beleuchtete Höhle

Höhlen sind Naturwunder, aber ein Albtraum für Klaustrophobiker. © Simona Moscadelli under cc

Millionen Deutsche haben ernste psychische Erkrankungen. Sie sind die vierthäufigste Ursache für Krankschreibungen. Dabei zählen Angststörungen, Depressionen, Burnout, Alkoholmissbrauch, Zwangsstörungen und Demenz zu den häufigsten Erkrankungen im Erwachsenenalter, während ADHS die häufigste psychische Störung unter Kindern und Jugendlichen ist. Zu den häufigeren Diagnosen in der Psychiatrie zählen auch die Persönlichkeitsstörungen. Die Schizophrenie gehört zu den schwersten psychischen Erkrankungen. Eine besonders gefährliche psychische Erkrankung ist die Magersucht mit der höchsten Sterberate überhaupt – in bis zu 20 Prozent der Fälle endet die Krankheit tödlich.

Im Wesentlichen bestehen weltweit zwei Klassifikationssysteme (Kataloge) psychischer Erkrankungen, die ICD-10 Kapitel V (F), herausgegeben von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), und das DSM IV der American Psychiatric Association (APA), wobei in Deutschland die ICD-10 relevant ist. Darin werden alle zurzeit bekannten psychischen Störungen anhand des Erscheinungsbildes – unabhängig vom Entstehungsgrund – als ärztliche Entscheidungshilfe für die Diagnostik klar und einheitlich beschrieben.

Die nachfolgenden Beschreibungen häufig auftretender psychischer Erkrankungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll lediglich ein kurzer Überblick geschaffen werden.

Angststörungen

Angststörungen zählen weltweit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Allein in Deutschland leben ca. 4,6 Mio. Menschen mit vorübergehenden oder chronischen Angstzuständen, wobei Sozialphobie (Angst in sozialen Situationen beobachtet zu werden) und spezifische Phobien (Spinnenangst und Co.) am häufigsten vorkommen. Bezüglich der Geschlechterverteilung treten Angststörungen bei Frauen deutlich häufiger auf als bei Männern.

Angst ist zunächst einmal eine nützliche Einrichtung der Natur, die gewährleistet, dass wir in Gefahrensituationen für Leib und Leben die Flucht ergreifen oder unser Heil im Angriff suchen. Neben der natürlichen Angst tragen wir aus der Steinzeit stammende spezifische Urängste in uns. Ob diese heute noch gerechtfertigt sind, spielt für ihre Wirksamkeit keine Rolle. Da ist die Angst vor Wölfen zum Beispiel. Wer damals keine Angst vor Wölfen hatte, hat nicht überlebt. Daher wurde (und wird) der Wolf gefürchtet, obwohl er nahezu 200 Jahre lang in Deutschland ausgestorben war. Eine weitere Grundangst lösen Spinnen aus. In der Steinzeit gab es Spinnen, die so groß waren, wie eine Kinderpizza. Wenn sie zubissen, war es aus! Die Bedrohung durch Spinnen ist genetisch verankert, auch wenn die heutigen Spinnen, insbesondere in Westeuropa, viel kleiner und harmlos sind.

Tiefenpsychologen sehen eine übernatürliche Angst bei Erwachsenen in der frühkindlichen Entwicklung begründet, insbesondere wenn in den ersten Lebensjahren kein Urvertrauen entwickelt wurde. Wachsen wir in sicherer Nestatmosphäre auf, entsteht Vertrauen in unsere Bezugspersonen und die Lebensbedingungen und wir verinnerlichen ein grundlegendes positives Lebensgefühl. Wir betrachten die Welt als haltgebend und freundlich. Passieren jedoch Dinge, die Furcht und Schrecken in uns auslösen, entwickelt sich kein Urvertrauen. Infolgedessen bleiben wir auf einer tiefen Ebene unseres Bewusstseins verunsichert und ängstlich.

Auch wie unsere Eltern mit uns umgehen, bestimmt unser Leben. Vernachlässigung programmiert (Überlebens)Ängste. Aber auch aus Überbehütung und ständiger Kontrolle der Eltern können Ängste erwachsen, da wir die Ängstlichkeit und Besorgnis unserer Eltern auf unbewusster Ebene verinnerlichen.

Viele Angststörungen haben benennbare äußere Ursachen (Tod, Verlust, Unfälle). Neuerdings verspüren immer mehr Menschen eine allgemeine Lebensangst aufgrund der sich zunehmend digitalisierenden Welt. Sie fühlen sich überfordert und befürchten mit der Entwicklung nicht Schritt halten zu können, weder beruflich noch privat.
Eine große Herausforderung für Betroffene sind überfallartige Panikattacken, die mit ausgeprägten vegetativen Symptomen wie z. B. Herzklopfen, Hitzewallungen, Beklemmungsgefühle, Zittern, Schwitzen, Atemnot, Angst zu sterben usw. auftreten.

Angsterkrankungen sind keine Psychosen mit gestörter Realitätswahrnehmung wie Schizophrenie oder Manie. Im Allgemeinen können Angstpatienten erkennen, wie übertrieben und irreal ihre Befürchtungen sind.

Angststörungen sind in den meisten Fällen heilbar, insbesondere wenn der Mechanismus durchschaut wurde. Sie werden mit Psychopharmaka, Gesprächs- und Verhaltenstherapie, Entspannungstechniken und Hypnose behandelt. Eine Besonderheit der Verhaltenstherapie ist die Reizkonfrontation bei Phobien (Spinnenphobie, Klaustrophobie…).

Depressionen

Weltweit sind – mit ansteigender Tendenz seit 1990 – inzwischen 350 Millionen Menschen von der Krankheit betroffen und für Deutschland schätzt die WHO die Zahl der Menschen mit Depressionen auf 4,1 Millionen, das sind fünf Prozent aller 18- bis 65-Jährigen. Depressionen treten bei Frauen deutlich häufiger auf als bei Männern.

Depression ist eine schwere, oft lebensbedrohliche Erkrankung und obwohl die Hälfte aller Suizide in Deutschland eine depressive Vorgeschichte aufweist, werden Depressionen häufig unterschätzt. Viele verwechseln die Symptome einer Depression, erhöhte Ermüdbarkeit, Pessimismus, Niedergeschlagenheit, verminderter Antrieb und Interessenlosigkeit mit „schlecht drauf sein“, selbst wenn die Symptome schon längere Zeit (> 2 Wochen) bestehen. Bei Männern ist Depression immer noch ein Tabuthema. Erst wenn zu den psychischen Anzeichen körperliche Probleme wie Appetit- und Libidoverlust auftreten, wird ärztliche Hilfe gesucht.

Depressionen treten in unterschiedlichen Schweregraden auf. Unterschieden werden leichte, mittelgradige und schwere Depression. Bei einer schweren Depression sind die Beeinträchtigungen so stark, dass der Betroffene berufliche und familiäre Aktivitäten nicht mehr fortsetzen kann.

Die Unterteilung in reaktive Depressionen, durch biographische Ereignisse ausgelöst und endogene Depression, infolge einer Stoffwechselstörung, gilt als veraltet. Die Ursachen sind vielfältig, nur zum Teil bekannt und verstanden und man spricht derzeit eher von Prädispositionen und Auslösern einer Depression. Die reaktive Depression wird heute am ehesten als Anpassungsstörung bezeichnet, die endogene Depression als affektive Psychose.

Das Konzept der larvierten Depression, auch somatisierte oder maskierte Depression genannt, bei der sich Depressionen primäre als körperliche Beschwerden zeigen sollen (etwa als Schmerzen oder Beklemmungen), gilt als umstritten, nicht aber der enge Zusammenhang von Körper und Psyche.

Depressionen treten als einzelne oder wiederkehrende, rezidivierende Episoden auf, andauernde gedrückte Stimmung wird als Dysthymie bezeichnet und von den Depressionen unterschieden.

Praxistipp: Johanniskraut gilt als bestes pflanzliches Mittel (gegen leichte und mittelschwere Depressionen) und hat kaum Nebenwirkungen. Aber fragen Sie immer Ihren Hausarzt, ob und welches Präparat er Ihnen empfiehlt. Für leichte bis mittelschwere Winterdepressionen ist die Wirksamkeit der Lichttherapie gut belegt. Bei der Lichttherapie werden die Patienten hellem Kunstlicht ausgesetzt. Für die Selbstbehandlung finden sie im Handel ein gutes Angebot an Lampen. Leichte Nebenwirkungen sind selten, können aber auftreten, weswegen auch eine Lichttherapie mit dem Hausarzt besprochen werden sollte.