Der Klimawandel ist echt und von Menschen gemacht. Diese zwei Aussagen treffen auf eine fast schon ungewöhnliche Zustimmung in wissenschaftlichen Kreisen. Und auch wenn Menschen nicht immer direkt beeinflussen können, was in den Entscheidungsgremien der großen Umweltsünder vorgeht, so können sie zum Beispiel durch ihr Konsumverhalten doch dazu beitragen, ihren globalen Fußabdruck gering zu halten. Und mehr noch, wer zu nachhaltigem Strom wechselt, auf Fleischprodukte verzichtet oder auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt, verbessert nicht nur seine eigene Ökobilanz, sondern wirkt zudem auch Druck auf Wirtschaft und Politik aus, auf den Nachhaltigkeitszug aufzuspringen.

Beweggründe für umweltfreundliches Verhalten

Das sind keine neuen Erkenntnisse. Und dennoch oder gerade deswegen stellt sich die Frage, warum so viele Leute immer noch nicht handeln. Umweltpsychologen versuchen dieser Frage nachzugehen. Denn nur wer verstanden hat, warum Menschen umweltfreundlich agieren (oder eben nicht), kann auch andere nachhaltig dazu animieren.

Werte lenken unser Verhalten

Berge und Wald im Nationalpark in Kalifornien, USA

Nationalpark in Kalifornien, USA. Foto von Vincent B.

Unsere Wertvorstellungen leiten unser Handeln in vielerlei Hinsicht und wie wir sie priorisieren, wirkt sich maßgeblich auf unser Verhalten und unsere Entscheidungen aus. Einer Person, die nach Anerkennung im Beruf strebt und dafür Spaß in den Hintergrund stellt, fällt es leicht ein paar Überstunden zu machen, während sich ihre Freunde in der Bar treffen. So liegt die Vorstellung nahe, dass bestimmte Werte auch unser Verhalten gegenüber der Umwelt beeinflussen. Vier Arten haben sich diesbezüglich besonders herauskristallisiert:

  • Altruistische Werte: Sorge um andere Mitmenschen
  • Biospherische Werte: Sorge um nicht menschliche Lebewesen
  • Egoistische Werte: Sich nur um sich selbst kümmern
  • Hedonistische Werte: Streben nach Genuss und Vermeidung von negativen Gefühlen

Altruistische und biospherische Werte werden häufig mit einem positiven Einfluss auf die Umwelt in Verbindung gebracht, während egoistische und hedonistische Werte das Gegenteil nach sich ziehen. Wer sich nur um sein eigenes Wohlergehen kümmert (egoistisch) und den unmittelbaren Genuss einem langfristigen Ziel wie dem Umweltschutz vorzieht (hedonistisch), wird nur wenig Gedankenkraft aufwenden um zu ermitteln, welchen negativen Effekt ein Eis im Becher gegenüber einem Eis in der Waffel haben könnte. Im Gegenzug können wir von einer Person mit altruistischen Werten erwarten, dass sie die Waffel dem Becher vorzieht.

Klar ist allerdings, dass dieses Schwarz-Weiß-Denken nur einen Teil des gesamten Bildes ausmacht. Die wenigsten Menschen können ganz klar in die eine oder andere Kategorie gesteckt werden. Genauso wenig können wir davon ausgehen, dass Menschen, die biospherische Werte verkörpern, ausnahmslos umweltfreundliche Entscheidungen treffen.

Normen: unsere ungeschriebenen Gesetze

Sie tauchen oft im selben Kontext auf, sind aber doch von Grund auf unterschiedlich zu unseren Werten. Während Werte von uns selbst ausgehen, entstehen Normen im sozialen Umfeld. Sie gelten als unausgesprochene oder auch ausgesprochene Richtlinien, die von einer Situation zur anderen, von einer Gruppe zur anderen, variieren können. Die Macht dieser Verhaltensregeln ist allgemein nicht zu unterschätzen. Wenn zum Beispiel im eigenen Fußballverein Umweltschutz als uncool angesehen wird, gehört eine große Portion Mut dazu, seine Mitspieler darauf hinzuweisen, dass Sie doch bitte ihre eigenen Trinkflaschen mitbringen sollen, um nicht die Plastikflaschen aus dem Supermarkt zu kaufen.

Hauptsache, ich fühl mich gut

Wie bereits erwähnt, ob wir eine umweltfreundliche Entscheidung treffen, hängt nicht allein an unseren Werten und Normen. Sie bieten die Grundlage, doch scheitern sie häufig an den sogenannten self-serving denials. Diese Schutzbehauptungen treten in drei Variationen auf:

  • Das Problem kleinreden
  • Sich aus der Verantwortung ziehen
  • Sich als unfähig darstellen

Es ist einfach, die Verantwortung auf Großkonzerne und Politiker zu schieben (2) oder zu behaupten, dass man aus gesundheitlichen Gründen nicht auf Fleisch verzichten kann (3). Diese Schutzbehauptungen sind in gewisser Weise eine Strategie, um sich selbst hinters Licht zu führen. Wir fühlen uns besser, weil wir uns dem inneren Druck zu handeln, entziehen. Wer sich ihnen bewusst ist und sie kritisch hinterfragt, wird oft merken, wie unbegründet sie sind.

Die Macht der Gewohnheit

Würden wir bei jeder Entscheidung Vor- und Nachteile abwägen und würden wir jede unserer Handlungen bis ins letzte Detail durchdenken, wären wir als Gesellschaft wohl nicht so fortgeschritten, wie wir es heute sind. Es wäre kaum möglich, unseren Alltag zu beschreiten, hätten wir nicht bestimmte Automatismen, die uns unterbewusst leiten und uns ermöglichen, mehrere Aktionen gleichzeitig durchzuführen. Wenn genau diese allerdings im Konflikt mit der Natur stehen, wird es schwierig sie zu unterbinden, da wir uns ihnen ja nicht bewusst sind. Wie können wir diese Automatismen durchbrechen? Was können wir tun, damit diese Menschen ihre Gewohnheiten zum Wohle der Umwelt ablegen?

Maßnahmen, um nachhaltiges Handeln zu fördern

Wer versucht, Menschen zu bewegen, sich umweltfreundlicher zu verhalten, bewegt sich oft selbst auf einem schmalen Grat zwischen Manipulation und Motivation. Wer gezwungen, oder unter falschem Vorwand, zu nachhaltigem Handeln verleitet wird, reagiert nicht selten mit Widerstand und nimmt eine Kontrahaltung ein, die so leicht nicht durchbrochen werden kann. Auf der anderen Seite können wir auch nicht erwarten, dass sich jeder frei und aus eigenen Stücken dem Umweltschutz verschreibt. Schließlich ist mittlerweile bekannt, dass Werte, wie sie oben beschrieben wurden, relativ fix sind und sich, wenn überhaupt, nur durch ganz besondere Lebensumstände ändern (z.B. durch einen Umzug in eine neue Stadt oder durch die Geburt eines Kindes). Was also sind erfolgsversprechende Maßnahmen?

Informationskampagnen

„Wir müssen die Leute über die Missstände aufklären!“ Eine häufig genannte Forderung, die allerdings nur unter gewissen Umständen Wirkung zeigt. Denn wie sich herausstellt, führen Informationen nicht automatisch zu Aktivismus. Im Gegenteil, negative Bilder und Botschaften, die auf die Ängste des Betrachters anspielen, führen diesen schnell in einen Zustand der Ohnmacht und Hilflosigkeit, in welchem ein mögliches Handeln im Keim erstickt wird. Dies haben auch Organisationen und Regierungen erkannt. Eine mögliche Lösung ist es, Informationskampagnen, die auf die Angst des Betrachters abzielen, mit Lösungsansätzen zu versehen. Zusätzlich sollte darauf geachtet werden, die Kampagne nach bestem Wissen auf die Zielgruppe anzupassen. Wer sich hierbei an den Wertvorstellungen seines Publikums orientiert, erhöht weiter seine Erfolgschancen.

Anreize und Umgebung anpassen

Plastikmüll im Meer

Plastikmüll im Meer © dronepicr under cc

Sich für die Umwelt zu entscheiden, ist nicht immer günstig, und so steht die Motivation zu handeln im ständigen Konflikt mit den anstehenden Kosten. Der Staat könnte hier eingreifen und beispielsweise Bio-Anbau subventionieren oder Erdöl stärker besteuern. Der Erfolg solcher Maßnahmen ist schwer zu leugnen. So wurde beispielsweise durch die Einführung von kostenpflichtigen Plastiktüten in Irland innerhalb von drei Jahren ein Rückgang dieser von 94 % verzeichnet. Neben wirtschaftlichen und politischen Folgen, hat dieser Ansatz aber auch einen psychologischen Nachteil. Finanzielle Anreize können die Motivation moralisch zu handeln unterwandern. Leute, die zuvor aus moralischen Gründen gehandelt haben, laufen Gefahr sich nur noch durch finanzielle Anreize zu nachhaltigem Handeln motivieren zu lassen. Daher sollten Anreiz und Beweggründe genau analysiert werden, bevor eine derartige Maßnahme eingeführt wird.

Ein weiterer Weg, dem Menschen die gedankliche Kosten-Nutzen-Analyse zu erleichtern, ist die Umgebung insoweit anzupassen, dass umweltfreundliches Verhalten leichter gemacht und umweltschädliches Verhalten erschwert wird. Zum Beispiel werden durch die Verbreitung von Fahrradwegen automatisch mehr Radfahrer auf die Straße gelockt. Beide Methoden sind besonders effektiv im Umgang mit Gewohnheitstieren, da sie gezwungen werden, eine bewusste Entscheidung zu treffen.

Versprechen, Feedback und Modelllernen – Was können wir selbst tun?

Glücklicherweise ist der Staat nicht die einzige Kraft, die Einfluss auf unser Umweltverhalten ausübt. Was nun folgt, sind Tipps, die sich im Alltag sowohl im Kleinen wie auch im Großen schnell und kostensparend anwenden lassen.

1) Ein Versprechen abgeben: Hier gilt, je genauer diese formuliert sind, im Hinblick auf Zeit und Aktion, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch eingehalten werden. Ein öffentliches ausgesprochenes Versprechen erhöht zusätzlich den Druck, dieses auch umzusetzen.

2) Feedback: Regelmäßiges, konstruktives Feedback verstärkt das Verhalten, indem es uns vor Augen führt, welchen Effekt unsere Aktion auf die Natur hat. Konstruktives Feedback ist allerdings eine Kunst für sich. Wer will, dass seine gut gemeinte Empfehlung vom Empfänger nicht falsch interpretiert wird, sollte diese Hinweise beachten.

3) Modelllernen: Wir alle orientieren uns an unseren Mitmenschen um zu verstehen, welche Normen in bestimmten Situationen gelten. Wer am Ende eines Festivals seinen Müll auf dem Campingplatz lässt, tut dies unter anderem weil die Mehrheit es macht. Wenn aber eine aus der Gruppe, idealerweise ein beliebtes Mitglied, sich entscheidet, ihre Bierdosen zusammenzuraffen und in den großen Container am Ausgang schmeißt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Leute es ihr nachtun. Da die Norm ‚Müll kann zurückgelassen werden‘ gebrochen wurde, fühlen sie sich schlecht und handeln dementsprechend.

Die Umweltpsychologie ist eine vergleichsweise junge Disziplin und es sollte klar sein, dass sich neben psychologischen Gründen auch andere Faktoren, wie zum Beispiel die politische Lage eines Landes, auf unser Umweltverhalten auswirken. Genauso sind manche der genannten Maßnahmen zur Problemlösung mit Nachteilen verbunden, die über die Grenzen von Motivationstheorien hinausgehen. Nichtsdestotrotz können und sollten Psychologen, in Zusammenarbeit mit Politik und Wirtschaft, mit Architekten und Ingenieuren sowie mit NGOs auf der ganzen Welt, daran arbeiten, umfassende Lösungsansätze zu entwickeln, um Ihren Beitrag zu einer besseren und nachhaltigeren Erde zu leisten.

Quellen