„Schatz, ich habe eine Affäre.“ Wer mit Untreue konfrontiert wird, empfindet im Regelfall Enttäuschung, Verletzung, Hilflosigkeit und Wut. Alles was man bisher über den Partner und die Beziehung zu wissen meinte, scheint in Zweifel gestellt. Wer allerdings seinen Partner dennoch nicht verlieren möchte, kann mithilfe eines speziellen paartherapeutischen Programms wieder Vertrauen aufbauen.
Untreue ist keine Seltenheit
In 40% der Beziehungen ist mindestens ein Partner untreu. So lautet das Ergebnis einer Interviewstudie, die an 2.500 Paaren in Deutschland durchgeführt wurde. In 30% aller Fälle hatte nur ein Partner sexuelle Kontakte außerhalb der Beziehung. Bei 10% aller Befragten waren beide Partner untreu. 8% der Interviewten ließen sich sogar auf mehr als drei außerpartnerschaftliche Kontakte ein. Gleichzeitig betonten 95% aller Frauen und 90% aller Männer, dass ihnen Treue wichtig sei (Schmidt, Starke, Matthiesen, Dekker & Starke, 2003). Dies lässt auf eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Treue und dem tatsächlich gezeigten monogamen Verhalten schließen.
Warum ist der Partner untreu?
Eine Fragebogenerhebung an 738 jungen Erwachsenen im Alter von 18-40 Jahren ergab, dass eine geringe partnerschaftliche sowie sexuelle Zufriedenheit die Wahrscheinlichkeit für eine Affäre steigern (Plack, Kröger, Allen, Baucom, Hahlweg, 2010). Dieser Aspekt lässt darauf schließen, dass der Fremdgeher irgendetwas an seinem Partner vermisst, das er sich dann bei einer dritten Person holt. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass sich mit steigender Anzahl an Gelegenheiten für sexuelle Abenteuer die Wahrscheinlichkeit für Untreue erhöht. In diesem Zusammenhang wurde nachgewiesen, dass sich die Anzahl beruflich bedingter Reisetage bedeutsam auf das Treueverhalten auswirkt. Hieran wird deutlich, dass Untreue nicht immer Ausdruck einer generellen Unzufriedenheit mit der Partnerschaft sein muss, sondern auch von äußeren Faktoren abhängig sein kann.
Paartherapie nach Affäre
An der Technischen Universität Braunschweig wird momentan das neue verhaltenstherapeutisch geprägte Programm „Paartherapie nach Affäre“ erprobt. Dieses basiert auf drei Stufen. Ziel ist es, dass beide Partner mithilfe bestimmter Verhaltensregeln lernen ihre Situation zu verstehen, um sich schrittweise wieder annähern zu können (Kröger, 2011).
1. Phase: Schadensbegrenzung
Zu Beginn des Programms ist es erstmal wichtig, Schadensbegrenzung zu betreiben. Eine Studie an der TU Braunschweig zeigte, dass Paare, die sich konsequent darum bemühen die negativen Auswirkungen der Affäre zu reduzieren, eher wieder Vertrauen zueinander aufbauen können (Kröger, 2011). Entscheidend hierbei ist, dass die Außenbeziehung aufgegeben oder soweit dies nicht möglich ist, weil es sich bei der dritten Person beispielsweise um eine Kollegin bzw. einen Kollegen handelt, eine klare Grenze gezogen wird.
2. Phase: Gründe für die Untreue
Im zweiten Schritt werden die Gründe für die Untreue genauer unter die Lupe genommen. Wirsching (2005) sieht diesen Schritt als Chance an, gegenseitiges Verständnis zu fördern. Nach Meinung des Autors sollte jeder gleichberechtigt aus eigener Perspektive über seine Gedanken, Gefühle und Wünsche sprechen können. Auf die Schilderung allgemeiner Tatsachen, sowie Vorwürfe und Entwertungen sollte verzichten werden. Des Weiteren ist es ratsam, den Fokus erstmal auf das momentane Problem und dessen Lösung zu richten. Dies ermöglicht es einen Plan zu entwickeln, der die Veränderungswünsche beider berücksichtigt. In diesem Rahmen bietet es sich auch an, über die Fortführung der Beziehung zu entscheiden.
3. Phase: Veränderung
In der dritten Phase geht es darum, den aufgestellten Plan in die Tat umzusetzen. Die Veränderungsphase zielt darauf ab, die Kommunikation und sexuelle Beziehung zu verbessern. Ziel ist es, dass beide Partner lernen einander zu vergeben, um die Zufriedenheit mit der Beziehung auf Dauer erhalten zu können.
Alternative: Paartherapie online
Wem die Suche nach einem Therapeuten zu zeitraubend und langfristig erscheint, kann sich über das Portal https://www.theratalk.de/paartherapie.html auch online beraten lassen. Es handelt sich hierbei um ein wissenschaftliches Projekt der Georg-August Universität Göttingen. Dort besteht durch Teilnahme an wissenschaftlichen Tests weiterhin die Möglichkeit, mehr über die eigene Partnerschaft zu erfahren.
Quellenangaben
- Kröger, C. (2011). Paartherapie nach Affäre. Technische Universität Braunschweig.
- Plack, K., Kröger, C., Allen, E.S., Baucom, D.H. & Hahlweg, K. (2010). Risikofaktoren für Untreue – warum Partner fremdgehen. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 39(3), 189-199.
- Schmidt, G., Starke, K., Matthiesen, S., Dekker, A. & Starke, U. (2003). Beziehungsformen und Beziehungsverläufe im sozialen Wandel. Eine empirische Studie an drei Generationen. Zeitschrift für Sexualforschung, 16, 1-38.
- Wirsching, M. (2005). Paar- und Familientherapie: Grundlagen Methoden Ziele. München: Verlag C.H. Beck oHG.