Situationship steht für eine nicht näher definierte Art einer zwischenmenschlichen Beziehung. Sie ist weder eine Partnerschaft, noch eine Affäre. Sie muss auch nicht unbedingt eine Freundschaft sein. Aber was ist sie eigentlich?
Situationship: Was ist eine Situationship?
Wenn man auf die Frage: »Was haben wir eigentlich miteinander?«, keine Antwort weiß und auch keine Antwort bekommt, könnte es sein, dass eine Situationship im Raum steht. Der Begriff hat sich im Rahmen des Datings auf Dating-Apps wie Tinder etc. sowie auch in den sozialen Medien wie TikTok und Instagram etabliert. Eine Situationship bedeutet so etwas wie: »Es ist nur für den Moment – aber von diesen Momenten haben wir mehrere.«
Zumeist sind diese Momente von Intimität und auch Romantik gekennzeichnet. Traditionelle Beziehungsmerkmale wie Exklusivität oder eine langfristige Verpflichtung fehlen häufig. Oft sind die Beteiligten auch vertraulich miteinander, sprechen über ihre Probleme und sind füreinander da. Dann ist die Situationship sozusagen eher wie eine Freundschaft Plus. In manchen dieser Verbindungen wird man sogar den Eltern der anderen Person vorgestellt oder man sieht sich zu Weihnachten oder am Valentinstag. Dennoch wird das Miteinander nicht als Partnerschaft deklariert.
Andere Situationships gestalten sich weniger persönlich. Bei diesen geht es vorrangig darum, Spaß miteinander zu haben und sich miteinander wohlzufühlen – anschließend geht jede Person wieder in ihr eigenes Leben zurück. Gegenseitige Verpflichtungen, nicht einmal in freundschaftlicher Hinsicht, sind nicht vorgesehen.
Alles in allem lässt sich also für eine Situationship sagen, dass diese Form der sozialen Beziehung irgendwo zwischen Dating und einer Partnerschaft angesiedelt ist.
Sind beide Beteiligte mit dieser unverbindlichen Konstellation einverstanden, steht einer Situationship nichts im Wege. Beide genießen ein Beisammensein, ohne sich zu etwas verpflichtet zu fühlen.
Spürst du jedoch in der letzten Zeit häufiger ein Unbehagen in Bezug auf diese Beziehungsform, helfen dir die nachfolgenden Fragen womöglich bei der Klärung deines unguten Gefühls.
Unglücklich mit Situationship? Hinterfrage dich
Viele Menschen bleiben lieber in einer Situationship, als vollkommen alleine zu sein. Sie sind der fortwährenden Dates mit unterschiedlichen Menschen müde. Und sie sind froh, zumindest in gewisser Weise »jemanden in ihrem Leben zu haben«. Ein solcher Kompromiss kann vollkommen in Ordnung sein. Doch bei einigen Beteiligten bleibt ein unangenehmer Beigeschmack zurück. Sie fühlen sich immer häufiger angespannt, weniger wert, emotional geschwächt und verunsichert. Geht eine Situationship zu Lasten einer Person, ist sie kein guter Kompromiss mehr.
Gerade wenn du sicher weißt, dass dein Gegenüber nicht mehr möchte als nur diese Situationship, wird es aufgrund deiner Zweifel wichtig für dich, deine eigenen Ansichten und Gefühle diesbezüglich genau zu hinterfragen. Folgende Fragen kannst du dir in diesem Fall in Bezug auf dich und deine Situationship stellen.
1. Deine Gefühle zur Situationship
Für die Zeit, die du dir jetzt nimmst, solltest du dich mit authentischen Antworten belohnen. Nur dann können die Fragen dir helfen, ein besseres Verständnis für dich und deine Gefühle zu entwickeln und zu klären, was du wirklich möchtest. Spüre in dich hinein und frage dich:
Wie fühle ich mich, wenn ich an die Situationship denke?
Spürst du Freude, Angst, Unsicherheit, Traurigkeit? Oder ist in dir ein diffuses Gefühl und du kannst nicht greifen, was du wirklich spürst und denkst. In dem Fall solltest du dich langsam vortasten, immer wieder in dich hinein fühlen und schauen, wo du tatsächlich stehst.
Was genau hält dich dort – und bekommst du diese Sache tatsächlich erfüllt?
Vielleicht hast du Angst vor dem Alleinsein und bleibst deshalb in dieser Konstellation. Jedoch solltest du dich fragen: Fühlst du dich mit dieser Konstellation tatsächlich weniger allein?
Oft kommen wir mit solchen Gefühlen der Einsamkeit viel besser zurecht, als wir denken. Sie gehen vorbei. Und wir können durch soziale Kontakte wie Freundschaften, ehrenamtliche Tätigkeiten etc. und die Verbundenheit mit uns selbst unser Gefühl von Einsamkeit vermindern.
Vielleicht hoffst du auf eine Änderung der Situationship, aber tief in deinem Inneren weißt du, dass es keine Änderung geben wird. Was macht es mit dir? Eine Möglichkeit wäre der Versuch, mit deinem Gegenüber Kompromisse zu finden. Wie müsste sich die Konstellation gestalten, damit du dich in dieser wieder wohler fühlst? Gibt es dahingehend überhaupt etwas, was sich ändern ließe?
Frage dich in dem Zusammenhang auch:
- Wann fühle ich mich in den gemeinsamen Momenten mit der anderen Person am glücklichsten?
- In welchen Momenten fühle ich mich unwohl, unsicher und verletzlich? Wie komme ich klar, dass der andere Mensch keine Beziehung will?
- Wie fühle ich mich, wenn der intime Moment/der Sex vorüber ist? Wie fühle ich mich, wenn die andere Person wieder ihrer Wege geht?
- Komme ich wirklich gut mit meiner Eifersucht klar oder der Tatsache, die Person noch mit anderen zu teilen?
- Was sind die positiven Aspekte der Situationship, was die negativen? Was überwiegt? Und was sind die Vorteile wert, wenn ich mich mit der Konstellation als solche immer öfter unwohl fühle?
- Ist es wirklich das, was du willst?
2. Du als Person in der Situationship
Neben deinen Gefühlen in Bezug auf die Situationship ist es auch wichtig, dass du dich genauer in dem Zusammenspiel betrachtest. Wenn du von außen auf dich schaust, schaue einmal, wie du dich in dieser unverbindlichen Konstellation fühlst.
Werden meine Bedürfnisse erfüllt in der Situationship?
Manchmal kennen wir nicht einmal unsere Bedürfnisse. Wir sind es derart gewohnt, uns selbst auszublenden, um mit anderen in Verbindung bleiben zu können, dass wir gar nicht wissen, was wir fühlen und wünschen. Oder die Angst davor, den anderen Menschen zu verlieren, überblendet alles. Dann gehen wir Kompromisse ein, die wir im Normalfall gar nicht eingehen würden. Dahingehend zu erstarken, ist ein Lernprozess. Er startet, sobald du zu dir selbst Ja sagst. (Selbst wenn du dich vorerst noch entscheidest, in der Situationship zu verbleiben.)
Gestehe dir eine Entwicklung zu, aber bleibe authentisch dabei. Es macht einen Unterschied, ob man sich selbst belügt und sagt: »Ich komme prima mit dieser unverbindlichen Beziehung klar.« Oder ob du sagst: »Ich bin nicht vollends glücklich damit, aber momentan habe ich noch nicht die Kraft zu gehen.« Letzteres ist ehrlicher und zeugt von mehr Wohlwollen dir selbst gegenüber.
Fühle ich mich zeitweise ausgenutzt oder weniger wert?
Sollte dem so sein, dass du dich weniger wertvoll fühlst, dann hast du einen ziemlich guten Anzeiger dafür, dass diese Form der Beziehung im Grunde nichts für dich ist. Dabei ist es zweitrangig, ob du tatsächlich nicht wertgeschätzt wirst oder dich innerhalb dieser Konstellation nicht als wertig empfindest. Fakt ist: Diese Form der Unverbindlichkeit ist nicht gut für dich.
Verkörpert die Situationship meine Werte?
Oder erwarte ich mir eigentlich etwas anderes von einer Beziehung?
Es ist wichtig, in Einklang mit seinen Werten zu leben. Nur so können wir zufrieden und stark unserem Weg folgen. Lebst du nicht in Einklang mit deinen Werten, dann stehst du weniger zu dir und lebst demzufolge auch weniger authentisch. Weil du dir beispielsweise Dinge schön reden musst oder deine Gefühle abtun musst.
Wie gehe ich mit meinen Gefühlen um?
Nehme ich sie für voll oder übergehe ich sie einfach?
Sobald du deine Gefühle übergehst, schwächst du dich selbst, weil du dich als Person nicht so akzeptierst, wie du bist. Mit einem solchen Verhalten untergräbst du deine eigene Souveränität.
Was müsste ich tun, um für mich Sorge zu tragen?
Häufig wissen wir tief in unserem Inneren, was uns guttun würde. Wir trauen uns nur nicht, dort hinzuschauen und dafür einzustehen. Auch das können wir lernen. Spüre häufiger mal in dich hinein und frage dich, warum du vielleicht gerade angespannt bist, du deinen Kopf in deinen Schultern vergräbst, dich etwas triggert, du vielleicht viel häufiger traurig bist oder ob du Kälte in dir spürst und dich beispielsweise immer häufiger nach einem heißen Bad sehnst. Achte in dem Zusammenhang auch bewusst auf deinen Körper und welche Signale er dir sendet.
Weitere Fragen können sein:
- Würde ich mir wünschen, dass mein Gegenüber mehr über meine Situation, mein Leben, meine Gedanken und Gefühle weiß? Gibt es Dinge, die ich nicht ausgesprochen habe, die aber eigentlich wichtig wären?
- Wie sähe die Beziehung aus, wenn alles möglich wäre, ich sie mir also »zurechtbacken« könnte?
3. Wie beeinflusst die Situationship dich?
Nun ist es Zeit, das Ausmaß zu betrachten, inwieweit diese unverbindliche Beziehungskonstellation deinen Alltag beeinflusst, zum Beispiel weil du dich in dieser nicht vollends wohl fühlst. Folgende Fragen könnten wichtig für dich sein:
Wie beeinflusst die Situationship meine Stimmung im Alltag?
Fühle ich mich durch sie eher gestärkt oder eher geschwächt und belastet?
Das ist einer der Hauptpunkte bei der Betrachtung, ob eine Situationship dir guttut. Soziale Kontakte, die dich schwächen, solltest du meiden. Vielleicht glaubst du, nicht stark genug allein zu sein oder nicht glücklich genug – doch ohne eine Beziehung, die dir nicht guttut, wärst du zumindest um diese Last leichter. Hättest mehr Energie. Und dein Herz wäre weniger beschwert.
Gibt es Perspektiven in der Situationship, die dich zufriedenstellen?
Wie würde dein Leben in fünf Jahren aussehen, wenn du in dieser Konstellation verbleiben würdest?
Vielleicht verschnaufst du nur kurzzeitig in einer Situationship. Auch das kann in Ordnung sein. Doch solltest du nicht damit glücklich sein, wäre es nicht gut, sich längerfristig in dieser zu betten. Frage dich in Bezug auf deine eigene Entwicklung: Welche Träume habe ich? Wie soll mein Leben aussehen? Welche Stütze wäre mir ein Partner/eine Partnerin, die zu mir steht?
Wenn wir uns nicht ständig Gedanken um eine Beziehungskonstellation machen und die damit zusammenhängenden Gefühle veratmen müssten, hätten wir so viel mehr Kapazität und Energie für unser eigenes Leben zur Verfügung. Insofern kann eine Situationship auch auf dem persönlichen Weg hemmen und aufhalten, gerade weil sie so unverbindlich ist.
Was würdest du einem Freund/einer Freundin raten?
Ein guter Punkt, um von außen auf sich zu schauen, ist immer, was man einer befreundeten Person raten würde, die sich in einer solchen Konstellation befände. Würdest du ihr sagen: »Bleib doch noch.« Oder würdest du ihr raten: »Die Konstellation tut dir nicht gut. Sie verunsichert dich. Du solltest dich aus ihr lösen.« So gesehen, hast du dann deine Antwort.
Häufig merken wir erst dann, wie sehr wir uns ausgeblendet haben, sobald wir uns selbst mehr in den Mittelpunkt rücken. Eine Situationship ist nicht jedermanns oder oft auch nicht jederfraus Sache. Anstatt sich den Bedürfnissen einer anderen Person anzupassen, sollten wir wieder lernen, unseren eigenen Bedürfnissen mehr Wichtigkeit zu geben. Das ist besser, als einfach nur zu versuchen, die problematischen Umstände auszuhalten und sich unterzuordnen. Lieber halten wir eine Zeit lang die unangenehmen Gefühle des Verlustes aus, um letztendlich gestärkt daraus hervorzugehen.
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