Die Eifersucht ist ein Beispiel dafür, dass ideologische Einstellungen und Wissenschaft schwer zu trennen sind. Eifersüchtig ist niemand gerne. Durch das Gefühl hat man, ähnlich wie bei Neid, Angst oder Hemmung, keinen direkten emotionalen Gewinn, anders gesagt, es macht keinen Spaß. Man erscheint anderen vielleicht als kleinkarierter Spielverderber, einengend oder besitzergreifend und anders als bei Häme oder Großspurigkeit, fühlt man sich selbst auch nicht gut dabei, oft noch schlimmer.
Ideologisch ist die Eifersucht obendrein deshalb ins Gerede gekommen, weil aktuell neue Beziehungsformen diskutiert und ausprobiert werden. Man versucht wieder offener zu leben und die sexuelle und sorgende Seite einer Beziehung nicht unbedingt auf einen Menschen zu beschränken, sondern, so die Idee, man kann alle Seiten einer authentischen Liebe auch mit mehreren Menschen teilen und bei einer solchen Einstellung ist Eifersucht nur störend.
Eine andere Fraktion sieht in der Eifersucht ein normales und in gewissen Grenzen sogar wichtiges und gesundes Gefühl, das eine Zweierbeziehung schützt.
Was ist Eifersucht?
Eifersucht ist ein aggressives Gefühl, das auftritt, wenn man eine Zweierbeziehung durch einen Eindringling in Gefahr sieht. Mit einer Mischung aus Alarmstimmung, Ärger, Enttäuschung und Verunsicherung erlebt man, dass der Partner auf einmal anders als gewöhnlich auf einen anderen Menschen reagiert, wenn ein Dritter den eigenen Partner umgarnt. Damit es tatsächlich zur Eifersucht kommt, ist es vermutlich notwendig, dass sich der Partner wenigstens ein Stück weit auf das Spiel einlässt, weil er sich geschmeichelt fühlt oder einfach mal wieder das Gefühl vermittelt bekommt, (sexuell) attraktiv und interessant zu sein. Etwas, was man innerhalb der eigenen Beziehung vielleicht schon länger nicht mehr gehört oder gespürt hat.
Es ist normal, dass es in einer Beziehung – außer vielleicht in der Phase der frischen Verliebtheit – immer wieder auch die Phantasie hat, dass es zum einen noch irgendwo einen Menschen gibt, der (noch) besser zu mir passt und ebenso jemanden, der noch besser zum Partner passt. Wird man eifersüchtig, ist so ein Kandidat möglicherweise in der Nähe.
Eifersucht konstruktiv nutzen
Eifersucht kann zum Anlass genommen werden, um mit dem Partner zu klären, was denn da los ist, zugleich aber auch in sich zu gehen und zu schauen, warum es denn ausgerechnet dieser Mensch jemand ist, der mich eifersüchtig machen kann. Vielleicht ist es „nur“ die Zuwendung, Offenheit und das Interesse des anderen, das in einer langjährigen Beziehung schon mal verloren gehen kann, weil man meint, sich in- und auswenig zu kennen (was überraschend häufig ein Irrtum ist). Vielleicht sind es aber auch andere Eigenschaften. Eigene Schwächen können bewusst werden, manchmal schmerzhaft, manchmal in der Weise, dass einem klar wird, dass und wo man durchaus selbst mal wieder eine Schippe drauf legen könnte. Manchmal will der Partner nur mal wieder wahrgenommen werden und der Flirt bleibt, was er ist, ein harmloser Flirt, der irgendwie ins Bewusstsein bringt, was auch sein könnte.
Der andere Effekt ist, dass man urplötzlich wahrnimmt, dass der allzu bekannte andere Mensch an meiner Seite auch mir durchaus (noch) etwas bedeutet und es tut niemandem weh, wenn man dem anderen das ab und zu mal sagt. In dieser Funktion kann die Eifersucht die Rolle eines Korrektivs einnehmen und konstruktiv zur Vertiefung der Beziehung genutzt werden.
Wenn die Eifersucht zu groß ist
Wie so oft gibt es Grenzen und eine ist die bekanntere Grenze nach oben. Man muss im Grunde weder viel darüber reden, noch schreiben, da jeder die strapazierenden und quälenden Aspekte solcher Situationen kennt und hasst. Für den Verdächtigten ist es deprimierend bis demütigend immer wieder dem selben offenen oder heimlichen Verhör unterzogen zu werden. Kann gelegentliche und nachvollziehbare Eifersucht sogar auf den Partner noch schmeichelhaft wirken, ist das tägliche Inquisitionsverhör nur noch grausam. Wir sprachen im Rahmen einiger Erkrankungen der paranoiden Gruppe von dieser ausgeprägten Eifersucht, die sich nicht beruhigen lässt und in schlimmsten Fällen sogar wahnhafte Züge annehmen kann.
Eine andere Facette ist die kontrollierende Eifersucht. Hier ist das quälende Gefühl weniger dem drohenden Verlust der Liebe, sondern der Kontrolle geschuldet. Es ist der Triumph, alles über den anderen zu wissen und ihn jederzeit nach Belieben kontrollieren zu können, der hier eine mitfühlende Liebe dominiert, die Liebe steht im Dienst der Aggression. Oft ist demjenigen, der die Kontrolle ausübt, dies nicht einmal bewusst.
Eifersucht kann auch wahnhafte Züge annehmen, wie man sie bei einigen Stalkern sieht, wobei die Mehrzahl der eifersüchtigen Stalker ebenfalls eher von dem Machtthema besessen sind, auch wenn es ihnen zuweilen gelingt, ihre Manipulationen als Liebe zu verklären.
Weiterhin können auch selbstunsichere oder depressive Menschen verstärkt zur Eifersucht neigen, wenn sie das Gefühl haben, sie hätten ihren Partner doch eigentlich gar nicht verdient und dass in jedem Moment jemand daherkommt, der für den Partner besser geeignet wäre.
Wenn die Eifersucht zu gering ist
Weniger bekannt ist, dass es auch eine andere Seite gibt, nämlich die, dass die Eifersucht zu gering ausgeprägt ist. Auch das kann verschiedene Ursachen haben, zum einen, dass man sich nicht traut seine Eifersucht, die sehr wohl vorhanden, deren Ausdruck nur gehemmt ist, zu artikulieren. Zum anderen gibt es aber auch Fälle, in denen Menschen keine Eifersucht empfinden.
Bei gehemmter Aggression kann es sein, dass jemand auf die Anmachversuche eines Freundes gegenüber der eigenen Partnerin überaus verständnisvoll reagiert, vielleicht aus Angst, als Trottel oder ungerecht zu erscheinen oder der sonstigen Güte des Freundes nicht gerecht zu werden.
Anders gelagert ist der Fall, wenn jemand keine Eifersucht empfindet. Für Menschen, die selbst sehr unter Eifersucht leiden, ein nahezu unvorstellbarer und fast paradiesischer Zustand, der Preis ist jedoch in pathologischen Fällen eine große Oberflächlichkeit der Beziehung. Und die finden wir typischerweise bei Menschen mit schwerer Persönlichkeitsstörung. Sie haben für die moralische Seite einer Beziehung kein Empfinden und beenden Beziehungen oft auch recht schnell, wenn der Partner nicht mehr richtig „funktioniert“ und er keinen Spaß mehr macht. Selbst sind sie nicht eifersüchtig, die mögliche Eifersucht des oder der Partner wird mit Idealen der Freiheit oder allumfassenden Liebe überspielt, oder dadurch, dass man den Partner ja vollkommen liebt, solange man bei ihm ist und das für den nächsten Partner genauso gilt und sich insofern niemand beklagen könne.
Wenn die Definition von (partnerschaftlicher) Liebe die Integration von sexuellem Begehren und Anerkennung der ganzen Person, ihrer Einstellungen, Wünsche, Werte und ihrer Art mit Welt umzugehen ist, sowie dem Wunsch, diese Eigenständigkeit des anderen zu schützen, dann ist man natürlich in Sorge, wenn dieses enge Band in der Gefahr steht, zu zerreißen. Sind nur Teilaspekte des Ganzen der Liebe interessant, geht die Beziehung viel eher kaputt oder es ist erst gar keine. (Weitergehend dazu: Liebe und Narzissmus in der Liebe)
Eifersucht überwinden?
Liebe< ist dann keine Liebe mehr, wenn sie den anderen einengt. Das Thema Nähe und Distanz ist eines, was nahezu jede Liebesbeziehung irgendwann einmal einholt. Man darf sagen, es ist ziemlich kompliziert. Das eine Extrem ist, den anderen vollständig machen zu lassen, egal was er tut, weil er eben so ist, wie er ist. Nur hat man selbst ja auch eine Meinung, Ansprüche und ist in einer Beziehung idealerweise gleichberechtigt. Nehme ich ohne Ende Rücksicht, der andere jedoch nicht, ist die Beziehung eher asymmetrisch.
Ungefähr das ist auch das Ideal jener neuen Formen der Liebe, die den anderen in seinem ganzen Sosein annehmen wollen, ohne ihn zu korrigieren, inklusive Flirts und sexuellen Beziehungen zu andere Menschen. Eifersucht wird hier natürlich als Fehler angesehen und als etwas, was es zu überwinden gilt. Ist man noch eifersüchtig, ist genau das die Aufgabe, zu lernen damit klar zu kommen, weil es ja ein persönliches Defizit ist. Man ist halt noch einschränkend, besitzergreifend oder hat seine Affinität zu unbewussten Formen des Herrschaftsdenkens noch nicht ausreichend reflektiert. Ziel ist es, das weg zu bekommen und sich einfach unbeschwert das zu gönnen, was man auch anderen gönnt.
Ein echter pluralistischer Ansatz kann jedoch denn Wunsch nach Ausschließlichkeit nicht als Fehler anprangern. Denn auch so kann man ja sein und authentisch empfinden. Die Formel, dass man nur dann authentisch ist, wenn man zu einem eng definierten Ergebnis kommt, ist ja erkennbar unsinnig. „Sei Du selbst und das bist Du genau dann, wenn Du folgendes findest.“
Der Wunsch, den anderen ein Stück weit zu verändern, so dass man selbst Leid und Sorgen reduziert, verweist ja auf ein Interesse an der Aufrechterhaltung einer Beziehung auf Augenhöhe. Nicht immer ist ein Kompromiss zu finden, der beide Seiten glücklich macht, was hier richtig und falsch ist, müssen die Paare unter sich ausmachen, als grobe Leitlinie kann dienen, darauf zu schauen, dass ein Verzicht zugunsten des Wohls des anderen und der Beziehung und die Möglichkeit sich auszuleben, auch mit und durch die Beziehung, sich auf lange Sicht in etwa die Waage halten.
Kritik als Ausdruck der Liebe
Wir wollen nicht, dass der geliebte Mensch sich blamiert. Darum sagen wir ihm gelegentlich: „Du, so kannst Du nicht rausgehen.“, oder: „Das kannst Du nicht sagen.“ Auch wenn es nicht schön ist, aber es ist der Partner, der uns darauf hinweist, dass wir Mundgeruch oder Schuppen haben oder unmöglich angezogen sind. Andere tun das nicht, aber ihnen ist das oft auch einfach egal. Wenn sie es tun, dann manchmal aus einem schonungslosen Verständnis von Ehrlichkeit heraus, das kaum Rücksicht auf Takt und die Bloßstellung des anderen nimmt. Gut ist es, wenn man den anderen diskret zur Seite nimmt und ihm taktvoll sagt, was los ist.
Partner achten darauf, dass der andere geschützt bleibt und wollen sein Ansehen erhalten. Das subtile Gleichgewicht von eigenen Wünschen und dem Wunsch, den Partner auch nicht über die Maßen einzuschränken und unglücklich zu sehen, bleibt wohl am besten dann gewahrt, wenn man dem Partner offen sagt, was man denkt und gerne hätte. Es liegt jedoch am Partner, diese Wünsche zur Kenntnis zu nehmen darauf einzugehen oder es nicht zu tun. Das gilt auch für das Flirt- und Sexualverhalten. Darauf kann und muss dann erneut der andere reagieren.
So kann man es auch in Fragen der Eifersucht praktizieren, denn eine Beziehung einzugehen heißt auch für diese Beziehung, ihren Erhalt und damit natürlich auch ein Stück weit für den Partner und dessen Wohlergehen Verantwortung zu übernehmen. Affären und ihre Vermeidung sind ein wichtiger Bestandteil einer Beziehung. Es ist auffällig, dass auf Sexualität scheinbar kein so großer Wert gelegt wird, sexuelle Untreue dann aber doch noch immer der Hauptgrund für Trennungen ist.
Das Konstrukt Partnerschaft ist natürlich gleichermaßen ein subtiles und dynamisches Gleichgewicht, bei dem es immer wieder Unwuchten gibt, weil Partner sich in langen Jahren der Partnerschaft verändern und entwickeln und das teilweise in unterschiedlichen Bereichen und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Manchmal entwickelt sich das auseinander und die Liebe ist vorbei, doch es kann ebenfalls gelingen, diese Unterschiede zu tolerieren und gemeinsam zu wachsen. Eifersucht ist ein Alarmsignal, auf das man durchaus reagieren sollte, niemand hindert einen daran auch in sich zu gehen und zu schauen, was man selbst besser machen könnte, um wieder interessanter und attraktiver zu werden oder dem Partner das aufrichtige Empfinden zu vermitteln, es zu sein.