In Zeiten von Online Games und Social Networks gehört das Avatare erstellen zu einer der gängigsten Aufgaben im World Wide Web. So sind in Foren, vor allem aber bei interaktiven Rollenspielen wie z.B. World of Warcraft, Avatare der erste Einstieg in die virtuelle Welt.
Avatare in Spielen
Avatare sind künstlich geschaffene Identitäten, welche uns in einer virtuellen Welt repräsentieren. Gerade bei Computerspielen kommt damit dem Avatare erstellen eine besondere Bedeutung zu, da diese all unsere Handlungen und die Art, wie wir dargestellt werden wollen, widerspiegeln. Doch nach welchen Kriterien gehen wir vor, wenn wir Avatare erstellen?
Avatare: ein Abbild unserer selbst?
Was uns beim Avatare erstellen beeinflusst, beantwortet eine Studie von Dunn und Guadagno (2012). Die Forscher untersuchten u.a. den Einfluss von Geschlecht und verschiedenen Persönlichkeitsfaktoren auf die Selbstdarstellung in der virtuellen Welt. Die Teilnehmer der Studie wurden zunächst dazu aufgefordert, Avatare zu erstellen, welche sie im Anschluss zwanzig Minuten lang in einem Videospiel spielten. Zudem wurden u.a. die fünf Persönlichkeitsdimensionen der Big Five (z.B. John et al., 1991) bei den Probanden erfasst.
Normgerechte, ideale Avatare erstellen
Die Studie von Dunn und Guadagno (2012) zeigte, dass Frauen und Männer Avatare erstellen, die sich von ihrem realen Selbst unterscheiden, vor allem in der Hinsicht, dass sie stärker den sozialen Normen bzw. Idealen genügen. So fand man in der Studie bei den erstellten Avataren den gesellschaftlichen Idealen entsprechende Körpermaße. Frauen bauen schlanke, zarte Avatare auf; Männer dagegen kräftige, muskulöse. Entgegen der Annahme scheint die Größe der Avatare aber dabei weniger entscheidend zu sein. Die männlichen Probanden wählten nicht signifikant größere Avatare als die weiblichen; womöglich, weil sowieso von einer miniaturhaften Darstellung der Welt ausgegangen wird.
Vor allem bei Personen mit hohen Werten auf der Verträglichkeitsskala, spiegelte sich dieses normgerechte Avatare erstellen wieder. Verträgliche Personen zeichnen sich, nach den fünf Persönlichkeitsfaktoren des Big 5-Modells, z.B. durch Hilfsbereitschaft, Wärme und Kooperationsfähigkeit aus – sie gliedern sich sozusagen gesamtgesellschaftlich sehr gut ein. Die Forscher vermuten, dass solche Personen auch durch ihre Avatare in der virtuellen Welt anderen besonders gefallen wollen.
Darüber hinaus haben auch weitere Persönlichkeitsfaktoren einen Einfluss darauf, wie wir Avatare erstellen.
Einfluss der Persönlichkeit auf Avatare erstellen
Die Offenheit gegenüber Neuem (Experimentierfreudigkeit etc.) hatte von den Big 5-Faktoren den größten Einfluss auf die Avatargestaltung. So wählten Männer mit hohen Werten auf dieser Skala beim Avatare erstellen besonders häufig einen Hautton, welcher dunkler war, als sie selbst. Es scheint also, dass die Offenheit gegenüber Neuem auch dazu führt, in einer virtuellen Welt neue Erfahrungen, z.B. durch eine andere Ethnizität, machen zu wollen. Dieser Sachverhalt hatte allerdings bei Frauen keinen Einfluss auf das Avatare erstellen. Offenbar zählen bei ihnen andere Faktoren.
Zudem fühlten sich Personen, welche sich durch eine größere Offenheit gegenüber Neuem auszeichneten, gleichwertiger mit ihren Avataren, d.h. sie sahen ihre Avatare mehr als eine Erweiterung ihrer eigenen Person.
Die größten Unterschiede zwischen dem Avatar und dem eigenen Selbst gab es bei Personen mit hohen Werten auf den Skalen Intraversion (zurückhaltend etc.) und Neurotizismus (stärkerem Erleben negativer Emotionen, wie Angst, Stress, Trauer etc.). Beim Avatare erstellen in der Studie zeigte sich, dass diese Personen eher besonders attraktive Avatare erschufen. Zum einen, so die Forscher, kann dies als Bemühen betrachtet werden, durch Attraktivität mehr soziale Interaktionen zu bekommen und so Schüchternheit und Ängste im realen Leben auszugleichen. Zum anderen wollen sie vermutlich ihre Avatare im besten Licht erscheinen lassen.
Das Avatare erstellen scheint also mehr als die bloße Erschaffung einer Figur. Es dient zudem der Selbstpräsentation in einer virtuellen Welt, welche teilweise eben auch fehlende Eigenschaften des realen Ichs kompensieren soll.
Quellen:
- Dunn, R.A. & Guadagno, R.E. (2012). My avatar and me – Gender and personality predictors of avatar-self discrepancy. Computers in Human Behavior, 28 (1), 97–106.
- John, O. P., Donahue, E. M., & Kentle, R. L. (1991). The Big Five Inventory-Versions 4a and 54. Berkeley, CA: University of California, Berkeley, Institute of Personality and Social Research.