Samuel Hahnemann Büste

Wer hat’s erfunden? Er, Samuel Hahnemann. © David under cc

Wie kann man neutral über die Homöopathie schreiben? Vermutlich gar nicht, weil auch darüber, was Neutralität bei der Frage nach der Homöopathie zu leisten hat, unterschiedliche Vorstellungen bestehen. Ein gerade in unseren Tagen oft eigenartig vergiftetes Thema, als hätten wir keine anderen Sorgen.

Wenn Sie diesen Artikel zu lesen beginnen, dann haben Sie zum Thema vermutlich schon eine Meinung und Affinität und damit Vorkenntnisse, so dass ich auf die nächste Darstellung darüber, wie homöopathische Mittel hergestellt werden und dergleichen verzichten kann, wenn Sie es nicht kennen, finden Sie es überall, im Zweifel hier.

Dass die Diskussion mitunter so emotional aufgeladen ist, hat wohl am ehesten damit zu tun, dass die Homöopathie einen beliebter Schauplatz für Stellvertreterkonflikte ist, bei denen vor allem Weltbilder manchmal erstaunlich heftig aufeinander prallen. Ein merkwürdig heißes Eisen, denn es wird ja niemand mit vorgehaltener Waffe zum Homöopathen gezwungen, es muss keiner, es darf aber jeder. Damit könnte man die Sache ruhen lassen, tut es aber nicht.

Die Homöopathie hat im Wandel der Zeiten immer ein unterschiedliches Ansehen gehabt, ersonnen wurde sie von Samuel Hahnemann zu einer Zeit, als die damals übliche Medizin noch sehr ruppig verfuhr, mit Aderlässen und massiven Dosen von Medikamenten, deren Wirkung man damals noch nicht systematisch untersuchen konnte und die vermutlich ebenso viele Menschen schleichend umbrachten, wie heilten. Wenn wir die Jahrhunderte überspringen, so stellt man erst einmal fest, dass es die Homöopathie noch immer gibt, blickt man etwas genauer auf die letzten Jahrzehnte sieht man einen steten Wechsel in der öffentlichen Wahrnehmung. War es eine Zeit lang mal fast angesagt zum Heilpraktiker zu gehen und der war es meist, der Homöopathie verordnete oder praktizierte, so ist ein Bekenntnis zur Homöopathie aktuell fast zu etwas geworden, für das man sich schämen muss, liest man die Artikel in manchen Wochenzeitschriften oder deren Onlineausgaben, die nicht nur zu Sommerlochzeiten immer wieder gerne nachweisen, dass an der Homöopathie so gar nichts dran ist.

Die Kritiker und Gegner

Damit sind wir schon bei den Gegnern der Homöopathie angekommen. Da sind zum einen die eher pragmatischen Gegner, die sich für die Homöopathie und andere Gesundheitsthemen eher weniger interessieren, denen das Prinzip der Homöopathie nicht einleuchtet und die lieber „was Richtiges“ wollen, wenn sie schon krank sind. Diese manchen das aus ihrer Sicht einzig Richtige, sie lassen sich anders behandeln und sind mit dem Thema damit auch schon fertig.

Doch nicht alle Gegner der Homöopathie sind Pragmatiker. Viele ärgern sich aufrichtig über sie, nachdem sie sich in die angebliche Wirkungsweise eingearbeitet haben. Sie wittern hier Betrug, weil ihrer Meinung nach an der Homöopathie nichts dran ist und arglosen Menschen einfach das Geld aus der Tasche gezogen wird: für eine paar doofe Zuckerkügelchen mit so gut wie nichts oder gar gar nichts drin. Betrug oder Volksverdummung, man ist verärgert und möchte die Menschen gerne darüber aufklären, was hier mit ihnen angestellt wird und wenn man das tut, ist man oft noch nachhaltiger verstört, wenn man feststellt, dass die Anhänger der Homöopathie das überhaupt nicht sonderlich schockt. Manche halten noch, mit mehr oder weniger guten Argumenten (aus Sicht der Kritiker immer mit weniger guten), dagegen, was die Gegner zu der Auffassung bringt, die Anhänger seien letztlich dumm, leichtgläubig oder irrational.

In der Hardcore-Abteilung der Gegner findet man auch solche, die notorisch auf Krawall gebürstet sind und für die nun das selbsternannte Projekt des Schutzes des Menschheit vor Verdummung zu einer Art überwertiger Idee geworden ist. Es existieren verschiedene Subtypen, generell kann man aber sagen, dass es bei Gegnern, wie Anhängern der Homöopathie alle extremen Ausprägungen gibt, aber sie sind eben tatsächlich die Extreme. Auf die sehr dunklen Bereiche beider Lager gehen wir später noch kurz ein.

Die Anhänger

Während die Gegner den Anhängern gerne unterstellen ahnungslos und naiv zu sein, sind die Anhänger der Homöopathie zumeist eher gut informiert, oft auch über die Studienlage und überdurchschnittlich gebildet. Die große Treue gegenüber der Homöopathie hat sicher eine Vielzahl von Gründen. Meist hat man einfach gute Erfahrungen und nutzt die Homöopathie seit Jahren bis Jahrzehnten, für die Ergebnisse der Studienlage interessiert man sich nicht wirklich, aus einer Vielzahl von Gründen. Angefangen von einen Wunsch nach einer sanften Alternative, bis zu einer gewissen grundsätzlichen Skepsis gegenüber verschiedenen Aspekten der Schulmedizin, wie sie hier oft genannt wird. Die unerwünschten Wirkungen, die knappe Zeit mancher Ärzte, sowie die Anonymität der Schulmedizin sind solche Gründe, die sich bis zu einer intensiven Abneigung gegenüber der Medizin steigern können, auch hier werden die Extreme zum Rand hin dünner.

Anhänger, die sich tiefer in die Hintergründe eingearbeitet haben, monieren, dass die Skeptiker der Homöopathie, diese von Beginn an nicht ernst nähmen und äußern sich ihrerseits skeptisch gegenüber der Methodik der Studien, wie wir später sehen werden nicht einmal so grundlos, wie man es im Lager der Gegner gerne meinen würde.

Die Pragmatiker

Vieler Anwender homöopathischer Mittel sind aber vermutlich ihrerseits Pragmatiker. Homöopathie ist nicht alles, was man akzeptiert und nutzt, sondern man mischt je nach Erkrankung, beginnt ’sanft‘, weil man sich und seine Lieben nicht vergiften will, tut sich dann aber nichts, ergänzt man andere Mittel, in einer Mischung aus Selbstmedikation und einem pragmatischen Hopping von Arzt, zu Heilpraktiker, zum Facharzt, manchmal auch parallel.

Manche gehen an das Thema dann sogar ein wenig zu pragmatisch heran, in dem Homöopathie bei Ihnen als Sammelbegriff für alles steht, was irgendwie naturheilkundlich ist. Ich habe schon gehört, dass Menschen sagten, sie würden auch die Homöopathie nutzen, weil sie bei Krankheiten zunächst Kräutertees versuchten. Nichts gegen Teebehandlungen, aber mit Homöopathie haben sie nichts zu tun. Ob die Homöopathie nun ein Naturheilverfahren ist, oder nicht, das wäre ein längere, eigene Diskussion, die aber eher für Experten interessant ist, eher nicht, lautet die kurze Antwort.

Gerade bei den nicht ideologischen Anhängern muss man sich fragen, warum sie sich homöopathisch behandeln lassen. Die einfache Antwort ist, weil sie bekommen, was sie erwarten und das ist, dass ihnen oft geholfen wird. Es ist schon vom Alltagsverständnis her absurd, anzunehmen, dass intelligente Menschen, immer wieder zu jemandem gehen, der ihnen nicht helfen kann, nur um aus ideologischer Verbohrtheit beim nächsten Mal gleich wieder hin zu gehen. Auch das mag es geben, aber es sind eben die Extreme. Die Mehrheit wird von dem Besuch profitieren, in dem Sinne, dass es ihnen hinterher tatsächlich besser geht. Und damit sind wir beim Eingemachten, was den Kleinkrieg angeht.

Denn selbst die Skeptiker würden nicht leugnen, dass jemand, der zum Homöopathen geht, von diesem Besuch gesundheitlich profitieren kann, die Frontlinie verläuft also an einer anderen Stelle. Die Gegner der Homöopathie argumentieren, dass es eine Fülle bestimmter Effekte gibt, die einen Besuch beim Homöopathen erfolgreich erscheinen lassen können, aber das ein Punkt dabei mit Sicherheit überhaupt keine Rolle spielt: Das homöopathische Mittel.

Wie das? Na, so:

Die Frage nach der Wirksamkeit und Studien zur Homöopathie

Denn nicht etwa das homöopathische Mittel habe geholfen, sondern eine Mischung vieler einzelner Faktoren, als da wäre, der Placeboeffekt, der durch eine Mischung aus positiver Erwartung und der langen Zeit, die man beim Gespräch mit dem Homöopathen verweilt, vielleicht noch seinem Charisma, dem aufwendigen therapeutischen Setting und die manchmal ritualisierten Verordnungsvorschriften zustande kommt. Ferner, gewisse Verzerrungen in der Wahrnehmung. Dann, dass viele Krankheiten mit der Zeit einfach von selbst wieder verschwinden und eben auch dann, wenn man gerade seine Globuli einnimmt und bei manchmal bezweifeln Kritiker sogar, dass eine Krankheit vorgelegen hat, das müsse man sich eingebildet haben.

Nun ist es so, dass all diese Einwände stimmen können, manchmal sogar in ihrer Gesamtheit stimmen können. Aber alles davon trifft ebenso auf andere Verfahren zu. Niemand lässt ja bei klarem Bewusstsein eine Behandlung an sich zu, von deren Wirkung er ausdrücklich nicht überzeugt ist. Auch alles andere, finden wir in Einzelfälle oder der Gesamtheit in anderen Bereichen der Medizin und auch unter üblicher Behandlung heilen Krankheiten zuweilen von selbst.

Der Placeboeffekt ist ein bedeutender Effekt bei jeder medizinischen Behandlung und rangiert nach gegenwärtiger Einschätzung etwa bei einem Drittel (25 – 40%) der Anteile an der Heilung oder Linderung einer Krankheit. Aber natürlich gibt es das Kernargument der Kritiker, nämlich die Unwirksamkeit der Homöopathie in Studien.

Ich habe über viele Jahre immer wieder Studien und Metastudien zur Homöopathie gelesen und ich will mich gar nicht mit einer ellenlangen Diskussion der Studienergebnisse aufhalten, jedoch die wesentlichen Punkte aus meiner Sicht erwähnen und auf bestimmte Aspekte eingehen. Studien zur Wirksamkeit gibt es mehrere und sie bestätigen im Grunde die Trends, die wir schon sahen. Fragt man die Menschen, ob sie von einer homöopathíschen Behandlung profitiert haben, sieht es gut aus, für die Homöopathie, schreitet man jedoch weiter zur Königsdisziplin der Doppelblindstudien, dann versagt die Homöopathie regelmäßig, sowohl bei Studien und Metastudien, deren Verfasser ideologisch gegen die Homöopathie eingestellt zu sein scheinen, als auch in einem homöopathiefreundlichen Umfeld. So muss man das Ergebnis nüchtern zusammen fassen.