Narzisstische Beziehungen sind häufiger, als man denkt. Toxische Beziehungen gibt es seit vielen Jahrhunderten. Nicht immer lassen sie sich ausblenden und man ist gezwungen, mit Menschen, die eine eher narzisstische Persönlichkeitsstruktur entwickelt haben, weiterhin Kontakt zu halten. Etwa weil gemeinsame Kinder mit im Spiel sind. Oder weil das Verhalten der eigenen Mutter beziehungsweise des Vaters narzisstisch motiviert ist. Solche Beziehungen zu kappen, ist schwierig bis unmöglich. So ergeht es vielen, damals wie heute. Heutzutage spricht man lediglich offener darüber. Eine spezielle Form der Kommunikation mit Narzissten kann den Umgang erleichtern.
Selbstverständlich gelten die nachfolgenden Empfehlungen nur innerhalb eines Kontinuums, in welchem keine körperlichen oder verbalen Übergriffe herrschen. In solchen Fällen ist Distanzierung das Mittel der Fürsorgepflicht. In diesem Artikel beziehen wir uns eher auf die in der Gesellschaft weit verbreiteten, narzisstisch motivierten Persönlichkeitstendenzen, welche eine Dyade gehörig erschweren können.
Grundlagen: Narzissmus als Störung des Selbstwerts
Narzissmus ist eine Störung des Selbstwertes, das muss man zunächst erst einmal verstehen. Nicht ein zu niedriger sondern ein labiler Selbstwert wohnt einer solchen Persönlichkeit inne. Diesen versuchen Narzissten unbewusst, mit aller Macht und Manipulation zu schützen.
Eine mangelnde Kritikfähigkeit sowie verminderte Einfühlungsbereitschaft gehen damit einher, weil es eben für Narzissten wichtig ist, den eigenen labilen Selbstwert aufrechtzuerhalten.
Folglich muss ein guter Umgang mit Narzissten her, um Wissen und Verhalten einen zu können.
Gesunde Kommunikation ist Gewaltfreie Kommunikation
Gewaltfreie Kommunikation ist ein Ansatz, der vor vielen Jahrzehnten von Marshall B. Rosenberg geprägt wurde. Die Gewaltfreie Kommunikation dient nicht der bloßen Kommunikation, nein, sie bietet gleichermaßen eine Konfliktlösung an, aber auch den eigenen Selbstwert zu schützen, indem man schlicht und ergreifend bei sich selbst bleibt. Überhaupt, steht parallel zur Arbeit im Umgang mit einem Narzissten die Arbeit an sich selbst im Vordergrund. Mehr Abgrenzung zum anderen. Mehr Vertrauen in die eigene Wahrnehmung. Mehr Selbstvertrauen, mehr Eigenverantwortung.
Gewalt: Wie definiert sie sich?
Nach Rosenberg fängt Gewalt bereits beim Denken und Sprechen an. Immer dann, wenn wir moralische Urteile fällen – was ist gut, was ist böse, was dumm oder schlau? –, findet bereits eine Form der Übergriffigkeit statt. Genauso wenn wir, indem wir auf unsere eigenen Bedürfnisse achten, die Bedürfnisse anderer übergehen und verletzen.
Uns, von psymag.de, ist durchaus klar, dass dieser Artikel einen Widerspruch in sich trägt. Denn indem man wertet, der andere sei ein Narzisst, untergräbt man schon die Richtlinien Gewaltfreier Kommunikation. Doch eben weil so viele verzweifeln in toxischen Beziehungen bezüglich der Kommunikation, haben wir diesen Widerspruch zugunsten einer pragmatischen Lösung in Kauf genommen. Fahren wir also fort.
Ist der andere Schuld an unseren Gefühlen?
Nein, nicht direkt. Und außerdem auf eine Gesellschaft bezogen, in welcher niemand in einer Beziehung gefangen oder versklavt wird. Können solche Fälle demnach ausgeschlossen werden (wovon auszugehen ist), gilt es, einen gedanklichen Umweg zu nehmen: Indem wir es zulassen, dass unsere Bedürfnisse verletzt werden, üben wir Gewalt an uns selbst. Schlichtweg, weil wir keine Grenzen setzen.
Druck ausüben, Manipulationen, Forderungen oder gar Schuldzuweisungen sind fehl am Platz. Auch enttäuschtes Zurückziehen, bestrafende Ignoranz sind unangebracht. Gewaltfreie Kommunikation basiert auf einer ehrlichen, bedürfnisorientierten Kommunikation, welche andererseits Empathie für den anderen aufbringt und den aufrichtigen Versuch, dessen Ansichten zu verstehen – ohne sich dabei selbst zu opfern oder unterzuordnen, wie es in toxischen Beziehungen, bei der Kommunikation mit Narzissten, allzu oft der Fall ist.
Was passiert wenn Bedürfnisse nicht erfüllt werden?
Übergeht man seine eigenen Bedürfnisse, kann es zu Frustration, Angst, Stress, Trauer und Verwirrung kommen. Die eigene Seele fühlt sich nicht mehr gehört. In der psychologischen Praxis erlebt man sehr häufig, dass Opfer narzisstischen Missbrauchs kaum noch Selbstvertrauen besitzen, dafür aber eine Vielzahl an Ängsten. Sie haben das Gefühl, sich selbst nicht mehr trauen zu können. Ein passender Ansatz wäre eine Traumatherapie und der damit einhergehende systematische Aufbau des eigenen Selbst.
Kommunikation mit Narzissten: Nur wie?
Sind die eigenen Bedürfnisse dagegen erfüllt, erlebt man sich voller Energie, Glückseligkeit und Mut zum eigenen Ich.
Dieser Gegensatz – zwischen der momentanen Nichterfüllung / Unterordnung der eigenen Bedürfnisse denen des anderen und andererseits dem natürlichen Wunsch nach Selbstfürsorge – ist der Zwiespalt, welchen man sich in der Kommunikation mit Narzissten stets vor Augen führen muss. Auf welcher Höhe befindest du dich gefühlt während der Kommunikation? Auf Augenhöhe? Und wo möchtest du dich positionieren?
Um für sich einzustehen, benötigt man Ruhe. Welches Bedürfnis sehe ich bei mir gerade nicht erfüllt? Und was kann ich tun, dieses zu erfüllen, ohne dabei das Bedürfnis des anderen zu negieren? Das ist der Leitfaden, der rote Faden, an dem man sich in einer ursprünglich toxischen Gesprächsführung langhangeln muss.
Gewaltfreie Botschaften
Ziel in der Kommunikation mit Narzissten ist es, gewaltfreie Botschaften zu formulieren, um den Selbstwert des Gegenübers nicht ins Wanken zu bringen. Ein respektvolles Miteinander sollte stets die Devise im Umgang sein, bei Menschen mit einem labilen Selbstwert ist sie umso wichtiger.
Erspüre dein eigenes Bedürfnis.
Die Grundlage der Formulierung gewaltfreier Botschaften ist zunächst das Erspüren des eigenen Bedürfnisses, welches sich gerade Gehör verschaffen möchte. Gemeint ist nicht, alles von sich preiszugeben, was einen ausmacht. Denn das bietet leider allzu schnell im Umgang mit Narzissten Angriffsfläche zur Manipulation. Gemeint ist nur, bezogen auf das jeweilige Gesprächsthema das eigene Bedürfnis zu formulieren. Worum genau geht es dir? Was fühlst du; was spürst du? Was wünschst du dir?
Formuliere es.
Und zwar glasklar. Ehrlich, authentisch. Es geht nicht darum, sich zu offenbaren. Sondern es geht darum, selbstbewusst bei sich zu sein. Es ist nicht wichtig, was der andere mit deinem Bedürfnisausdruck macht, wenn du es ihm auf einem Silbertablett servierst. Es ist nur wichtig, dass du für dich Sorge trägst und dein Bedürfnis formulierst.
Vermeide die Metabene.
Verstecke in deiner Botschaft keine unterschwelligen Aggressionen, Vorwürfe, Mitleidserregungen etc. Denk daran, der andere ist nicht für deine Gefühle verantwortlich. Das bist ausschließlich du! Formuliere deinen Wunsch der Bedürfniserfüllung als Bitte und bleibe bei dir, ohne dich unterzuordnen. Das bringt auch Ruhe in die Kommunikation.
Höre zu.
Versuche, ohne Wertung zu verstehen, welches Bedürfnis der andere formuliert. Übe dich in aufrichtiger Empathie, ohne deine Bedürfnisse zu vernachlässigen. Vor allem in einer toxischen Beziehung ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass beide Bedürfnisse eine gleichwertige Existenzberechtigung haben.
Wie lassen sich beide Bedürfnisse in Einklang bringen?
Gerade wenn es um Themen hinsichtlich der gemeinsamen Kinder geht, ist es wichtig, nach einer toxischen Beziehung zu einer Einigung zu kommen, die für alle möglichst schadenbegrenzend ist. Die Gewaltfreie Kommunikation kann in der Kommunikation mit narzisstisch geprägten Personen eine solide Basis sein, Angriffe, Beleidigungen und Streit aus der Gesprächsführung zu nehmen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Vereinbarkeit ehrlich formulierter Bedürfnisse.
Gewaltfreie Kommunikation im Überblick
- Übe dich in der konkreten Wahrnehmung, statt in der Verstrickung von Interpretationen.
- Erspüre deine Gefühle, anstatt zu urteilen.
- Formuliere deine Bedürfnisse, anstatt dich angelernter Manipulationstechniken zu bedienen.
- Bitte, ohne dich unterzuordnen. Fordere nicht.
Sollte diese Art der Kommunikation mit Narzissten zunächst nicht fruchten oder in Beleidigung oder Herablassung münden, ist selbstverständlich Grenzziehung und Distanzierung / vorübergehendes Pausieren eine weitere Möglichkeit der (Nicht-) Kommunikation.