Waldspaziergang

Entspannend, gesund, gesellig, naturnah: der Waldspaziergang, den man zu jeder Jahreszeit mit vielen Sinnen genießen kann. © Falk Lademann under cc

Veränderungen sind dem Menschen oft unangenehm. Davon künden Sprichwörter wie: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“, mit dem metaphorischen Baum ist hier auch der Mensch gemeint, oder noch direkter: „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“. Wir wollen einen einmal eingeschlagenen Pfad oft nicht wieder verlassen und tatsächlich rufen Veränderungen aller Art beim Menschen Stress hervor, auch positive Veränderungen.

Doch auf der anderen Seite erkennt man auch mehr und mehr, dass es trotz der generellen Abneigung individuell starke Unterschiede gibt. Neugier, Offenheit für neue Eindrücke und Optimismus kennzeichnen viele intelligente, kreative und glückliche Menschen, die auch mit Freuden gewisse Wagnisse eingehen. Andererseits sind depressive, ängstliche und pessimistische Menschen, oder jene, die etwas zu verlieren haben, eher konservativ eingestellt und scheuen Veränderungen.

Zudem ist dies auch eine Frage des Alters, für Kinder und junge Menschen ist das Leben noch voller Überraschungen und Verlockungen, irgendwann hat man vieles gesehen, es sich im Leben eingerichtet, im besten Fall gefunden, wie man selbst leben möchte und irgendwann dann vermutlich einfach keine Lust mehr, sich wieder in etwas ganz Neues einzuarbeiten.

Ist unsere Zeit besonders?

Veränderungen hat es zu allen Zeiten gegeben, inklusive der Vorstellung, die Zeit, in der man lebt, sei eine besondere und der Phantasie, dass das Ende nahe sei. Oft wurde der Weltuntergang schon ausgerufen, zuletzt 2012. Das 20. Jahrhundert ist vollgestopft mit diversen Brüchen und Veränderungen, in Technik, Physik, Medizin, Psychologie; zwei Weltkriege, Aufstieg und Fall des Kommunismus, elektronische Massenmedien, die 68er Revolution, die Mondlandung und das Internet, um nur einige zu nennen.

Nun stehen weitere Veränderungen an, darunter einige die als ungeheuer bedeutend angesehen werden, wie der Klimawandel, Überbevölkerung, Migrationsströme, das Müllproblem, Wasser-, Rohstoff- und Ressourcenmangel, Gentechnik, Robotik und künstliche Intelligenz in Medizin, Arbeit und Überwachung, aber auch gesellschaftliche Veränderungen, wie die Bewertung von Ethnien, Klassen, den Geschlechterrollen, der sexuellen Orientierung und dem Unterschied zwischen Mensch und Tier. Vor allem scheinen die Wechsel in immer kürzen Abständen zu geschehen. Alles in allem ist das viel, vielleicht überfordernd viel.

Wenn man mit dem konfrontiert ist, was andere notwendig finden, man selbst aber nicht, so kann das mehrere Gründe haben:

  • Man versteht es intellektuell nicht

Angesichts der Komplexität des Zusammenspiels der vielen Bereiche, ist es nachvollziehbar, wenn vielen Menschen die Zusammenhänge zu kompliziert sind.

  • Man lässt etwas emotional und unbewusst nicht an sich heran

Es gibt genügend Beispiele dafür, dass es Verdrängungsmechanismen gibt, die beim einzelnen Menschen sehr ähnlich funktionieren, wie bei einer Gemeinschaft, auch einer wissenschaftlichen: Zunächst werden abweichende Daten komplett ignoriert, dann kleingeredet und erst wenn sie sich nicht mehr leugnen lassen, beschäftigt man sich mit ihnen.

  • Man versteht es, sieht sich aber nicht als Adressaten

Es kann durchaus sein, dass jemand über bestimmte schlechte Eigenschaften doziert oder diese wirklich entsetzlich findet, aber tief überzeugt ist, dass er davon überhaupt nicht betroffen ist. Das Umfeld kann da durchaus anderer Meinung sein.

  • Man versteht es, findet den Anreiz aber nicht hinreichend

Wenn man versteht, worum es geht und dass man selbst angesprochen ist, der zu erwartende Lohn einer Veränderung oder die zu erwartende Angst jeweils nicht groß genug sind, wird man ebenfalls nicht motiviert sein, sein Verhalten zu ändern.

  • Man setzt andere Prioritäten

Es kann sein, dass jemand durchaus versteht, dass er aus einer bestimmten Sicht betrachtet, sein Verhalten ändern müsste, aber andere Prämissen hat oder Prioritäten setzt. Das muss man dem anderen zugestehen, eventuell sind seine Argumente sogar gut und überzeugend oder für ihn eben passend.

  • Man ist anderer Meinung

Das kann man natürlich immer sein, eine der wesentlichen Fragen ist, ob und wie man seine Meinung begründen kann, jedoch muss man anerkennen, dass auch wenn jemand intuitiv nicht überzeugt ist, er eben nicht überzeugt ist. Auch hier wäre es wichtig, ins Gespräch zu kommen, nicht um den anderen zu überreden, sondern seine Argumente ernsthaft zu prüfen oder sie mit ihm zu entwickeln.

Entscheidungen

Trifft man wirklich Entscheidungen und zieht diese auch durch, so dass sie zu realen Veränderungen führen, dann ist das bei wichtigen Dingen nie allein ein rationales Spiel. Erstaunlicherweise haben sich Theorien, die im Menschen einen rationalen Agenten, einen Computer mit Ohren sehen, sehr lange Konjunktur gehabt, etwa bis zum Beginn der Hirnforschung, wo plötzlich und unerwartet und ebenfalls erstaunlich einseitig die These aufgestellt wurde, es seien die Emotionen, die entscheiden, was nun tatsächlich gemacht wird, eine für Wissenschaftler gewagte These, die ihren gesamten Berufsstand, der auf rationale Begründungen zugeschnitten ist, überflüssig macht.

Wie auch immer, die Wahrheit scheint schlicht zu sein, dass beide Komponenten eine Rolle spielen. Wir sind durchaus in der Lage vernünftige Argumente einzusehen, doch die Macht der Gewohnheit, eine gewisse Bequemlichkeit, Trotz, Rechthaberei oder dergleichen können all dem einen Strich durch die Rechnung machen. Rationale Erwägungen, wie die, wie groß die Aussicht auf einen Gewinn ist, wenn man etwas tut, spielen durchaus eine Rolle. Also soziale Anerkennung, Statuserhöhung, mehr Geld oder sonstige Vorzüge, aber ebenfalls die Aussicht auf eigene Betroffenheit? Passiert mir was, wenn ich es nicht tue? Nicht nur körperlich oder finanziell, sondern habe ich Verluste im Ansehen. Das berühmte: „Was sollen denn die Nachbarn sagen?“ hat durchaus Relevanz, nur eben keine rein rationale, sondern eine emotionale. Man will zudem im Grunde kein schlechter Mensch sein, nur den wenigsten ist es vollkommen egal, was andere von ihnen denken (darunter Psychopathen und Exzentriker), den meisten Menschen sind Ansehen und Ruf sogar äußerst wichtig, spätestens dann, wenn es um die Menschen geht, die einem selbst auch wichtig sind.

Gleichzeitig und ebenfalls eher emotional kann auch eine Angst vorliegen zu verlieren, was man hat. Verständlich, da hat man sich vielleicht über Jahre bis Jahrzehnte mit Fleiß und Entbehrungen etwas aufgebaut und nun soll man es nicht genießen können. Das löst Angst und Ärger aus, alles Gefühle, die Menschen konservativ werden lassen, auch solche, die tendenziell, von ihrem Naturell her, eher offen sind. Diese Angst muss man ernst nehmen und diese Menschen nicht noch als Spießer diskreditieren. Wenn Entscheidungen, die zu Veränderungen führen rational und emotional sind, muss man beide Aspekte bedienen, wenn man Veränderungen will.