Um Ängste loswerden zu können, stehen heutzutage breitgefächerte Behandlungsansätze zur Verfügung. Angstzustände und Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Leiden unserer Zeit. Die Behandlungsmöglichkeiten entwickeln sich stetig weiter. Neben bewährten Therapieverfahren, zum Beispiel aus dem Bereich der kognitiven Verhaltenstherapie, sowie deren therapeutische Neuerungen, rücken moderne, unkonventionellere Therapieformen in den Fokus.

Ängste loswerden: Substanzbezogene Verfahren als Chance?

Substanzbezogene Verfahren mit Psilocybin und Cannabidiol bekommen in Zusammenhang mit der Behandlung von Angstzuständen in der wissenschaftlichen Forschung zunehmende Aufmerksamkeit.

Psilocybin gegen Angst: Pilze für Heilung

Psilocybin findet sich in bestimmten psychoaktiven Pilzen. Sie werden auch als „Magic Mushrooms“ oder halluzinogene Pilze bezeichnet. Erste wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sich Psilocybin vermindernd auf Angstsymptome auszuwirken scheint.

Therapiegespräch von zwei Männern

Um stärke Ängste loswerden zu können, suchen viele Betroffene das therapeutische Gespräch. © JourneyPure Rehab under cc

Der Mediziner Petros D. Petridis und sein Forschungsteam untersuchten in einer Studie die Zugabe von Psilocybin als unterstützende Maßnahme für eine Psychotherapie bei an Krebs erkrankten Menschen. Personen, die von einer Krebserkrankung betroffen sind, haben häufiger mit Angstzuständen und einer depressiven Symptomatik zu kämpfen. Wie die Studienergebnisse zeigen, vermindert eine Psilocybin-unterstützte Psychotherapie bei den Betroffenen Depressions- und Angstsymptome genauso wie eine erhöhte zwischenmenschliche Sensibilität, zwanghaftes Verhalten und Somatisierungen, also ein übermäßiges Grübeln in Bezug auf die Erkrankung. Das Risiko von potenziellen negativen „Nebenwirkungen“, etwa für Phobien, Paranoia oder Psychosen, hat sich laut den Forschenden in der Studie nicht erhöht. Die Studie wurde im Jahr 2024 in der Fachpublikation „Nature Mental Health“ veröffentlicht.

Weitere Forschung ist diesbezüglich vonnöten, unter anderem um mögliche Risiken beim Gebrauch abschätzen zu können. Solche substanzbezogenen Anwendungen erfolgen in einem kontrollierten klinischen Setting und sind therapeutisch eingebettet. In der Forschung gilt Psilocybin neben anderen substanzbezogenen Verfahren als ein moderner, aber zugleich streng kontrollierter Ansatz bei der Behandlung von starken Ängsten.

Cannabis als möglicher Weg aus der Angst

Auch der Wirkstoff Cannabidiol (CBD), ein nicht-psychoaktiver Bestandteil der Cannabispflanze, wird immer mehr in Zusammenhang mit der Behandlung von Ängsten untersucht und zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Verminderung von Angstsymptomen. Vorteile und eventuelle Risiken in der Cannabis Wirkung werden verantwortungsvoll diskutiert.

Studienergebnisse, wie eine Metaanalyse aus dem Jahr 2024, untermauern, dass sich Cannabidiol beziehungsweise eine CBD-assistierte Psychotherapie reduzierend auf die Symptome bei verschiedenen Angststörungen wie Generalisierter Angststörung, sozialer Phobie, Posttraumatischer Belastungsstörung und Zwangserkrankungen auszuwirken scheint.

Weitere Klärung durch Forschung

Obwohl CBD im Allgemeinen für viele als gut verträglich gilt, müssen, ähnlich wie bei Psilocybin und anderen Substanzen, deren Einsatz therapeutisch denkbar wäre, potenzielle Einschränkungen in weiteren Studien untersucht werden. Eine optimale Dosierung, individuelle Empfindlichkeiten, unerwünschte Wechselwirkungen mit Medikamenten genauso wie Langzeiteffekte, Wirkstärken und sichere Anwendungsgrenzen sind zukünftig wissenschaftlich zu klären.

Digitale Exposition in 3D

Mann mit VR-Brille

Neuere Ansätze bei der Behandlung von Angstzuständen fokussieren auf die Konfrontation mit dem Angstauslöser in der virtuellen Realität. © Tim Reckmann under cc

Die Virtual-Reality-Expositionstherapie, auch computergestützte CBT oder digitale Expositionstherapie genannt, gilt für viele als aussichtsreiche Neuerung bei der Behandlung von Angststörungen. Um Ängste loswerden zu können, simuliert die digitale Exposition mittels VR-Brillen für die Betroffenen realitätsnahe Umgebungen, in denen sie sich mit dem angstauslösenden Reiz konfrontieren. Vorteilhaft ist, dass sich die Betroffenen in für sie belastende Situationssimulationen begeben können, die im realen Leben zu riskant, nicht zu kontrollieren oder schwer zugänglich wären. Die therapeutische Einbettung ist essenziell, um eine fachkundige Vorbereitung und Begleitung bei der Konfrontation zu gewährleisten.

Von vielen der in der Therapie befindlichen Menschen wird die VR-Exposition gut angenommen, wie Praktizierende berichten. Studien zeigen, dass eine VR-gestützte Konfrontationstherapie eine gute Alternative zu herkömmlichen In-vivo-Therapieverfahren sein kann, gerade bei Angststörungen. Weitere Vorteile sind die Flexibilität der Nutzung und das Sicherheitsgefühl, weil Betroffene sich nicht in einem realen Kontext befinden. Der therapeutische Ansatz mindert die Hürden, sich dem angstauslösenden Setting zu nähern. Vor allem bei Technik-affinen Menschen trifft die VR-Therapie auf eine hohe Akzeptanz. Daher gilt sie als eine moderne Ergänzung in der Verhaltenstherapie.

Für die Zukunft haben Forschende zur Virtual-Reality-Therapie unter anderem die Langzeitwirksamkeit der Therapie, mögliche Nebenwirkungen wie Cybersickness, den Vergleich zu klassischen therapeutischen Interventionen, die Individualisierbarkeit der Szenarien sowie die wirtschaftliche und praktische Umsetzbarkeit im klinischen Alltag im Blick.

Weiterentwicklung klassischer Therapieansätze

Auch die klassischen Therapieansätze entwickeln sich weiter und bringen evidenzbasierte Neuerungen in der Behandlung von Angsterkrankungen und Posttraumatischen Belastungsstörungen hervor.

EMDR – Kognitive Verarbeitung durch bilaterale Stimulation

Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) ist ein psychotherapeutisches Verfahren mit dem Ziel, traumatische Erinnerungen aufzuarbeiten und damit zusammenhängende Belastungen zu mindern. Der innovative Kern dieser Methode ist die Kombination von belastenden Erinnerungen mit bilateraler Stimulation, die zum Beispiel über geführte Augenbewegungen oder akustische Reize realisiert wird. Es geht darum, die negative Erinnerung mental zu verarbeiten und im Gedächtnis als vergangenes Ereignis zu integrieren. Durch die Aufmerksamkeitsteilung bleiben Betroffene im Hier und Jetzt und driften nicht in die traumatischen Erinnerungen ab. Die Therapiemethode kommt auch bei Angststörungen zum Einsatz.

ACT – Achtsamkeit als Werkzeug

Frauengesicht schaut ängstlich, im Hintergrund Bilderrahmen

Von Angsterkrankungen und Angstzuständen sind eine Vielzahl an Menschen betroffen. © Caitlin Regan under cc

Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) ist eine Weiterentwicklung kognitiv-verhaltenstherapeutischer Verfahren. Statt Ängste, Grübelschleifen und innere Blockaden zu bekämpfen, begegnen Betroffene ihnen mit Akzeptanz. Die ACT betont einen achtsamen Umgang mit sich sowie die Tatsache, dass Menschen die Realität nicht immer gleich wahrnehmen, sondern in Abhängigkeit von ihrem emotionalen Erleben. Aus der Beobachtungsperspektive wird mit innerem Abstand auf das Gefühlsleben geblickt, anstatt sich von den Emotionen einnehmen zu lassen oder sich mit diesen zu identifizieren. Akzentuiert werden die Fokussierung auf die eigenen Werte und Ziele sowie die Motivation, ins Handeln zu kommen.

Biofeedback/Neurofeedback

Um Ängste loszuwerden, sind Biofeedback und Neurofeedback weitere Verfahren. Hierbei werden die Rückmeldungen des Körpers bewusst wahrgenommen und es wird versucht, auf die körperlichen Reaktionen Einfluss zu nehmen, damit sich Empfindungen und Verhalten in eine wünschenswerte Richtung entwickeln. Bei diesen Interventionen lernen Therapiewillige ihre Körperfunktionen, wie Herzschlag, Muskelspannung oder Hirnströme, zu „beobachten“ und zu regulieren. Anhand von Sensoren erhalten sie Rückmeldung über ihre physiologischen Zustände, wie zum Beispiel eine angstbedingte Anspannung im Nackenbereich oder einen erhöhten Herzschlag.

Beispielhaft wird eine Person mit Angststörung an Sensoren angeschlossen, die ihre Herzfrequenz messen. In Echtzeit sieht sie auf dem Bildschirm die Veränderung ihrer Herzfrequenz durch Ängste, Anspannung oder Stress. Mithilfe von Atemübungen und weiteren therapeutischen Techniken lernt sie, sich zu beruhigen und ihre Herzratenvariabilität zu beeinflussen. So erlangt sie die Kontrolle über ihre körperlichen Reaktionen zurück und empfindet sich weniger als ausgeliefert. Durch das Lernen von Selbstregulation steigt ihr Gefühl von Selbstwirksamkeit.

Keine Einheitslösung

Moderne Therapieansätze, um Ängste loswerden zu können, bieten keine Einheitslösung. Der Schlüssel zu einer Entlastung von den Ängsten ist individuell verschieden und liegt auch in der Kombination mehrerer Verfahren. Welche Methode persönlich passt, sollte im Gespräch mit den Fachleuten ergründet und ausprobiert werden.

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