Fazit

Der Schrei von Munch

Ein Bild des Entsetzens, das sich in die kollektive Psyche eingebrannt hat. Wikimedia Commons under gemeinfrei

Unter großer und oft unerträglicher Angst zu leiden ist eine grauenhafte Situation. Es geht hier nicht um plötzliche auftretenden Phobien, die oft verhaltenstherapeutisch schnell und effektiv behandelt werden können. Bei tiefsitzenden Ängsten ist muss man manchmal weiter ausholen und eine Verhaltenstherapie ist nicht immer angezeigt, umso mehr, je mehr die Angst mit einer Ich-Schwäche korrespondiert. Wo eine Verhaltenstherapie helfen kann, ist das wunderbar, ihre Effektivität wird zwischen 55 und 80% gesehen, was zeigt, dass es nicht wenige Fälle gibt, in denen andere Wege gesucht werden müssen. Dies soll keine Kritik an der Verhaltenstherapie sein, sondern denen, die von ihr nicht profiterten sagen, dass es diese anderen Wege gibt, die therapeutisch unter anderem auf der psychodynamischen Ebene liegen.

Der „Baukasten“ soll verschiedene hilfreiche Elemente vorstellen, die sich, wie man sieht, mitunter gegenseitig bedingen und verstärken, manchmal aber auch nicht. Wichtig ist auch hier den eigenen Weg zu finden, weil die eigenen Symptome und das eigene Befinden die persönlichsten Gradmesser sind, die man finden kann. Es ist irgendwo zwischen erstaunlich und erschreckend anzusiedeln, wie wenig man sich selbst manchmal kennt und das gilt in einem erheblichen Maße auch für Menschen mit unerträglicher Angst. Deshalb ist die scheinbar so banale Forderung sich selbst kennenzulernen so ungeheuer wichtig, eine Forderung die von einer therapeutischen Begleitung angestoßen und vertieft werden kann. Wie schon bei den Depressionen (und eine Menge weiterer Probleme) gilt es einen Sinn für Abwärts- und Aufwärtsspiralen zu entwickeln. Der Effekt ist wichtig, darum will ich ihn noch einmal beschreiben. Man ist bereits aktiv, hat vielleicht schon dieses oder jenes probiert, doch nichts funktioniert so richtig gut. Es gibt leichte Fortschritte, doch dann fällt man wieder in Löcher und ist verzweifelt. Deshalb möchte ich drei Dinge festhalten:

  • Für therapeutischen Optimismus gibt es allen Grund, auch jenseits aller Gesundbeterei.
  • Es ist wichtig vertrauen zu gewinnen und sich jenseits aller Scham helfen zu lassen, doch ebenso wichtig ist es seinen Weg zu finden und sich selbst immer mehr zu vertrauen. Die eigene Grenzen zu kennen, zu respektieren und nach Bedarf und Wunsch zu erweitern ist etwas, über das jeder selbst entscheiden sollte.
  • Die Kombination mehrerer Elemente, mögen sie noch so klein und unbedeutend erscheinen, kann über kurz oder lang zu Synergieeffekten führen, in denen die Wirkung der eigentlichen Bausteine sich vervielfältigt.

Wenn man sich seiner Individualität, ja seiner Besonderheit bewusst geworden ist und nicht nur einen Besonderheitsanspruch mit sich herum trägt, ohne so recht zu wissen, was man eigentlich will und wer man ist (ein häufiges Bild!), fällt es leichter sich dann, wenn man seiner selbst sicher ist, als einer von vielen zu sehen. Auch das ist ein wesentlicher Schritt zur Genesung und zur Angstfreiheit. Das ist nicht die Geschichte des unbedeutenden Staubkorns im All, nicht die, des einen, in einer Flut von anderen, bis zur Unkenntlichkeit reduziert, nein, das Gegenteil ist richtig: Wir sehen ein stolzes und selbstbewusstes Individuum, mit Rechten und Pflichten, Freiheit und Verantwortung und der uns allen zukommenden Würde in einem Meer anderer, denen man gleiches zuspricht. Es geht nicht darum sich gegen die Masse oder andere auszuspielen, sondern den Wert von und in uns allen zu sehen.

Der Artikel 1 unseres Grundgesetzes besagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Wunderschön. Ebenso gelungen formulieren spirituell verwurzelten Menschen, dass man nur dann erleuchtet ist, wenn man im anderen die Buddhanatur erkennt. Wir können jetzt anfangen diese Worte zu verstehen und mit Leben zu füllen, denn auch das lässt die Angst verblassen.