Schokokekse

Wer kann dazu schon nein sagen? © Nico Kaiser under cc

Der Begriff Superfood Kakao ist umstritten. Die einen sehen in Superfood einen Marketingsbegriff, die anderen reklamieren ihn für Lebensmittel denen besondere gesundheitsförderliche Wirkungen zugesprochen werden. Von Avocados über Eier und Löwenzahn bis zum Zimt reicht die Liste, einige der Wirkungen sind umstritten und längst nicht alle beliebt. Man isst sie, weil sie mitunter gesund sind, man ahnt, dass man sich damit etwas Gutes tut. Nach dem jeweils neuesten Stand der Erkenntnis, der sich in oft gar nicht mal so großen Abständen ändert. Ob zu Kaffee oder Rotwein, Gewicht oder Fetten, Eiweiß oder Kohlenhydraten, ständig gibt es neue Wellen, die einem sagen, was gesund, supergesund und krankmachend ist.

Auch die Gewichtung der Bausteine der Gesundheit werden immer wieder verschieden interpretiert. Ob der Verzicht aus Gifte oder Stress, die Beseitigung von Depressionen, die Rolle von Ernährung oder Bewegung, Entspannung, Beziehung oder Sinnfindung, über die Jahre wird alles immer wieder neu bewertet. Das ist auch innerhalb des Bausteins Ernährung nicht anders. Galten lange Zeit die Fette als ungesund, war es dann die Eiweißmast, neuerdings sollen es die Kohlenhydrate sein, die Fette sind größtenteils rehabilitiert. Mal soll die Nahrung so naturbelassen wie möglich sein, dann gilt genau wieder das als gefährlich, wegen der Keimbelastung und so geht es fröhlich weiter.

Oft wird Gesundes und Genuss auseinander dividiert. Kurzformel: Alles was Spaß macht, ist irgendwie ungesund, was gesund ist, macht keinen Spaß. Zwar gibt es auch Menschen, die für ihr Leben gerne Brennnesseln, Endivien, Sanddorn und Salbei zu sich nehmen, aber das trifft auf eher wenige zu. An apple a day keeps the doctor away weiß der englische Volksmund, aber auch das hat sich nicht bei allen durchgesetzt. Gesunde Ernährung ist für viele ein Übung der Buße, wenn auch vielleicht sehr häufig zu unrecht.

Ohne, dass man es groß bewerben müsste, ist jedoch ein Superfood überaus beliebt: der Kakao, die populärste Form ist die Schokolade. Das schon seit der Zeit der Olmeken, später der Azteken, von denen der Name stammt, kultiviert von den Maya. Das Wort „xocólatl“ bedeutet im Ursprung soviel wie bitteres Wasser und bezieht sich auf den Geschmack der Schokolade, die damals aus einer Mischung aus Wasser, Kakao, Vanille und Cayennepfeffer schaumig angerührt wurde. Sie wurde als berauschendes Getränk gereicht, war adeligen Männern vorbehalten, das sollte sich gehörig ändern, wird doch heute gerade den Frauen eine besondere Affinität zur Schokolade nachgesagt. Dabei begann die Geschichte in Europa ganz anders. Christoph Kolumbus brachte Kakaobohnen mit nach Europa, Cortés den Kakao, doch das bittere Zeug wurde kaum beachtet. Das änderte sich, als man dem Kakao Zucker oder Honig zusetzte, sowie geröstete und gemahlene Haselnüsse, später dann auch Milch und Sahnepulver. Der Siegeszug des Kakao in Form der Schokolade begann in Europa etwa 300 Jahre nach der Einführung.[1]

Gibt es die besondere Beziehung zwischen Frauen und Schokolade?

Die Antwort ist nicht leicht, egal, wie genau man hinschaut. Denn einerseits scheint das Bild der Frau, die bei Schokolade schwach wird, einem Geschlechterklischee zu entspringen, zu dem gehört, dass „das schwache Geschlecht“ sich eben nicht so gut beherrschen kann, wie ein disziplinierter Mann. Tatsächlich nehmen Männer mehr Genussmittel zu sich, Süßigkeiten inklusive.[2] Da aber klischeehafte Bilder nicht wirkungslos sind und in der Gesellschaft verbreitet, wird Frauen mit dieser Eigenschaft nachgesagt, eine „Naschkatze“ zu sein. Das Bild der Naschkatze birgt ja auch erotisches Motiv, wer hier schwach ist und genießen kann, kann es auch dort. Die Werbung tut ihr Übriges, wenn von der süßen Verführung die Rede ist.

Insgesamt soll es bei Frauen dezenter zugehen, so will es die Rollenzuschreibung. Wer die Schweinshaxe genussvoll schmatzend in der einen, den Bierhumpen in der anderen Hand hält, ist gewiss keine Frau, in der Vorstellung die bei diesem Bild in den meisten Köpfen aufgetaucht ist. Im Grunde sind viele Frauen in Fragen der Disziplin beim Essen vermutlich überlegen. Gesunde Ernährung, Diät, die perfekte Sommerfigur, das alles sind Themen, die eher Frauen beschäftigen, Essstörungen inklusive.

Aber soziale Rollen, Bilder, Zuschreibungen und Klischees wirken und werden über diese innere Wirkung zur Realität. So haben auch viele Frauen keine Einwände sich eine besondere Neigung zur Schokolade zuschreiben zu lassen. Und eine französische Umfrage zu dem Thema, was Frauen wichtiger als Sex ist, findet auf Platz 6 ein gutes Buch, 5. Fernsehen, 4. Selbstbefriedigung, 3. Smartphone oder Tablet benutzen, 2. Schlafen und auf Platz 1 natürlich: Schokolade.[3]

Gewohnheit, Konditionierung und Belohnung

Bei Frauen scheint der Aspekt der Belohnung stärker ausgeprägt zu sein, als bei Männern. Da Frauen oft diszipliniert sind, belohnen sie sich für diese Disziplin und das gerne und oft mit Schokolade. Ein Aspekt der „Sünde“, aber eine, die verzeihlich ist. Die kleine Belohnung zwischendurch ohne große Folgen für die Gesundheit, höchstens für die Figur. Denn Schokolade hat Unmengen an Kalorien, durch das Fett in Kakaobutter und Nüssen, sowie den Zucker. Merkwürdig also, dass man sich ausgerechnet mit ihr belohnt.

Was ist das nun: Sucht, Gewohnheit, Konditionierung? Konditionierungen sind selbstverstärkend, das weiß jeder Psychologe, der sagt, dass man irgendwann Angst vor der Angst hat und der als Lösung die Gegenkonditionierung empfiehlt. Diszipliniert zu sein ist einerseits strukturierend, andererseits auch anstrengend. Man will auch mal locker lassen und nichts tun, genießen. In der Belohnung kommt vieles zusammen, ähnlich wie bei der Zigarette, die häufig auch eine Unterbrechung des Alltags darstellt, ist der inzwischen süße Genuss, Pause, Belohnung, Entspannung.

Bei Wikipedia heißt es: „Es gibt keine Hinweise, dass Schokolade körperlich abhängig oder süchtig machen könnte.“[4] Das ist eher fragwürdig, da der darin in höherem Maße enthaltene Zucker alles andere als gesund ist und sehr wohl auch im Verdacht steht, süchtig zu machen. Aber der süße Geschmack ist eben auch eine Urerfahrung. Kinder mögen Süßes, vermutlich ist die Lust auf Süßes ein biologisches Erbe, es ist nur etwas aus der Zeit gefallen. Und natürlich sind Süßigkeiten die Belohnungen und Überraschungen der Kindheit. Auch das sitzt tief, die Erfahrung bei Oma eine leckere Tafel Schokolade bekommen zu haben, als die Welt noch irgendwie in Ordnung war.

Doch so schlecht der Zucker sein mag, das Superfood Kakao reißt vieles wieder raus, heißt es. Die gesundheitsförderlichen Effekte des Kakaos sind in der Tat beeindruckend: blutdrucksenkend, blutverdünnend, antioxidativ, eventuell karieshemmend. Dazu nimmt man von Kakao (nicht vom Zucker) sogar ab. Dazu jede Menge weiterer wertvoller Inhaltsstoffe, die den Kakao zu einem Superfood machen.