Während meiner Recherchen bezüglich des Zusammenhangs zwischen Ernährung, Massentierhaltung und Umweltverschmutzung sowie zu den gesundheitlichen Vorteilen pflanzlicher Ernährung keimte in mir der Wunsch auf, einen Selbstversuch zu starten: Würde ich vegan leben können?

Vegan leben: Warum?

Ein klarer Punkt, der für mich für eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährung spricht, ist neben der Unterstützung von Tier- und Umweltschutz sowie meiner Gesundheit, die Tatsache, dass ich mich gezwungen fühle, neue Nährstoffquellen zu erschließen: Die Qualität der tierischen Produkte, welche sich ein Großteil der deutschen Bevölkerung regelmäßig leisten kann, scheint über die letzten Jahrzehnte dank Massentierhaltung und Co. deutlich nachgelassen zu haben. Selbst das Bio-Siegel scheint nicht vor Qualitätseinbußen zu schützen.

Als ich in einer Dokumentation hörte, dass es eine gesetzlich festgeschriebene Grenze dafür geben würde, wie viel Eiter in der Kuhmilch sein dürfe (aufgrund entzündeter Euter bei den Kühen), war mein Entschluss gefasst. Ich wollte vegan leben.

Vegan leben: Der Start

Paprika, Brokkoli, Kartoffel, Tomaten aufgeschnitten

Vegan leben: Gemüse als Hauptbestandteil der Ernährung © Sonny Abesamis under cc

Zum ersten Mal habe ich mich eingehender mit Nährstoffen befasst. Es ist nicht so, dass wir in unserer Familie vorher nicht auf eine gesunde Ernährung geachtet hätten. Wir haben immer viel Obst und Gemüse auf dem Teller gehabt. Auch achten wir bereits seit Langen darauf, Quellwasser aus tieferen Gesteinsschichten zu kaufen, um der zunehmenden Trinkwasserverschmutzung zu entgehen. Die nachfolgend aufgeführten Lebensmittel habe ich bereits vor der Ernährungsumstellung gegessen – nur eben nicht ausschließlich. Seit etwa sechs Wochen nehme ich nun vornehmlich Nahrungsmittel wie Buchweizen, Leinsamen, Sesam, Amaranth, Kürbiskerne, Weizenkleie und ähnliches zu mir. Außerdem verschiedene Nüsse, ja, auch veganen Käse, jede Menge Hummus, Bohnen, Kräuter, Kurkuma, Kartoffeln, selbstgebackenes Brot, Nudeln, Reis, Obst und Gemüse usw. Ich trinke Smoothies: grüne, rote oder Nuss. (Der ein oder andere mag aufschreien wollen, dass dieses oder jenes nicht gesund sei, aber meine Aufzählung dient lediglich einer Zusammenfassung.)

Seit ich Fleisch und Käse auf dem Teller ausspare, hat sich mir eine stärkere Vielfalt an Obst und Gemüse offenbart, die verrückterweise wesentlich intensiver schmeckt, als ich es bei meiner vorhergehenden Ernährung je erlebt habe. Ich denke, das liegt in der Natur der Sache: Bei Fleisch auf dem Teller oder Käse im Nudelgericht betrachtet man Gemüse automatisch als Beilage, ergo nebensächlich. Die Erfahrung der Vielfalt – nun da Pflanzliches zu einem Hauptbestandteil meiner Ernährung geworden ist – ist enorm.

Welches Konzept der sozialen Landwirtschaft soll es sein?

Die Ernährung in unserer Familie ist inzwischen zu etwa 90-95% auf biologische Lebensmittel umgestellt. Nachdem wir in den letzten Monaten verschiedene Konzepte sozialer Landwirtschaft durchdacht und auch ausprobiert haben, haben wir uns für das Konzept der LPG Biomärkte entschieden, bei denen man einen monatlichen Mitgliedsbeitrag bezahlt und dafür die Lebensmittel im Markt deutlich vergünstigt einkaufen kann. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass auf diese Art zum Beispiel Bio-Kiwi sogar günstiger sein können als Kiwi aus herkömmlichem Anbau aus dem Discounter. Ab einem wöchentlichen Einkaufswert von 35 Euro scheint sich dieses Konzept der LPG-Biomärkte (Mitgliedsbeitrag plus Einkauf) zu rechnen.

Und naschen?

Eines meiner „größten“ Anliegen war, vegane Süßigkeiten zu finden. Gott sei Dank, sind diese mittlerweile in ausreichendem Maß vorhanden. Selbst einige Bäcker haben bereits Hinweise an ihren Verkaufsständen, welche Produkte ausschließlich pflanzlicher Natur sind.

Kürbiskerne

Vegan leben: Kürbiskerne als neue Nährstoffquelle? © storebukkebruse under cc

Im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass mir die Umstellung auf „vegan leben“ leichter fiel als gedacht. Zwar sollte man sich anfangs die Mühe machen, einzelne Nährstoffquellen zu prüfen, aber das ist dank bestimmter Apps (z.B. Histamin, Fructose & Co.) beziehungsweise den Informationen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung leichter als es zunächst erscheinen mag.
An Nahrungsmittelzusätzen nehmen wir Pflanzenmilch, angereichert mit Calcium, zu uns sowie ein Vitamin-B12-Präparat. Insgesamt ist mein Eindruck, inzwischen sogar wesentlich besser mit Nährstoffen versorgt zu sein, als ich es vor der Ernährungsumstellung gewesen bin. Da auch in der Massentierhaltung Nahrungsergänzungspräparate zugeführt werden, da eben die Kühe nicht mehr auf der Weide stehen, scheinen mir die angereicherte Pflanzenmilch sowie die Vitamin-B12-Tabletten kein allzu großer Fauxpas zu sein.

Hin und wieder las ich in einigen Interviews mit Ärzten, Ernährungswissenschaftlern etc., dass eine pflanzenbasierte Ernährung – wenn sie planvoll ausgeführt wird – einer Ernährung, wie wir sie bisher kennen und pflegen, haushoch überlegen sei. Meine bisherigen Erfahrungen scheinen dies zu stützen. Denn diesen Wandel hatte ich so schnell nicht erwartet.

Erste gesundheitliche Effekte meiner Ernährungsumstellung

Auch wenn es sehr persönlich ist, die bisher bemerkten Effekte aufzuzählen, habe ich doch beschlossen, es zu tun. Ich möchte betonen, dass dies nur meine individuellen Beobachtungen sind und ich keinerlei gesundheitliche Behandlungsempfehlungen beabsichtige zu geben!

  • ich fühle mich leichter; selbst nach dem Essen kein Erschöpfungsgefühl wie bei schweren Mahlzeiten; ich habe (obwohl zuvor nicht übergewichtig) einige Kilos abgenommen, trotzdem ich esse, sobald ich Hunger verspüre, selbst abends gegen 22 Uhr
  • ich verspüre kein Heißhungergefühl mehr, selbst mein Hunger auf Süßes geht nahezu gegen Null
  • meine Zähne fühlen sich fester an, glatt
  • allem Anschein nach habe ich des Nächtens keine Atemschwierigkeiten mehr, ich fühle mich nach dem Schlafen wesentlich ausgeruhter, zum ersten Mal in meinem Leben kann ich morgens frei atmen, keine verstopfte Nase (Achtung: Dies ist nur meine persönliche Erfahrung und soll keinen Behandlungshinweis bei Schlafapnoe darstellen!)
  • bei großer Hitze, nach körperlicher Anstrengung sowie nach dem Aufstehen fühlt sich meine Haut frisch an, als hätte ich gerade geduscht, statt „klebrigem Schweiß“, den so viele bei 30 Grad beklagen, kommt es mir vor, als hätte jemand mit einem dieser Wasser-Erfrischungsfläschchen meine Haut besprüht
  • ich fühle mich fitter, habe viel mehr Energie (mein Mann, 40 Jahre alt, rennt plötzlich mühelos die Treppen zur achten Etage hinauf, ohne aus der Puste zu sein)
  • ich arbeite wesentlich konzentrierter, fokussierter
  • mein Hautbild hat sich verändert, beinahe strahlend
  • erste Entzündungsschmerzen in den Händen, die sich vor 1-2 Jahren eingeschlichen haben (Veranlagung für Rheuma in der Familie) sind verschwunden
  • weniger Ängste, weniger Zwänge (Achtung: Kein Behandlungshinweis!)
  • neigte ich früher, wie so viele Menschen, zu Spannungskopfschmerzen, welche ich mit Tabletten bekämpfte, kann ich nun sagen, dass diese deutlich nachgelassen haben, sie treten seltener auf, deuten sich nur durch leichtes Pochen an und verschwinden sogar ohne pharmazeutische Intervention wieder; derzeit kann ich nahende Spannungskopfschmerzen durch Wasser trinken und leichte Lockerungsübungen bekämpfen, was früher undenkbar war (da sie ohne Schmerztablette in Übelkeit und Erbrechen gipfelten)

Ich freue mich auf weitere Beobachtungen, da ich vorhabe, diese Ernährung beizubehalten. Natürlich kann ich nicht beurteilen, ob die genannten Effekte an einer generell nährstoffreicheren Ernährung liegen (obwohl ich mich bereits zuvor – nach meinem Verständnis – gesund ernährt habe). Auch werde ich nicht versprechen, nie wieder Fleisch, Eier oder Joghurts zu essen. Aber als Fazit möchte ich noch einmal auf den Anfang dieses Beitrags verweisen: Welche Nährstoffquellen sind in welcher Qualität für mich und meinen Geldbeutel verfügbar, wenn doch selbst manche Bio-Produkte keine ausreichende Qualität sowie Tierschutz garantieren?

Wie es scheint, wird es auch in Deutschland immer leichter, vegan leben zu können, und vielleicht kommen wir hier auch bald an den Punkt, an dem man bereits in Kalifornien angelangt ist: Ein wahres Mekka für Veganer und mit wesentlich größerem Selbstverständnis für eine rein pflanzliche Ernährung.

Abschließend sind einige Dokumentationen aufgeführt, die mich nachhaltig geprägt haben und die ich wirklich empfehlen möchte:

  • Hope for All. Unsere Nahrung – Unsere Hoffnung (2016). Tiberius Film.
  • COWSPIRACY: The Sustainability Secret (2014). Kip Andersen, Keegan Kuhn. A Film by A.U.M. Films & First Spark Media.
  • What the Health (2017). Kip Andersen, Keegan Kuhn. Dokumentation. Studio: Polyband/WVG.