Ob wir gerade das Ende der Demokratie erleben und uns schon in einer Ära der Postdemokratie bewegen oder die Demokratie einfach nur andere Gesichter annimmt, wird vielfach diskutiert. Manche nehmen das Thema sportlich und würden dem Ende der Demokratie keine Träne nachweinen oder behaupten, wir lebten ohnehin längst nicht mehr in einer solchen. Von extremistischen und verschwörungstheoretischen Positionen mal abgesehen, gibt es auch eine normale Ignoranz, die nicht aus einer abseitigen eigenen Meinung gespeist ist, sondern der eher ein Desinteresse an politischen, auf den ersten Blick oft drögen und auf den zweiten komplexen Themen zugrunde liegt.
Mit der Demokratie könnte es sich allerdings so verhalten wie mit der Gesundheit. Man bemerkt sie im Alltag nicht sonderlich, da sie (für uns) normal ist, aber dafür umso schmerzhafter ihr Fehlen.
Gefahren für die Demokratie
Demokratiezersetzende Elemente gibt es viele, eine der Fragen ist, ob diese Elemente wirklich neu sind oder ob wir heute nur viel besser über Vorgänge informiert sind, die schon seit Jahrzehnten genau so praktiziert werden.
Foltern für den Frieden
Da Foltern als extremes Unrecht betrachtet wird, gilt ein Folterverbot in nahezu allen demokratischen Staaten. Die Verlockungen, dieses Verbot sowie die ebenfalls verbotene Androhung von Folter zu überschreiten, sind groß und emotional mitunter nachvollziehbar. Im Fall von Terrorismus oder der Entführung von Kindern ist das Unrechtsbewusstsein sehr ausgeprägt und Forderungen wie „Rübe runter“, „Schwanz ab“ oder ein bisschen Foltern für den Frieden und die Gerechtigkeit scheinen fast legitim. Und hier liegt das Problem. Es sind genau jene Methoden, die wir mit Demokratien und Rechtsstaaten nicht in Verbindung bringen. Bestimmte Grenzen dürfen hier nicht überschritten werden, aus Prinzip, weil sie den Rechtsstaat oder die Demokratie selbst aushebeln würden.
Die Demokratie hat den Anspruch, das bessere weil gerechtere politische System zu sein, wenn das verspielt wird, fühlen sich die Gegner der Demokratie bestätigt wie die Anhänger erschüttert. Dass und wie in einigen Demokratien gefoltert wird, ist ein offenes Geheimnis. Man muss sich sehr gut überlegen, ob man das augenzwinkernd hinnimmt. Die Problematik liegt auf der Hand. Wenn Menschen aus Regimen, in denen Unrecht und Unterdrückung mit brutalen Methoden an der Tagesordnung sind, zu uns kommen, erleben sie unsere Gesetzgebung als laff und fürchten sie nicht. Wie reagieren wir angemessen darauf?
Multinationale Konzerne schreiben ihre Gesetze selbst
In der Demokratie haben alle die gleichen Rechte und unterliegen der gleichen Rechtssprechung, dumm nur, wenn einige sich die Gesetze, die sie brauchen, selbst schreiben können. Lobbyisten verschiedener Richtungen legen die von Anwälten multinationaler Großkonzerne geschriebenen, für die Industrie passenden, Gesetzestexte den zuständigen Politikern vor, die diese, offenbar oft ohne sie kritisch zu lesen, wortgleich übernehmen.
Der Einfluss von Lobbyisten auf die Politik ist groß, jedoch auch legitim. Lobbyisten sind im neutralen Sinne erst einmal Interessenvertreter, ob sie nun für Großkonzerne arbeiten oder Kinderschutzprojekte, ist eine andere Frage. Der Verdacht liegt natürlich nahe, zu glauben, dass die ungleich massiveren Möglichkeiten der Industrie- und Finanzwirtschaft mit ihrem Drohpotential, notfalls ins Ausland zu gehen, auch genutzt werden. Ihre Möglichkeiten, sich wenigstens einige Poltiker durch Spenden, bestimmte Zuwendungen, gesponserte Reisen oder spätere Posten in den oberen Etagen der Industrie und Wirtschaft (Altkanzler Schröder ist hier nur das prominenteste Beispiel in einer langen Reihe), bishin zur leisen Erpressung oder Bedienung ihrer Eitelkeiten, im einen oder anderen Fall, gefügig zu machen, sind mehr als nur Gerüchte. Die Mittel des regionalen Tierschutzverbandes, auch das eine Lobbygruppe, und eines multinationalen Pharmakonzerns sind hier natürlich andere, Websites wie Lobbyplag weisen auf Missstände hin.
Wenn organisierte Kriminalität und Politik nicht mehr zu trennen sind
Das Phänomen ist bekannt. Kleinkriminalität kann sicher isoliert werden. Auch gegen schwerkriminelle Einzeltäter oder bestimmte, gesellschaftlich geächtete, Randgruppen wie Terroristen oder Pädophile geht man vor, doch ein immer größeres Problem stellt die organisierte Kriminalität dar. Zum einen weil sie gut vernetzt über Landesgrenzen agiert, zum anderen, weil einige ihrer Vertrter oft Beziehungen bis in die oberen Kreise der Gesellschaft haben, eine Thematik, der sich in Deutschland vor allem der Publizist Jürgen Roth gewidmet hat.