wie die Psychologie, besonders ihre selbstreflexiven Ansätze, die Philosophie, Aspekte der Kunst und der Spiritualität. Aber auch Träume, einsame Spaziergänge, Tagebucheinträge und intensive Gespräche bieten uns diese Möglichkeiten. Bei dieser Wendung nach Innen kann man vielem begegnen, von der Selbstwirksamkeit bis zur Erleuchtung. Man verliert aber auch etwas, die oben beschriebene Ohnmacht. Das sei doch kein Verlust, könnte man denken, aber die Ohnmacht hat auch ihren Reiz, sie kann sehr bequem sein.
Die Anerkennung der Wirkung des Außen, auch auf das Innen, muss dabei nicht geleugnet werden, auch wenn diese Trennung philosophisch erhebliche Probleme mit sich bringt. Die heute offene Frage ist eher, wie eine Wendung nach innen denn Äußeres verändern soll und dazu noch Antworten auf die Krisen der Welt geben kann.
Denn, wie oben schon angesprochen, Selbstwirksamkeit zu erleben, mag psychologisch wichtig sein, löst aber die realen Probleme nicht oder nur begrenzt. Das kann sein, ist aber auch erst der Anfang. Wenn es gelingt eine Intuition davon zu bekommen, wie innere und äußere Welten sich ergänzen und sind wir weiter. Wenn wir mit einem integralen oder dialektischen Bewusstsein die Komplexität der Welten erkennen und wie sie einander durchdringen, haben wir ein ganz anderes Verständnis für das Außen, die dortigen Probleme und wie man ihnen begegnen kann.
Auf einem spirituellen Weg können wir die Erfahrung der Erleuchtung machen, die zu einem völlig anderen Verständnis von Welt führt, aber auch jene Menschen dramatisch verändert die dies erlebt haben. Der Indikator dafür ist immer, ob ein besseres Leben möglich ist und gelingt und zwar nach kurzer Zeit, nicht nur wenn sich in ferner Zukunft vielleicht alle mal zur Revolution entschließen oder eine künstliche Intelligenz uns alle durchs Leben leitet. Das könnten unsere Antworten auf die Krisen der Welt sein.