braunes Gras unter Bäumen

Ein typisches Bild des Sommer 2018. Braunes Gras, soweit das Auge reicht. © Jeremy Segrott under cc

Die Führungsschwäche mit der Folge einer grassierenden Ungewissheit und Verunsicherung ist in Deutschland bereits seit Jahren Thema.

In einem fulminanten Video, hat der YouTuber Rezo, kurz vor der Europawahl, den etablierten Parteien und allen voran er CDU/CSU ein grausames politisches Versagen vorgeworfen, vor allem, aber nicht nur in der Klimapolitik. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten und waren eher peinlich. Von einem Gegenvideo, was man dann doch lieber nicht ins Netz stellte, bis zur gewohnten Masche der Abwertung und einer Einladung zum Gespräch war alles vertreten. Diese Art der unausgesetzten Respektlosigkeit, mit der man Kritiker heutzutage als ahnungslos zu diskreditieren versucht, bemängelte Rezo allerdings auch.

Denn wie bei der Schülerbewegung Fridays for Future hört man dieselben Reaktionen, die „Kinder“ sollten doch lieber erst mal lernen gehen, damit sie auch wissen, wie die Welt funktioniert. Allerdings ist den Kindern, Jugendlichen und inzwischen auch eine immer größeren Zahl Erwachsener bis hin zu den Rentnern und Wissenschaftlern zur Seite geeilt und unterstützen die Bewegung. Das ist kein Alt gegen Jung und man sollte nicht darauf hereinfallen ein „Wir gegen die“ Thema daraus zu machen. Es ist auch keinesfalls so, dass die Schüler ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, das gilt in erster Linie für die im Video kritisierten Vertreter der Parteien, deren Inkompetenz, teilweise auf ihrem Fachgebiet, Rezo ebenfalls demonstriert.

Denn nicht etwa die Schüler sind ahnungslos, die Politik bekommt durchweg schlechte Noten, denn die Wissenschaft sagt durch die Bank, dass die jungen Leute wesentlich besser wissen, wovon sie reden, als jene Volksvertreter, bei denen man sich aussuchen kann, ob sie ahnungslos sind, oder wider besseres Wissen wichtige Schritte verweigern und man weiß nicht, was schlimmer ist. In Rezo wissenschaftlich überprüft checken Wissenschafts-Youtuberin Mai Thi Nguyen-Kim sowie Mediziner und Autor Eckart von Hirschhausen Rezos Aussagen und bestätigen sie.

Dreistes Lügen, Oberlehrerhaftigkeit, Inkompetenz und Aussitzen kommen nicht mehr an, das ist eigentlich erfreulich, aber wie soll es weiter gehen und wem sollen wir bloß vertrauen?

Politik

Die Politik kann so gut wie alle Inhalte haben, von den extremen Rändern, die in der Regel ein Lieblingsthema vertreten bis zu einer gemäßigten Mitte, die eine breite Vielzahl von Themen berücksichtigt und zum Ausgleich bringen soll. Themen, die uns, den Bürgern wichtig sind, denn die Politik ist dazu da dem Souverän Volk zu dienen, wir leben nicht mehr in einer Monarchie, in der die Menschen sich dem Willen eines Herrschers unterzuordnen hatte und auch in keiner Diktatur, wo das noch immer so ist, dass eine Führungsclique oder ein Autokrat etwas ‚gleicher‘ ist, als alle anderen.

Allerdings wurden in den letzten Jahren die Stimmen immer lauter, die den etablierten Parteien ein gewisse Ununterscheidbarkeit vorwarfen und dass sie nicht mehr den Interessen des Bürger dienten, sondern eher denen der Wirtschaft. In Das Ende der Demokratie? haben wir einige der Hintergründe dargestellt. Es heißt zuweilen, dass man keine echte Alternative hat, egal wen man von den etablierten Parteien wählt, am Ende tanzen sie nach der Pfeife der Mächtigen aus der Wirtschaft.

Das ist die Stunde linker und vor allem rechter Populisten, die vorgeben „das Volk“ oder „die Gesellschaft“ zu repräsentieren, aber de facto für eine lautstarke, wenn auch größer werdende Minderheit stehen, die vor allem gut vernetzt und organisiert ist. Man vertraut den offiziellen Quellen und hat sein alternativen Helden, die sich zumeist dadurch auszeichnen, dass sie noch mit einem Bein im sonst so gehassten Mainstream stehen oder standen.

Der Politiker, Reporter oder Journalist mit dem dem plötzlichen Sinneswandel in der Biographie, der nun verdammt, was er jahrelang vertreten hat und es daher besser zu wissen glaubt. Während die politische Linke jahrelang ein Abo auf Protest zu haben schien, aber nach Meinung der Wähler offensichtlich nichts erreichte, ist der Protest nun nach rechts gewandert. Galten Rechte jahrelang als dumme, gewaltbereite, grölende Biertrinker, so hat sich längst das Image gewandelt, man gibt sich freundlich, verstehend, modern, intelektuell und ist internetaffin.

Nach Jahren der Führungsschwäche hat die Rechte besser erkannt, als die Linke, dass irgendeine Idee zu haben, noch immer besser ankommt, als keine zu haben und etliche Wähler der Rechtspopulisten haben kein geschlossenes rechtes Weltbild, sondern das Gefühl, dass rechter Protest besser gehört wird als linker, so dass der Denkzettel noch immer ein Motiv ist.

Bei manchen geht die empfundene Führungsschwäche in den Wunsch nach einer harten Hand über, einem autoritären Politikstil, bei dem es schon als gut gilt, wenn irgendwas getan wird. Aber Aktionismus könnte zu wenig sein und während in den letzten Jahren das Thema Migration die Menschen besorgte, ist es nicht etwa so, dass hier völlige Entspannung stattgefunden hat, sondern es kommen weitere Themen ins Bewusstsein und werden dominanter.

Migration und Sicherheit vs. Klima und Umweltschutz

Dass die von der Bevölkerung als negativ empfundenen Aspekte der Migration nicht benannt werden dürfen, ohne in eine rechte Ecke gestellt zu werden, hat manche Menschen nachhaltig verärgert, doch die klassisch rechten Themen von Sicherheit und „Law and Order“ – das eben nicht einfach nur Recht und Ordnung heißt, sondern tendenziell in Richtung Überwachungsstaat geht, also eine verschärfte Version von Recht und Ordnung meint – werden nun aufgewogen von dem als immer brisanter empfundenen Thema Klima, das in das noch größere Thema Umweltschutz eingebettet ist, denn der Klimawandel ist nur eines von vielen Umweltthemen und seit dem Dürresommer 2018, an dem viele erlebten, wie braun das Gras war, wie ausgetrocknet die Flüsse und in dem in den Reichenghettos in den Staaten die Häuser brannten, ist das Gefühl präsent, dass das Thema keine Zukunftsthema von ein paar Ökospinnern ist.

Die Rechten haben das Problem, dass sie den Klimawandel aus ideologischen Gründen klein reden müssen (da dieser als linksgrünes Thema gilt) und aus ihrer Ideologieschiene nicht heraus kommen. Fast täglich wird die Brisanz des Klimathemas aber bewusster, das wird ein Problem der Rechten werden. Die Neue Rechte befördert zudem dem Typus der autoritären Persönlichkeit, die noch immer relevant ist und mit dem Prinzip Narzissmus ineinander fließt, was wir ausführlicher vorstellten. Auf Seiten der Linken könnte es zum Problem werden, dass auch das Migrationsthema keinesfalls erledigt ist und die damit zusammenhängenden Probleme ebenfalls nicht. Auch die Parteien am Rand des politischen Spektrums haben also gravierende Schwachstellen, ebenso, wie die etablierten Parteien der Mitte.

Die Wissenschaft als Lösung?

Die Wissenschaft gibt es nicht, denn die Wissenschaft spricht selten mit einer Stimme. Wenn sie es im Moment, im Bezug auf das Klima überwiegend tut, so ist das insofern ein gutes Zeichen, als immer mehr Wissenschaftler sich einmischen und zu Wort melden. Das war durchaus nicht immer so, die Wissenschaften haben keinesfalls zu allen Zeiten eine gute Figur gemacht und sich oft auch mit Diktatoren ins Bett gelegt. Wir wollen doch nur forschen, ist als Einstellung heute zu wenig und oft gefährlich naiv.

Noch in der nahen Gegenwart sind manche Wissenschaftler durch einen aggressiven Szientismus aufgefallen, in dem Wissenschaft den Rahmen ihres Fachbereichs deutlich verlässt und meint, weil man sich in seinem Fachbereich sehr gut auskennt, wisse man nun auch in allen anderen Bescheid. Gerne wird in diesen Zusammenhängen die Privatmeinung (die nicht selten schon in der eigenen Fakultät als Randmeinung gilt) zu „die Wissenschaft sagt“ aufgebauscht.

Aktuell jedoch ist es nicht die Wissenschaft, die ihren Fachbereich überschreitet, sondern es sind sehr oft Politiker, die Dinge behaupten, die weit außerhalb dessen liegen, was wissenschaftlicher Konsens ist. Im Gegensatz zu Politikern ist immer mehr Wissenschaftlern nicht nur die Bedeutung des Klimathemas klar, sondern auch der Zusammenhang mit weiteren relevanten Themen. Ungefähr 200 Millionen Klimaflüchtlinge wird es bis 2050 geben, darauf gilt es Antworten zu finden, die beste ist, den Lebensraum in anderen Ländern zu erhalten und dabei mithelfen, ihn so angenehm zu gestalten, dass Menschen, die ohnehin gerne in ihrer Heimat leben, dort auch bleiben können und Perspektiven haben.

Inmitten einer Führungsschwäche in der viele Menschen das Gefühl haben, die Politik richte sich zu sehr nach den Bedürfnissen der Wirtschaft, statt nach denen der Bürger, erscheint die Wissenschaft unabhängiger, aber erstens, ist auch dort die Wirtschaft sehr verbreitet und zweitens, gibt es auch hier Betriebsblindheit. Schon vor Jahren wurde vor Eingriffen in die Keimbahn gewarnt, da unser Wissen längst noch nicht groß genug ist. In der ersten Euphorie alles zu machen, was machbar scheint, könnte abermals zum Bumerang werden und der eine fliegt uns gerade noch um die Ohren.

Eine Philosophie der Vorsicht

Smart Watch

Nützlicher Helfer in vielen Lebenslagen oder Spion am eigenen Arm? Vermutlich beides. © Dominic Smith under cc

Hans Jonas hat vor 40 Jahren „Das Prinzip Verantwortung“ geschrieben und darin die ethische Maxime formuliert: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“ Einfacher gesagt, man soll aus unserer Zukunft kein Pokerspiel machen und wenn man unsicher ist, lieber erst mal die Finger davon lassen. Bezogen auf Techniken, die das ganze menschliche Leben auslöschen können.

Nicht nur an Klimawandel, Massenvernichtungswaffen, Atommüll und Gift ist dabei zu denken, sondern auch an Veränderungen, die auf den ersten Blick ein Vorteil zu sein scheinen. Dies führt in ethische Dilemmata. Einerseits ist es wünschenswert und geboten, das Leben jedes menschlichen Individuums und vermutlich jedes fühlenden Wesens zu verbessern. Aber was macht ein besseres Leben aus? Über die Basics von ausreichend Nahrung, Trinkwasser, Schutz, sauberer Luft, sowie einer medizinischen Grundversorgung brauchen wir nicht zu reden, aber allein das Überleben zu sichern, ist zu wenig. Längst geht es auch um kulturelle Teilhabe und ein gewisses Maß, die eigenen Vorstellungen leben zu können und danach ist man relativ schnell in dem Bereich, in dem man den Menschen nicht mehr erklären muss, was sie wollen, denn, das wissen sie selbst, man muss sie nur fragen, was ihnen fehlt und was sie brauchen um glücklicher zu werden.

Philosophie und Psychologie in einem Boot

Psychologie ist keine rein empirische Wissenschaft, sondern betrachtet und nutzt auch die Reflexionen des Individuums und untersucht diese. Daraus ergeben sich Fragen, darunter jene, die das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft zu klären versuchen. Die Freiheit des Einzelnen ist ein sehr hohes Gut, zu der Idee dringt man immer wieder durch, aber wo ist sie rechtmäßig zu begrenzen?

Wir haben unseren Fortschritt und die damit verbundenen Freiheiten sehr genossen, es ging uns gut, in den letzten Jahrzehnten. Uns ist aber bewusst, dass wir es vermutlich nicht überleben werden, wenn die rapide wachsenden Weltbevölkerung, der es dankenswerterweise auch noch zunehmend besser geht unsren Lebensstil kopiert. Autofahren, Fliegen, Fleisch essen, Kreuzfahrten, Samrtphones und durch wachsenden Konsum und Statussymbole zeigen, was man hat und dass man es geschafft hat, das geht nicht gut, da kann man recht sicher sein.

Doch mit welchem Recht wollen wir anderen Völkern, die nun endlich dort an dem Punkt angekommen sind, den die Avantgarde bei uns gerade überwindet, erzählen, dass sie nun bitte auf alle das verzichten soll, was wir bis eben genossen haben? Dabei könnte es helfen, zu untersuchen, warum einige von uns die alte Lebensweise überwunden und satt haben. Heute vielleicht aus einer Mischung von Angst und Einsicht, aber wie kommt die Einsicht zustande?

Die schwierige Frage nach der Eigentlichkeit

Eigentlichkeit meint in aller Regel, dass es hinter den Bedürfnissen, die jemand äußert, noch weitere, andere, eigentliche Bedürfnisse gibt. Problematisch daran ist, dass man damit jemandem, der sagt, was er gerne hätte, abspricht zu wissen, was er möchte. „Eigentlich möchtest du was anderes“, lautet die einigermaßen dreiste Aussage. Nun macht man das nicht nur aus Bosheit oder Größenwahn, sondern aus der Erkenntnis vieler Disziplinen, darunter natürlich viele vor allem therapeutische Disziplinen der Psychologie, dass es tatsächlich Bereiche gibt, die im Menschen verdrängt sind, aber eben existieren und die man bewusst machen kann, Die man andererseits aber fast als letzter an sich bemerkt, weil es sozial nicht erwünscht ist, diese Bereiche offen zu leben und zu vielem was man will, muss man sich mit einiger Anstrengung durcharbeiten.

Stark ist dieser Ansatz in dem Moment, wo man dem anderen sagen kann, was hinter bestimmten Wünschen in aller Regel steht und am besten, wenn sich die heimlichen, wahren oder eigentlichen Wünschen auf mehreren anderen Ebenen geradezu aufdrängen, so dass die alternativen Deutungen auf den, der sie erhält insgesamt überzeugend wirken. Auf diesem Weg kann man erkennen, dass die Rede von der Eigentlichkeit, von den Wünschen, hinter den Wünschen Sinn macht. Da ein verdrängtes Thema, ein verborgener Antrieb nie grundlos verdrängt ist, werden treffende Deutungen selten mit Begeisterung aufgenommen.

Auf der anderen Seite kann man auch hier den Bogen überspannen, denn wenn jemand eine Deutung einfach nicht einsieht oder anerkennt, sei es, dass sie falsch ist oder der Mensch nicht so weit ist, dann verpufft sie mehr oder minder ungehört. Man kann den anderen aber nicht zwingen eine Deutung anzunehmen und so ist es auch einfach in einigen Fällen ein Übergriff dem anderen zu erklären, was er nun eigentlich will, zumal die avisierten Eigentlichkeiten durchaus verschieden sind: von Sex, Macht, Fortpflanzung, wirtschaftlicher, privater und politischer Freiheit und der Vereinigung mit Gott ist so ziemlich alles dabei.

Diktatur, Überredung oder Überzeugung?

Doch nicht nur der Einzelne hat Ziele, Bedürfnisse und Ansprüche, auch die Gemeinschaft, nämlich mindestens zu überleben, doch das sollte nach Möglichkeit kein Kampf sein, sondern eine Selbstverständlichkeit, so dass das erhalten bleibt, was wir aus unserem Alltag kennen, eine überragende Sicherheit. Dennoch steht dieses Gefühl gerade auf der Kippe, denn die Gruppe vieler älterer Menschen hat die Sorge, wer sich um sie kümmern wird, wenn es mal nicht mehr alleine geht, wie das zu finanzieren ist und ob man dort wo man landet, ein menschenwürdiges Leben hat, dass alles vollkommen zurecht.

Die Jugend sorgt sich um die Zukunft des Planeten und auch das nicht grundlos, wie immer mehr Menschen dämmert. Andere, so die aufstrebenden Schichten in den Teilen der Welt, denen es langsam besser geht, wollen endlich auch ein wenig ihr Dasein genießen und nicht gleich wieder verzichten. Wie bekommt man all diese Anliegen nun unter einen Hut?

Argumente überzeugen und interessieren nicht jeden, was also soll man tun? Überraschend bis erschreckend schnell liebäugeln viele mit einer Diktatur, oft genug aus den Kreisen, die ansonsten wüst kritisieren, wie ausgeliefert wir sind und wie sehr wir alle manipuliert werden. Wie aber sieht ein alternativer Weg aus?

Wenn man ungefähr weiß, wie das Gegenüber tickt, also ob jemand für Argumente empfänglich ist oder eher für Klischees, was seine Ziele sind, seine Werte und so weiter dann kann man darauf reagieren. Wer Argumente stets für Lügen hält, dem braucht man keine zu präsentieren, wer immer ganz weit vorne sein möchte, hat dies eben als Lebensansatz und auf darauf kann man eingehen. Einige folgen hingegen gerne dem, was die anderen machen und so weiter. Besser wäre es, ihnen zu präsentieren, was sie ohnehin wollen, worauf sie anspringen. Komischerweise kommt dies vielen zu dirigistisch vor, dabei besteht ja die Möglichkeit sofort umzuschalten. Wer moniert, etwas klinge zu sehr wie Werbung, kann ja mit Argumenten versorgt werden. Das heißt nicht, dass man den anderen zwingend überzeugt, aber man bringt ihn zum nachdenken, was oft schon ein Gewinn ist.

Für diejenigen, die immer weit vorne sein wollen, muss man jene Verhaltensweisen und Attribute zu Statussymbolen aufbauen, die diesen Menschen imponiert und der sozialen Gemeinschaft nutzt. Es muss etwas „kosten“, sich diese Symbole zu erarbeiten, aber gerade dadurch erfüllen sie den Sinn der Statussymbole, nämlich zu signalisieren, dass man „jemand ist, der es geschafft hat“. Bei weitem besser als Diktatur, auch in der milden Form, denn die keineswegs netten Alternativen sind:

Überwachung und Gentechnik

vier Menschen bei einer Vertauensübung

Aktiv verstehend mitmachen und anderen vertrauen, darum geht es in Zukunft. © Joi Ito under cc

Die technischen Möglichkeiten und die Freiwilligkeit mit der wir uns der Technik unterwerfen sind ein Einfallstor für Überwachung. Ein Thema, was wenig kritisch gesehen wird, weil die einen sich schon damit abgefunden haben, dass Privatsphäre ohnehin von gestern ist, doch die Gleichschaltung all unserer Daten ist in vollem Gange, Bewegungsprofile, Fitnesswerte, Konsumverhalten, welche Websites besuche ich wie oft.

Neben dem kriminellen Potential (was würden Sie zahlen, damit ihr(e) Partner(in), ihr Arbeitgeber, ihre Versicherung oder Krankenkasse nicht erfährt, was Sie so tun?) geht es auch zu subtilen Anreizen in denen vernünftiges Verhalten verstärkt wird. Bonuspunkte bei der Krankenkasse, wenn man Sport macht (aber keinen Risikosport), das Rauchen sein lässt, brav seine 10.000 Schritte am Tag macht, sich das mit der nächsten Cola noch mal überlegt und lauter sinnvolle Sachen, bei denen man einfach einsehen muss, dass alle Seiten nur Vorteile davon haben. Den und den Termin nicht vergessen, den Hochzeitstag nicht, mal wieder bei Freunden melden, eine kurze Mittagsruhe einlegen und am Ende ist das Leben vollkommen fremdbestimmt, wenn einen dann noch öffentliche Kameras erfassen, au weia. Für Fehlverhalten gibt es dann aber bestimmt Nachschulungskurse, mit Punktegutschrift.

Natürlich muss erwähnt werden, dass es auch eine Vielzahl von Vorteilen gibt, wie eine Telediagnostik für Menschen, die nicht mal eben schnell zum Arzt gegen können, oder bei denen regelmäßig bestimmte Werte erhoben werden müssen.

Ähnlich kontrovers sind Diskussionen um gentechnische Veränderungen. In Zeiten der Genschere oder CRISPR/Cas-Methode, wird es verlockend einfach, den Menschen zu optimieren. Zwar hat sich das in der Vergangenheit in aller Regel als komplexer herausgestellt als man meinte, weil Gene mehrfach abgelesen werden und dabei verschiedene Funktionen haben, aber auch der Fall des einfachen Gelingens wäre nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen. Wenn wir Erbkrankheiten besiegen könnten oder Neigungen zu Krebs, Psychosen oder Infarkten, das wäre erst mal erfreulich.

Aber wenn es leicht geht, wieso dann nicht auch weniger Allergien oder etwas hübschere Nasen? Oder kein Erröten mehr, weniger Angst, dafür mehr Intelligenz, gepaart mit Durchsetzungskraft, die Konkurrenz schläft schließlich nicht. Dadurch würde man einen subtilen Druck auf die „nur Normalen“ ausüben, Eltern müssten sich rechtfertigen, warum sie ihren Kindern den Wettbewerbsnachteil verweigern, eine weitere Durchnormierung der Gesellschaft qua Gentechnik, so kann man einwenden. Dabei liegt der Wert der Krankheit oft auch in dem, was wir nicht sehen. Viele Menschen, die wir heute als Größen der Geschichte ansehen, als Politiker, Künstler, Wissenschaftler, Denker waren nach heutigen Maßstäben psychisch oft mittelschwer bis sehr schwer erkrankt.

Ein Rat der Weisen?

Weist uns ein Rat der Weisen den Ausweg auch der Führungsschwäche? Können uns die besten und anerkanntesten Männer und Frauen sagen, wo es lang gehen soll? Das ist eine Möglichkeit, aber vermutlich eine, die aus mehreren Gründen schwierig ist, denn die Vorstellungen, wer nun dazu gehören soll, sind vielfältig. Gehören Vertreten der Religionen unbedingt dazu oder gerade nicht? Müssen die Vertreter alle gesellschaftlichen Gruppen repräsentieren?

Hätte man die Weisen dann gefunden, was dann? Wird daraus eine Empfehlung, ein Gesetz? Und wäre es wirklich weise, gleiche Regeln für alle zu fordern? Allgemeine Verhaltensregeln, auf die im Grunde jeder Gutwillige kommen kann, wären aber nur die Hälfte dessen, was wir tun müssten. Tatsächlich hat sich eine Gruppe von 238 Wissenschaftlern aus allen Fakultäten schon zu bemerkenswert guten Ratschlägen zusammen gefunden, deren Kurzfassung lautet:

  • 1. Setzt das BIP als König ab und krönt Wohlbefinden zur Königin
  • 2. Von Steueroasen für Wenige hin zu Umverteilung für Viele
  • 3. Effiziente Produkte sind gut, suffiziente Lösungen sind großartig

Näheres hier: Weg vom Denken in kleinen Schritten!.

Doch die brauchen wir nebenbei auch, sogar in einer Weise die niemanden überfordert sind sie hilfreich wie in Die Kraft der 10% dargestellt.

Die eigenen Stärken entdecken

Eine gute Antwort auf die Führungsschwäche ist das Etablieren eigener Stärken. Was zunähst für die meisten Ohren gut klingt, hat aber auch eine Schattenseite, man hat mehr Eigenverantwortung, bis hinein in Bereiche, bei denen wir uns oft wechselseitig versichern, wir könnten nichts dazu. Es ist leider oft rechte bequem, ein Opfer zu sein. Verantwortung heißt aber auch Freiheit, heißt, über neue und andere Möglichkeiten zu verfügen.

Bestimmte Ereignisse oder Gegebenheit des Lebens sind, wie sie nun mal sind, dies anzuerkennen, statt davor die Augen zu verschließen ist immer der erste Schritt in der Psychotherapie, aber das bedeutet nicht, sich diesen Realitäten passiv zu ergeben, sondern, wenn wir akzeptiert haben, wie die Dinge sind, liegt vieles bei uns. Man muss nicht immer gleich auf alles reagieren und dasselbe Muster bis zum Tod immer wiederholen. Sogar die Idee, dass unsere Emotionen eben sind, wie sie sind, wird heute in der Emotionspsychologie infrage gestellt. Dabei ist vieles sehr viel entspannter geworden, es gibt zwar in vielen Bereichen noch immer Fährpläne oder Leitlinien, die aber mehr eine grobe Orientierung, ein genereller Wegweiser sind.

Der Weg zu eigenen Stärken und Veränderungen ist ein sanfter und kooperativer Weg, der mit eher offen für vieles ist, als auf die Pauke zu hauen. Allerdings auch einer, bei dem man sich zutraut, dann auch irgendwann Entscheidungen zu treffen, jene, die am besten das vereinen, was zum eigenen Leben, den Fähigkeiten und Möglichkeiten passt und die neuen Realitäten[link], die uns mehr und mehr ins Bewusstsein kommen, vereint. Zugleich eine Einstellung, die auch anderen vertraut, diese Lösungen für sich die die Gemeinschaft zu finden.

Entscheidend ist von ideologischen oder fundamentalistischen Positionen Abstand zu nehmen, die zwar manchmal eine Vielzahl an Bereichen anerkennen, aber diese Vielzahl gleich wieder auf genau eine Ursache reduzieren. Das macht die Welt hübsch einfach, ist aber ein Spiel, was wir heute nicht mehr spielen können, da eine Anzahl an Herausforderungen vor der Tür steht. Situationen in denen sich die Menschheit oft als sensationell gut erwiesen hat, wenn die Schlinge schon um den Hals liegt. Die Zeichen sind deutlich, es tut sich was, in Europa. Man kann die Führungsschwäche dann sehen, aber ignorieren und einfach anfangen, denn diejenigen, die mehr als die eine immer gleiche Lösung im Angebot haben und die Angebote der Kollegen verstehen, werden einander erkennen. Diejenigen, die konstruktiv an Lösungen arbeiten, die mehrere Probleme zusammen angehen, haben es leichter denn je, einander zu finden. Könnte allerdings auch sein, dass es höchste Zeit ist.