Spätestens mit Ausbruch der Finanzmarktkrise hat sich gezeigt, dass Anlageberater ihren Kunden bewusst zu hochriskanten Finanzprodukten raten um durch deren Verkauf höhere Provisionen zu erhalten (Csizi, 2009; Goos & Hoppe 2008). Viele haben dadurch ihr Geld verloren (Mihrn, 2010). Doch wie lässt sich strategisches Verhalten verhindern?
Was ist strategisches Verhalten?

Fokussierung auf die Belohnung © Images Money under cc
Beratungen sind häufig so konzipiert, dass nicht die Wahrheit sondern der Gewinn im Vordergrund steht (Kieser, 2002; Kramer, Stark & von Ameln, 2007). Dies bekommt der Beratende besonders dann zu spüren, wenn sich seine Interessen von denen des Beraters unterscheiden. Laut Prinzipal-Agent-Theorie (Jensen & Meckling, 1976) würde der Berater in diesem Fall strategisches Verhalten vorziehen, indem er seinen Wissensvorsprung zum eigenen Vorteil und zum Nachteil seines Kunden ausnutzt (Ebers & Gotsch, 2006; Picot, Dietl & Franck, 2008).
Warum zeigen Berater strategisches Verhalten?
Strategisches Verhalten basiert auf dem Prinzip der operanten Konditionierung (Thorndike, 1911). Berater richten ihr Handeln demnach auf extrinsische Anreize aus. Diese beziehen sich auf die Folgen, die mit dem Ausführen einer Handlung verbunden sind (Rheinberg, 2006). Beispielsweise wird eine Tätigkeit durchgeführt, weil sie mit einer gewissen Belohnung in Zusammenhang steht. Sprenger (2010) spricht in diesem Zusammenhang von einem Verdrängungseffekt. Demnach verdrängt das extrinsische Interesse an der Belohnung das Interesse an der eigentlichen Tätigkeit. Der Berater würde sich also nur auf die Erfüllung des Bonusplans fixieren und das Wohl des Kunden aus den Augen verlieren.
Strategisches Verhalten im Rahmen der Anlagenberatung
Bergmann et al. (2010) konnten strategisches Verhalten in Bank- und Finanzdienstleistungsunternehmen nachweisen. Die Kunden erhielten die Aufgabe, sich nach inflationssicheren Anlagen wie Immobilien oder Gold zu erkundigen. Im Rahmen des Gespräches zeichnete sich ab, dass die Kunden häufig auf das Inflationsrisiko von Geldanlagen hinwiesen und sich nach inflationssicheren Anlagen erkundigten, während die Bankberater wenig auf diesen Umstand eingingen oder das Risiko fälschlicherweise als gering bezeichneten. Des Weiteren hatten diese ein großes Interesse daran, dem Kunden Finanzprodukte ohne Inflationsschutz zu verkaufen. Diese spiegelten zentrale Vorgaben des Unternehmens wider und warfen eine hohe Rendite für den Berater ab. Lediglich eines der vierzehn untersuchten Unternehmen hat inflationssichere Anleihen empfohlen. Folglich stellen die Berater eigene und unternehmerische Interessen vor die Bedürfnisse des Kunden. Hierfür sind sie bereit, Bedenken des Kunden mit falschen oder unsachlichen Argumenten zu begegnen.
Wie kann strategisches Verhalten vermieden werden?
Schutzmaßnahme 1: Informationen einholen
Entscheidend ist, dass der Bankkunde vor Unterzeichnung eines Anlagevertrages mehrere Berater konsultiert oder sich im Vorfeld selbst informiert, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Dann würde er schädliche Ratschläge auch eher ablehnen, sofern er das Gefühl hat, dass diese von seiner Meinung zu sehr abweichen (Yaniv, 2004). Je mehr der Beratende es hingegen versäumt sich im Vorfeld mit der Thematik auseinanderzusetzen, desto eher wird er den Rat übernehmen (Harvey & Fischer 1997; Sniezek & Buckley, 1995). Hier bestünde die Gefahr, sich leichtfertig auf eine schlechte Geldanlage einzulassen.
Schutzmaßnahme 2: Androhung der Gefährdung der Reputation
Die Reputation des Beraters bzw. Unternehmens wirkt sich auf die Kundenbindung (Hagvaag, 2007) und die Übernahme des Rates (Yaniv & Kleinberger, 2000) aus. Signalisiert der Kunde seinem Berater freundlich, dass er ihn im Falle einer ineffektiven Beratung nicht weiterempfiehlt, müsste dieser in Zukunft mit weniger Beratungsaufträgen und Vertragsabschlüssen rechnen.
Quellenangaben
- Bergmann, M., Daum, R., Schütte, C., von Landenberg, M., Reim, M., Saurenz, D. & Thamm, L. (2010). Denn sie wissen nicht, was sie tun. Capital, 8, 20-29.
- Csizi, V. (2009, Mai). Gut beraten in der Finanzkrise. Der Tagesspiegel. Online verfügbar (31.08.2011).
- Ebers, M. & Gotsch, W. (2006). Institutionenökonomische Theorien der Organisation. In A. Kieser & M. Ebers (Hrsg.), Organisationstheorien (6., durchges. Aufl., S. 247–308). Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer.
- Goos, H. & Hoppe, R. (2008). Das Depot. Der Spiegel, 27, 48–52.
- Hagvaag, B. (2007). Trimedia-Umfrage: Ein guter Ruf zahlt sich aus. Pressemitteilungen. Online verfügbar (31.08.2011).
- Harvey, N. & Fischer, I. (1997). Taking advice: Accepting help, improving judgment and sharing responsibility. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 70, 117–133.
- Jensen, M.C. & Meckling, W.H. (1976). Theory of the firm: Managerial behavior, agency costs and ownership structure. Journal of Financial Economics, 3, 305–360.
- Kieser, A. (2002). Wissenschaft und Beratung. Heidelberg: Springer.
- Kramer, J., von Ameln, F. & Stark, H. (2007). Hidden Agendas in Beratungs- und Veränderungsprozessen. Gruppendynamik und Organisationsberatung, 38, 234-246.
- Mihrn, O. (2010). Den Kunden lieben. Manager Magazin. Online verfügbar (31.08.2011).
- Picot, A., Dietl, H. & Franck, E. (2008). Organisation: Eine ökonomische Perspektive (5., durchges. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
- Rheinberg, F. (2006). Intrinsische Motivation und Flow-Erleben. In J. Heckhausen & H.Heckhausen (Hrsg.), Motivation und Handeln (3., durchges. Aufl., S. 331–354). Berlin: Springer.
- Sniezek, J.A. & Buckley, T. (1995). Cueing and cognitive conflict in judge-advisor decision making. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 62, 159–174.
- Sprenger, R.K. (2010). Mythos Motivation. Wege aus einer Sackgasse (19., durchges. Aufl.). Frankfurt, New York: Campus Verlag.
- Thorndike, E.L. (1911). Animal intelligence: Experimental studies. New York: Macmillan.
- Yaniv, I. & Kleinberger, E. (2000). Advice taking in decision making: Egocentric discounting and reputation formation. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 83, 260–281.
- Yaniv, I. (2004). Receiving other peoples’s advice: Influence and benefit. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 93, 1-13.