Analoges Denken wird von den einen geliebt, von anderen gehasst, von allen verwendet und den meisten ist nicht bekannt, was analoges Denken eigentlich ist. Analoges Denken ist die Fähigkeit Beziehungen zwischen Bereichen herzustellen, die erst mal nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben, die sich aber durch eine gewisse Strukturähnlichkeit auszeichnen. Jedenfalls sieht der Betrachter eine innere Verwandtschaft, in einigen Fällen eine tieferliegende Kausalität. Damit ist analoges Denken zwar ’nur‘ eine Art des Hinsehens, aber das gilt für die Logik auch.
Strukturähnlichkeiten erkennen wir zum Beispiel zwischen Tieren, die fliegen können. Ob Vögel, Säugetiere oder Insekten, die andere biologische Klassen und sogar noch viel weiter entfernte Stämme darstellen, sie alle haben Flügel. Klingt banal, aber auf ganz anderen evolutionären Wegen sind ähnliche Muster herausgekommen. Biologisch meilenweit auseinander, haben diese Tiere doch eine Strukturähnlichkeit, die sie verbindet, jedenfalls in unserem Bewusstsein.
Und so geht unser Bewusstsein oft vor, nämlich assoziativ. Zwischen bestimmten Merkmalen werden Ähnlichkeiten erkannt und diese werden dann verknüpft. Manchmal gar nicht sonderlich bewusst, sondern automatisch. Womöglich mit evolutionärer Nützlichkeit zu erklären, schnelles Erkenntnisvermögen war ein Vorteil, sowohl wenn man Jäger, als auch Gejagter ist. Lieber ein paar mal zu oft die Beine in die Hand nehmen, wenn einem etwas verdächtig vorkommt, als ein mal zu wenig, denn das kann schnell das Ende bedeuten. Deshalb schauen wir bei der typischen Mustererkennung nicht so genau hin, es reicht die grobe Klassifizierung, als gefährlich oder harmlos, leichte Beute oder äußerst wehrhaft.
Nachts ist man bei Geräuschen vorsichtiger, eine Gruppe junger Männer wirkt anders, als eine Gruppe Rentner, auch da wird man erst mal vorsichtig sein. Doch diese groben Raster sind auch genau das, was analoges Denken in einen gewissen Misskredit bringt, das schnelle, assoziative Denken hat eine beträchtliche Nähe zu Vorurteilen.
Vorurteile
Vorurteile sind Denkmuster bei denen in aller Regel von Teilen, von bestimmten Erfahrungen mit Einzelexamplaren oder Merkmalsträgern auf Eigenheiten der ganzen Gruppe geschlossen wird. Doch ganz so einfach ist es nie, schon in der Biologie nicht. Tricks und Täuschungen, freilich und erschwerend, unbewusste kennt auch das Tierreich, in der Mimikry. Kurz gesagt, harmlose Tiere oder Pflanzen imitieren das Aussahen gefährlicher, giftiger oder wehrhafter Tiere und sind so besser vor Feinden geschützt. Andersherum geben sich Jäger manchmal harmloser als die sind. Andere Tiere, die oberflächliche Muster erkennen, nehmen hier schnell Reißaus. Es sei denn, die Not ist groß, dann traut man sich auch an wehrhafte Feinde oder wagt einen genaueren Blick.
Den erlaubt auch das analoge Denken, das keinesfalls primitiv sein muss, sondern beliebig nachjustiert werden kann. Denn Mimikry oder ein ’so tun, als ob‘ ist auch ein Wesenszug des Menschen, der sich gerne mal mit Attributen und Statussymbolen schmückt, die Wesensmerkmale entweder unterstreichen oder manchmal auch nur vortäuschen sollen. Ob Korsett, Schminke oder gleich die Schönheitsoperation für sie, der Sportwagen, die Lederjacke oder ein anderes verwegenes Outfit bei ihm, das alles soll etwas zeigen und wird in aller Regel auch verstanden.
Und etwas nachjustiert, werden ein paar junge Männer, die mit Polohemd und Seitenscheitel dastehen, als weniger bedrohlich empfunden, als wenn sie tätowiert sind und schwere Lederjacken tragen. Doch nicht nur das Aussehen, auch die Art den Verhaltens sagt etwas aus. Wie jemand geht, schaut, spricht und sich bewegt. Es ist eher das Gesamtbild, das entscheidet, auch darüber, als wie stimmig die Attribute, mit denen sich jemand schmückt, eingeordnet werden. Kompensiert hier jemand und drückt aus, was er gerne wäre, oder was er ist? Man weiß es auf den ersten Blick nicht so ganz genau und das macht den Reiz aus. Viele wollen oder können keinen zweiten Blick wagen, aus verschiedenen Gründen.
Doch man weiß, wie die Dinge wirken, mit denen man sich umgibt. Der knallrote oder grell lackierte Sportwagen, tiefer, breiter und lauter zeigt, dass hier jemand auf der Überholspur lebt, oder wenigstens für Momente das Gefühl haben oder suggerieren will, es zu tun. Ganz anders die jungen Hipster, die frei, gut vernetzt und überall zu Hause sein wollen, Smartphone oder Laptop stets dabei. Die stilvolle Dame von Welt möchte durch dezente Eleganz in Kleidung und Auftreten anders wirken, als Frauen, die ihre sexuelle Weiblichkeit maximal betonen. Das kommt auch an, wird verstanden, aber warum eigentlich?
Weil natürliche, kulturell überformte und eventuell archetypische Reize und Symbole ineinander greifen und ein subtiles Verständnis voraussetzen. Was gezeigt wird, ist jedoch nicht immer oder durchgehend das, was gewollt wird. Der Mensch als Kulturwesen, will sich in verschiedenen Rollen ausprobieren, als harter Mann, als sexy Vamp, als Intellektuelle, neuer Typ Mann, Businessfrau, Metrosexueller oder was auch immer es sei und in diesen Selbstfindungsphasen spielt das Echo der Umwelt eine Rolle. Seinen Stil findet man im Grunde dann, wenn man ihn nicht mehr sucht und eine oft verwirrende Mischung der Stile ist heute nicht selten.
Eine andere Ordnung und Sichtweise
In einem Buch, was vor 40 Jahren erschien, wird eine Einführung in analoges Denken dargestellt. Der Leser wird aufgefordert den Oberbegriff folgender Begriffe zu finden:
- Hund, Star, Ameise, Krokodil, Bär, Elefant, Forelle.
Jedes Kind erkennt sofort, dass der Oberbegriff Tiere lautet. Der Oberbegriff zur anderen Kette ist jedoch weitaus kniffliger, sie lautet:
- Blei, Steinbock, Zähne, Efeu, Klosterzelle, schwarz, Bergarbeiter.
Wer jetzt denkt: „Hä? Was um alles in der Welt haben diese Begriffe gemeinsam?“, dem geht es ähnlich, wie mir damals. Noch problematischer ist, dass die Auflösung einem zunächst auch nicht wirklich weiter hilft. Das Prinzip Saturn ist hier gemeint, aber damit hat man noch immer nicht die Gemeinsamkeiten, eben das Prinzipielle erfasst. Als Definition des Prinzips wird angeboten: Struktur, Widerstand, Hemmung, Zeit.
Damit kommt man ihm etwas näher, denn all die Begriffe ergeben etwas Reduziertes, Einsames und Abgeschiedenes. Hart, karg, zurückgezogen, dunkel, entbehrungsreich, all das bietet uns dieses Prinzip.
Schauen wir uns ein anderes Prinzip an, so stehen wir zunächst erneut vor einem Rätsel, denn wir finden folgende Begriffe:
- Eisen, Brennnessel, Raubtiere, Nagetiere, Muskeln, arterielles Blut, Entzündungen, Verletzungen, Schmiede, Schlachtfeld, vulkanische Gegend, Soldat, rot.
Umschrieben oder definiert wird das Prinzip als Energie, Impuls.[1] Gemeint ist die frische und oft noch rohe, pure Energie des Anfangs. Beim Urknall, bei der Geburt, im Frühling, beim Beginn von etwas Neuem. Ungestümes, wildes Losstürmen. Beim Sport also der Sprint, nicht der Marathonlauf, Boxen, statt Bergwandern, Formel 1 statt Weitenrekord. Schnell, spontan, impulsiv, mit viel Kraft verbunden. Frisch, wild und gut durchblutet, mit arteriellem Blut. Eher ein heißes, rotwangiges und schwitzendes Gesicht, als ein altes, zerfurchtes und wettergegerbtes. Dies entspräche wieder dem vorherigen Prinzip, Saturn.
Irgendwann begreift man allmählich. Hier das reduzierte, alte, beschwerliche, langsame, aber damit auch strategische, klare Prinzip, ein Mensch, der eher wortkarg und sehnig daherkommt. Dort das wilde, junge, animalische, frische, impulsive Prinzip, kraftvoll und schnell, aber auch unüberlegt, Menschen der Tat, die sich tendenziell über Körperlichkeit und Aktion definieren, die auf der Überholspur des Lebens unterwegs sind.
Und auf einmal können wir die Symbolik des roten Sportwagens ein bisschen besser verstehen und benennen. Hier wird Vitalität, jugendliche Kraft symbolisiert, ‚Hoppla, jetzt komm ich‘ und zwar so, dass es jeder merkt. Oder die Symbolik der sportlichen Lederjacke, die das Animalische und Wilde betonen soll.