Mann vor Sexfilm

Der kurze Pornokick, der irgendwann zur Sucht wird. © Soldatnytt under cc

Pornosucht und Sexsucht: allgegenwärtig, verborgen, schambehaftet. Pornografie und Sex gehören zu unserem Alltag und ein Industriezweig mit Milliardenumsätzen wird dafür sorgen, dass dies auch so bleibt. Über die Gefahren und Folgen herrscht noch immer breites Unwissen und es mangelt an qualifizierten Therapeuten.

„Ich kann mich doch gar nicht entscheiden, ist alles so schön bunt hier… ich glotz‘ TV … TV ist eine Droge … TV macht süchtig“ singt Nina Hagen vor knapp 40 Jahren. Die Einstiegsdroge heute ist nicht mehr das Fernsehen, sondern die bunt glitzernde Welt des Internet. Spätestens in der Sekundarstufe I nimmt sie über das Smartphone Einzug in Kinderwelten, die sich rasch über soziale Netzwerke, Onlinespiele und diverser Sexwebseiten sozialisieren.

Das Internet steht für Information, Austausch, Anerkennung, Spannung, Geheimnis, Abenteuer, Trost, Ablenkung, Entspannung und vieles mehr. Es ist verständlich, dass Eltern besorgt reagieren, wenn die Aufmerksamkeit ihrer Kinder von ihrem Smartphone völlig absorbiert wird, kaum noch Austausch stattfindet, sich Toilettenzeiten mit Smartphone schnell mal verzehnfachen und eine große „Black Box“ besteht, womit sich die Kinder ihre Zeit vertreiben, wenn sie unbeobachtet sind.

Was die Betrachtung von Gang-Bang und Deep-Throat-Videos vor dem ersten Kuss mit sich bringen, zeigen eigene Erfahrungen in meiner Praxis, wo die Schere immer weiter auseinandergeht. Auf der einen Seite finden sich eine Vielzahl an „Unberührten“, die trotz einschlägiger Interneterfahrung überhaupt nicht mehr in Kontakt mit realen Partner kommen. Auf der anderen Seite finden sich viele junge Erwachsene mit ausgeprägt zwanghaft bis süchtigen Zügen, stark risikobehaftetem Verhalten und einer teilweise schier unüberschaubar hohen Anzahl an Sexualpartnern.
Auffallend ist auch die zunehmende Anzahl von Kindern mit der Diagnose AD(H)S, die schon ca. 50 % aller Behandlungseinheiten in Praxen für Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter füllen. Bei dieser Zielgruppe liegt ein mehrfach erhöhtes Suchtrisiko vor und das Internet stellt hier eine besondere Gefahr dar.

Erwachsene fungieren bekanntermaßen als Rollenmodell für Kinder. Eltern, die mehr Interesse an ihrem Onlinegeschehen als an Ihren Kindern haben, finden sich zunehmend. Insbesondere bei Sexsucht sprechen wir von einer hohen Dunkelziffer, da hier die zwei schambehafteten Themen Sucht und Sex aufeinandertreffen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland ca. 3% aller Erwachsenen betroffen sind. Die Sucht läuft über Jahre bis Jahrzehnte tabuisiert im Geheimen, häufig auch für den Süchtigen, der sein Verhalten vor sich selber und anderen leugnet. Die Sucht kann fatale Auswirkungen für die Betroffenen und alle direkt im Umfeld lebenden Partner und Kinder haben.

Das Internet macht es möglich

Pornos, Dating-Plattformen und eine unendliche Anzahl an sexueller Dienstleistungen konkurrieren um das klassische Revier der Paarbeziehung. Treue schließt bei vielen Paaren eine verbale (Austausch von sensiblen Informationen) und nonverbale (Sexualität) Exklusivität mit ein, wenigstens zu Beginn der Beziehung. Kommen dann erste Probleme auf, ist die Flucht ins Internet sehr attraktiv, da hier auf Mausklick gute Gefühle zu bekommen sind. Dies alles getarnt hinter dem Schleier von Arbeitseifer, denn der PC und das Handy sind für viele Menschen ein Arbeitsmittel, hinter dem das Versteckspiel vor dem Partner und der Familie oft jahrelang unentdeckt bleibt. Häufig besteht auch schon ein suchtartiges, seit der Jugend antrainiertes Verhalten, welches im Verborgenen bleibt und dann heimlich ausagiert wird.

Nacktfotos und Pornos mit dazugehöriger Masturbation sind der häufigste Einstieg. Für viele noch völlig ungefährlich aber hochgradig attraktiv, da sie einem eine sehr gute Projektionsfläche für unerfüllte sexuelle Wünsche bietet und den Eintritt in ein initial verführerisches Schlaraffenland gewähren. Oftmals nimmt hier der Kreislauf aus Frust und Problemen im realen Leben – Flucht in die Welt des Internet – sexuelle Befriedigung – Verheimlichung – Scham – zunehmende Isolation seinen Lauf.

Ganz unterschiedliche Ausgangszustände wie Langeweile, Wut, Frust, Freude oder Unaufmerksamkeit führen zu einer gleichsamen sexualisierten Reizantwort mit geheimen ritualisierten Masturbationsvorgängen vor Pornos. Die Bilder und Filme in Kombination mit dem Hormonkick des Orgasmus prägen sich tief in unser innerstes Seelenleben ein und heben die Messlatte der Erwartungen an das reale Leben hoch. Auch hier gibt es das für die Sucht typische Merkmal der Dosissteigerung. Am Anfang reichten einfach Bilder, welche die Vorstellungskraft fütterten, im weiteren Verlauf wird immer mehr Zeit mit der Suche nach besonderen Sexvideos mit teilweise grenzwertigen und gewaltverherrlichenden Inhalten aufgewendet. So werden gigantisch Mengen an Material über Jahre hinweg kategorisiert und abgespeichert. Die dazu gehörende optimale Stimulation mittels Megavibrator à la Magicwand oder die eichelbetonte Masturbation in der Frequenz von x mal/Min. bei wechselnder Bilderfolge, ist im realen Geschlechtsakt mit Partner nur schwerlich zu erreichen. Es finden Konditionierungsprozesse statt, die als Folge Störungen des Orgasmus (vor allem Verspätung oder Ausbleiben des Orgasmus), der Erektion und der Appetenz mit sich bringen können. Die pornoinduzierte erektile Dysfunktion nimmt besonders bei jungen Männern dramatisch zu. Da zu schambesetzt, wird darüber oft in der Partnerschaft nicht offen und ehrlich gesprochen, mögliche Zusammenhänge mit Pornokonsum verneint oder verdrängt. Partnerschaftliche Probleme in der Sexualität werden dann durch noch mehr Ausleben der eigenen Sexualität im Geheimen kompensiert, ein Teufelskreis aus Sprachlosigkeit, zunehmender Isolation bei gleichzeitiger Ruhe- und Rastlosigkeit tritt auf.

Sexsucht kann ein teurer Spaß werden

Hnad auf Notebook vor Porno

Denn sie wissen nicht, was sie tun… © Dr. Heike Melzer

Viel Zeit vor Pornos und sexualisiertem Material beeinflusst das Gehirn nachhaltig und die Pornofilme laufen bei suchtanfälligen Menschen im Kopfkino weiter. Viele Stunden am Tag werden mit sexuellen Fantasien verbracht. Durch die übernatürlichen Stimuli der Bilder – mit oder ohne Masturbation – werden Dopamin-Kicks ausgelöst, die direkt auf das Belohnungssystem des Gehirns wirken. Eine anfängliche Sensibilisierung mit starker Reiz-Reaktion folgt ein langsam schleichender Prozess der Desensibilisierung mit hirnorganisch nachweisbaren Veränderungen. Der Wunsch nach Realisierung und Reizoptimierung des im Geheimen erlebten einsamen Vergnügens wächst. In einer Übergangsphase werden Fühler ausgestreckt nach realen Kontakten, initial oftmals noch im virtuellen Kontext über Sexchats, anonymisierten Flirts oder dem Einholen konkreter Information über sexuelle Dienstleistungen im Internet.

Weiter progredient wird versucht reale Sexpartner zu finden, mit denen die eine oder andere Fantasie zu erleben wäre. Männer aller Schichten bedienen sich hier allein in Deutschland einer großen Anzahl von geschätzt 1 Mio. Sexarbeiterinnen, die legal oder illegal dem Gewerbe nachgehen und ihre Dienste in entsprechenden Laufhäusern, Saunaclubs, Modellwohnungen oder in Teilzeit als Nebenjob auf Webseiten anpreisen. Im Internet für jedermann frei nachlesbar werden zu Messezeiten oder Peaks wie dem Oktoberfest Hundertschaften von Frauen eingeschleust, oftmals aus den ärmeren osteuropäischen Ländern. Das erste Mal bei einer Sexarbeiterin ist für die meisten Männer eine größere Überwindung oder Mutprobe. Dann bahnt sich die Sucht weiter Ihren Weg und seriöse Familienväter oder feine Geschäftsleute werden in ihrem Doppelleben zu Freiern, die sich je nach Geldbeutel auf dem Straßenstrich einen Blowjob bei den Armutsprostituierten für 20 Euro holen oder sich in feinen Hotels mit Escorts für 2.000 Euro/Nacht vergnügen.

Dies ist eines der Bereiche in Beziehungen, der am meisten tabuisiert wird und damit oftmals völlig im Verborgenen bleibt. Sexarbeiterinnen und Freier sind sich dabei oftmals ähnlicher als ihnen lieb ist. Beide versuchen ein empfundenes Defizit im Bereich Selbstwert zu kompensieren und geben sich dabei einer Illusion hin. Am Ende steht der Akt der „Entwertung“, der symbolisch durch die Geldübergabe stattfindet. Eine wirkliche Nähe, nährende Befriedigung und nachhaltig Beziehung findet nicht statt, ganz im Gegenteil werden Freier häufig von schlechtem Gewissen geplagt, sie fühlen sich ebenso wie die Sexarbeiterinnen „beschmutzt“ und durch das inadäquate Milieu erniedrigt. Damit weicht die Freude, Spannung und Aufregung vor dem Besuch einer Enttäuschung am Ende, gefolgt von weiterer Ruhe- und Rastlosigkeit, die immer wieder neue Besuche bahnt nach dem Motto: „vielleicht wird mir das nächste Mal das gegeben, was ich brauche um meine Defizite auszugleichen“.

Hinzu kommt ein großer Trend, der in Richtung anonymen Sex geht, vor allem im homosexuellen Bereich mit entsprechenden Cruising-Zonen, Klappen, Glory-holes. Hier geht es wenig selektiv zu und die rasche Triebabfuhr steht im Vordergrund. Diese Gelegenheiten werden nicht immer nur von homosexuellen, sondern durchaus auch im offiziellen Leben heterosexuell lebenden Männern aufgesucht.

Auf der anderen Seite steht der zunehmend größerer Markt von Börsen für Affären, Freundschaft-Plus, und verschiedensten Lebensformen à la „JOYclub“. Die Sucht verschleiernd, werden Partner manchmal dazu überredet Teil der „Sex-Beschaffung“ im Rahmen von Paartausch oder Besuch von Swinger Clubs und entsprechenden Partys zu werden. Mein Partner als Pfand, um an weitere Sexkontakte zu kommen. Paare, die hier am „Markt der Möglichkeiten“ agieren, kennen oftmals die versteckte Agenda und wirklichen Wünsche und Absichten des eigenen Partners nicht. Am Anfang ist alles aufregend und neu, doch irgendwann merken die Personen, das auch hier ganz reale Personen mit vielen Problemen hinter den Hochglanzbildern und optimierten Profilen stecken. Viele Beziehungen halten die Belastungsproben der verführerischen Welt nicht aus, es kommt zu Vertrauensverlusten und fatalen Ausgängen.

Die ganze Entwicklung in die Sexsucht ist ein großes Kontinuum, die Stufen sind fließend und am Ende vermischt sich ein großes Repertoire von Pornokonsum, Masturbation, Affären, Besuch von Sexarbeiterinnen und/oder anonymen Sex neben dem partnerschaftlichen Sex in der Ehe. Einige meiner betroffenen Klienten verwenden fünfstellige Beträge im Monat für die Ersteigerung von „Entjungferungen“, Buchung von Escort und haben weit über 10 Geliebte parallel. Betroffene vernachlässigen ihren Job, die Partnerschaft und Kinder, geraten zunehmend in eine Isolation, gehen immer größere Risiken ein, auch im Bereich Gesundheit.

Fakt ist: hohe Promiskuität und Sex mit Risikogruppen, zu denen auch Sexarbeiterinnen gehören, mit teilweise unsicheren Praktiken wie ungeschützter Sex (auch ungeschützter Oralsex zählt dazu, der bei den meisten Sexarbeiterinnen zum Standardprogramm gehört um wettbewerbsfähig zu bleiben), führen zu erheblichen Kollateralschäden.

Es baut sich ein Lügengerüst auf, die Betroffenen kommen immer mehr unter Druck, wirken in der eigenen Beziehung abwesend oder aggressiv. Die anfängliche Freiheit wird zunehmend zu einem Gefängnis, aus anfänglichen Tätern werden Opfer. Oftmals braucht es Jahrzehnte bevor den Betroffenen das Ausmaß ihrer Sucht klar wird. Ein sehr großes Leid für Betroffene, aber auch für Partner und Kinder, die in Suchtfamilien eingebunden sind und leiden, ohne die fehlenden Puzzlestücke im Einzelfall zu kennen.

Von der schnellen Lust zum Beziehungsfrust

Mann mit Frauenbildern im Hosenbund

Sexsüchtige haben oft viele Beziehungen parallel. © Indi Samarajiva under cc

Im Vergleich zu stoffgebundenen Süchten wie Alkohol und Nikotin, liegt bei der Sexsucht der große Deckmantel der Verschwiegenheit drüber. Betroffene nehmen den Kontakt zu Therapeuten oder Selbsthilfegruppen oftmals erst dann auf, wenn sie selber merken, dass sie die Kontrolle verloren haben und sich im realen Leben zunehmend isolieren und finanziell verausgaben. Versuche, den Pornokonsum zu stoppen und mit der Masturbation aufzuhören, scheitern nach wenigen Tagen. Die unzähligen Verstrickungen der Sucht im Alltag, die starken ritualisierten Gewohnheiten, die große Scham und die Angst entdeckt zu werden machen es unendlich schwer dem Thema ins Auge zu schauen.

Häufiger wird das Ausmaß der Sucht erst durch kleine Unachtsamkeit im Verwischen von Spuren und der dadurch erwachenden Aufmerksamkeit des Umfeldes aufgedeckt. Verändertes Verhalten am Smartphone, nächtelanges „Arbeiten“ am PC, Verschwinden größerer Geldsummen vom Konto, lange unbeobachtete Zeiten im Bad mit Smartphone, nicht gelöschte History´s im Internet, Unachtsamkeit mit den immer mehr verbundenen Medien und Möglichkeiten des Trackings über das Smartphone, Anzeigen oder Strafbescheide z.B. bei der Kontaktanbahnung im Sperrbezirk – früher oder später kommt etwas zum Vorschein. Partner finden sich dann im Schockzustand, wenn Sie über die Themen oftmals völlig naiv und unfreiwillig stolpern. Es wird abgestritten und Partner kontrollieren bei Verdacht übergriffig, bis nichts mehr abzustreiten ist und die Wahrheit auf dem Tisch liegt. Dies geht oftmals über Jahre hinweg. Die häufigsten Gründe warum Betroffene therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen sind: Jobverlust, Beziehungsaufkündigung durch den Partner, sexuell übertragbare Krankheiten, finanzieller Ruin oder massive sexuelle Funktionsstörungen.

Die Konfrontation mit dem Thema Sexsucht erfolgt oft über Angehörige, die entsprechende Literatur lesen und dann Kontakt zu geschulten Therapeuten aufnehmen. Betroffene merken, dass Abstinenzphasen nicht mehr möglich sind und stolpern über entsprechende Berichte im Internet. Das Ausmaß der Krise ist häufig eklatant, so dass viele Klienten erst in einem sehr weit fortgeschrittenen Stadium Hilfe in Anspruch nehmen, um aus ihrer Isolation zu treten. Der Anstoß kann zwar von dem Umfeld kommen, das System schließt jedoch therapeutische Maßnahmen aus. Oftmals erlebe ich, dass Angehörige sehr engagiert sind, sie können aber die Probleme des Betroffenen nicht lösen und sind über die Symptomatik leidvoll selber verstrickt.

Die hoffnungsvolle Nachricht ist, dass Suchtverhalten verändert werden kann, auch wenn der Prozess zäh und langwierig ist. Immerhin besteht Hoffnung auf nachhaltig gute Resultate. Dabei ist es sehr wichtig, dass der Klient selber zu dem Punkt kommt, dass er Hilfe in Anspruch nehmen muss. Eine heilsame Kapitulation und die bittere Wahrheit, dass er es aus eigener Kraft nicht schafft aus dem Teufelskreis herauszukommen.

Ganz am Anfang der Therapie steht somit die Erkenntnis: „Ja ich bin sexsüchtig – ich habe die Kontrolle über mein Verhalten verloren“. Die Erfahrung, sich professionelle und nicht stigmatisierende Hilfe zu holen und offen über das bisher verschlossene und schambesetzte Kapitel seines Lebens zu sprechen, kostet Mut und große Überwindung, führt aber zu einer ersten spürbaren Entlastung. An dem Punkt angekommen, fängt die Arbeit aber erst richtig an. Wichtig für den Betroffenen ist es, sich von allen Suchtauslösern zu trennen. Dazu gehört es ebenso gespeichertes Material zu löschen, sich von Internetplattformen abzumelden, den Kontakt zu potentiellen Sexpartnern zu beenden, Email-Accounts zu kündigen, sich aus sozialen Medien abzumelden, bestimmte Orte wie den Straßenstrich oder Laufhäuser zu meiden, Sexspielzeug zu entfernen, Kindersicherungen auf Smartphones zu installieren und vieles mehr.

Aus meiner Erfahrung ist eine dreimonatige Zeit der Abstinenz unabdingbar (Rebooting), wobei darüber zu sprechen ist, was Abstinenz bedeutet. Für den einen gehört es dazu, auf sämtliche Sexualität inklusive Masturbation und Pornografie zu verzichten, für den anderen gehört gelegentliche Masturbation oder der partnerschaftliche Sex nicht dazu. Dies ist eine sehr anspruchsvolle Zeit, die mit therapeutischer Hilfe und im Rahmen von Selbsthilfegruppen (anonyme Sexsüchtige, sex- and love addicted anonymous) besser zu überstehen ist. Der Gang zum Arzt ist ebenfalls erforderlich um zu schauen, ob sexuell übertragbare Krankheiten als Folge der Sexkontakte bestehen.

Auch der Partner braucht Hilfe

Oftmals ist die individuelle Analyse der Situation des Betroffenen und seine Entwicklungsgeschichte sehr relevant für den Heilungsprozess. Es muss ein klares Ziel definiert werden, weg von dem Problem, hin zu einem Ziel, wofür sich all die Mühe lohnt. Dabei sollten sich Bewusstsein und Unterbewusstsein gleichermaßen unterstützen. Sehr hilfreich haben sich hier moderne hypnotherapeutische Ansätze erwiesen, die auch in anderen Suchtbereichen vergleichsweise schnell zu einer nachhaltigen Reduktion des Suchtdrucks führt.

Es kommen ebenso Techniken der Teilearbeit und der Externalisierung von Gedanken zum Einsatz wie mentale Techniken aus der Verhaltenstherapie, immer mit dem Fokus auf eine wertschätzende und nachhaltige Ressourcenorientierung der Klienten. Die Lösungen liegen bei den Klienten alle schon parat, durch geschulte Therapeuten müssen sie jedoch in den bewussten Bereich gehoben werden. Diese Arbeit ist am ehesten in einer Einzeltherapie zu erreichen.

Aus meiner Erfahrung kann es sinnvoll sein, eine begleitende Paartherapie anzustoßen, damit wieder Vertrauen in die Beziehung einzieht und damit heilsame Wiedergutmachungsprozesse stattfinden können. In der Beziehung ist gegenseitige Wertschätzung das Fundament auf dem Liebe, Nähe und partnerschaftliche Intimität überhaupt erst wieder wachsen kann. Dies verlangt von beiden Seiten auch ein Loslassen von zerplatzten Träumen, von Schuldvorwürfen, Ansprüchen aber auch von einer Akzeptanz der Situation.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist es, raus aus der Isolation zu kommen. Dazu gehören die Pflege von Freundschaften, ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, Sport und Ausflüge in die Natur, um mit allen Sinnen achtsam im Hier und Jetzt das Umfeld zu genießen. Auch gehört dazu eine höhere Präsenz in der Familie, sich aktiv wieder den Kindern zu widmen und aktiv an ihrem Leben teilzunehmen, private und berufliche Projekte in Angriff zu nehmen oder sei es nur die längst überfälligen Reparaturen oder die liegengebliebene Steuererklärung zu Ende zu bringen. Auch kann mit der wiedergewonnenen Zeit neue Hobbys entwickelt werden, die schon lange einmal auf Realisierung warten.

Der Weg zurück in die Freiheit ist ein sehr lohnenswerter und viele Klienten berichten darüber, dass ihr Leben nach der Sucht für sie neu gestartet ist.