Narzisstische Manipulation ist durch Abwertung, Gaslighting, Lügen, Schuldumkehr, Ignorieren und weiteren dysfunktionalen Verhaltensweisen gekennzeichnet. Ziel ist es, dass du zum Vorteil deines narzisstischen Gegenübers agierst. Damit die andere Person sich besser fühlt und ihre Bedürfnisse umsetzen kann. Sie möchte sich erheben und ihren labilen Selbstwert stützen, während andere in ihrem Umfeld direkt oder indirekt abgewertet werden. Dein Wohlergehen bleibt unberücksichtigt beziehungsweise spielt eine weniger große Rolle. Stehst du für dich ein, wirst du abgestraft, unterkühlt behandelt bzw. dir die Zuneigung entzogen.
Wir haben schon viele Artikel zu Narzissmus und narzisstischen Verhaltensweisen geschrieben. Auch dazu, wie man mitunter subtil manipuliert wird, ohne es zu merken. Anstatt hier nun noch einmal alles aufzuzählen, wollen wir eher in den Mittelpunkt des Artikels rücken, wie du dich aus dieser narzisstischen Manipulation befreien kannst.
Narzisstische Manipulation: Folgen davon
Wer mit solchen destruktiven Verhaltensweisen in toxischen Beziehungen oder sogar schon früh in seinem Leben durch narzisstische Väter oder Mütter in Kontakt gekommen ist, ist ein Opfer dieses Verhaltens und hat schwerwiegende Folgen für den Selbstwert zu tragen. Negative Gedanken- und Gefühlsmuster, eine emotionale Abhängigkeit, teils destruktive Verhaltensweisen und eine mangelnde Selbstfürsorge gehen damit einher.

Um narzisstische Manipulation nicht mehr auf fruchtbarem Boden fallen zu lassen, muss man sich mit tief verankerten Glaubenssätzen auseinandersetzen. © Rodrigo Denúbila under cc
Durch dysfunktionale Familien- und Beziehungsmuster können schon in der Kindheit Glaubenssätze entstehen, bei denen wir uns machtlos, wertlos und abhängig von anderen fühlen. Bezugspersonen haben sie uns in der Kindheit vermittelt, sodass wir oft gar nicht wissen, dass ein solches Verhalten uns gegenüber nicht rechtens oder normal ist. Im schlimmsten Fall glauben wir, dass auf die Art soziale Beziehungen funktionieren und geführt werden – weil wir es schlichtweg nicht anders kennen. Die narzisstische Manipulation führt dazu, dass wir verlernt haben, für unsere Bedürfnisse einzustehen, uns natürlich wertvoll zu fühlen und für uns Sorge zu tragen. Wir sind für uns unsichtbar geworden.
Manipulation hallt als Glaubenssatz wider
Durch die manipulativen Verhaltensweisen entsteht in den Betroffenen der Glaubenssatz, tatsächlich weniger wert zu sein. Es ist kein direkter Gedanke, eher so ein automatisches Gefühl, das einem sofort ins Bewusstsein kommt. Wie eine innere Stimme, die in uns widerhallt. Wir fühlen uns in Situationen, die weniger gut für uns laufen, sofort bestätigt darin, nicht gut genug zu sein. Wir glauben, wir müssten mehr machen, um überhaupt genauso gut zu sein wie andere. Oder wir glauben, wir wären nie gut genug. Wir glauben, wir hätten weniger Recht auf dieser Welt zu sein wie andere. Das alles verbalisieren wir nicht bewusst in uns, sondern es ist eher wie ein Gefühl, eine Annahme, von der wir nicht wissen, woher sie eigentlich kommt – ein tief verankerter Glaubenssatz, der dann in uns aufploppt. Betroffene von narzisstischer Manipulation haben oft verinnerlicht, sie könnten im Leben nicht wirklich bestehen, sie könnten ohne eine andere Person nicht sein oder das Leben wäre weniger wertvoll ohne die andere Person.
Wir wurden nie ermächtigt, für uns einzustehen. Wir durften nie erfahren, dass wir Beziehungen, Lebensweise und situative Konstellationen selbst gestalten dürfen oder uns abgrenzen dürfen bei schadhaftem Verhalten. Was in der Kindheit begonnen hat, höhlt uns zunehmend aus im Leben. Der Prozess der suggerierten Fehlannahmen in Bezug auf uns sorgt dafür, dass wir uns eher auf andere Menschen als auf uns orientieren, wir unser Leben weniger selbst in die Hand nehmen, wir uns ausgeliefert, ängstlicher und minderwertig fühlen – und das eigene Wohlbefinden erheblich leidet.
Trugschluss der Passivität
Viele Menschen, die negative Zuschreibungen wie Abwertungen, Bloßstellungen, übertriebene Erwartungen, Liebesentzug etc. in der Vergangenheit erfahren haben, fühlen sich emotional belastet, erschöpft, innerlich leer und irgendwie nicht als Ganzes. Die narzisstische Manipulation, bei der sie immer wieder funktionieren mussten, hat sie zersetzt. Sie wissen gar nicht, wie frei es sich anfühlen kann, für sich selbst einzustehen. Die Energie, die sie darauf „verschwenden“, anderen zu beweisen, wie wertvoll und liebenswert sie sind, diese Energie könnten sie in ihr Leben investieren. Doch diesen Dreh muss man erst einmal raushaben, wenn er einem in der Kindheit aberzogen wurde.
Prägungen aus der Vergangenheit verstehen
Besonders prägend sind Erfahrungen aus der Kindheit, in denen Autonomie bestraft oder ignoriert wurde. Es galt, still zu sein, zu funktionieren und nicht „aufzumucken“. Wir sollten spuren! Andernfalls wurden wir bestraft oder allein gelassen oder weniger lieb gehabt. Daraus entstand die Verlustangst und das Gefühl, sich lieber unterzuordnen und sich zurückzunehmen. Passiv zu bleiben und andere lieber machen zu lassen. Bis heute verharren, aus Angst vor Ablehnung, Verlust oder etwaigen Nachteilen, viele in belastenden Situationen, selbst wenn diese seelisch schädigend sind.
Ähnlich verhält es sich auch mit Beschämungen. Wir wollten etwas machen, uns wurde eingeredet, wir könnten es nicht, wir versuchten es dennoch – und scheiterten. Und dann kam das: „Siehst du, ich habe es dir doch gesagt! Du kannst das nicht. Das wird nichts mit dir!“ Scham- und Schuldgefühle nahmen uns ein.

Wenn wir narzisstische Manipulation nicht hinterfragen, etwa aus Angst, hält sie uns ein Leben lang gefangen und gefesselt. © dasWebweib under cc
All die Prägungen aus der Kindheit führten vermutlich dazu, dass wir heute anfälliger für narzisstische Manipulation sind.
Selbstmitgefühl entstehen lassen
Es wird Zeit, dass wir uns selbst Mitgefühl entgegenbringen, für das, was uns widerfahren ist. Das ist der erste Schritt der Selbstfürsorge. Wir können uns bewusst dafür entscheiden, uns mit wohlwollenden Gedanken und Gefühlen zu begegnen, für uns Verständnis zu haben, uns Fehler zu verzeihen, daraus zu lernen und es immer wieder zu versuchen.
Aus der Passivität befreien
Wir glauben lediglich aufgrund von Glaubenssätzen, die andere uns vermittelten, wir könnten dagegen nichts machen. Wir seien einer Situation wie einer toxischen Beziehung oder einer destruktiven familiären Konstellation oder narzisstischen Vorgesetzten ausgeliefert – doch das ist ein Trugschluss. In Gesellschaften mit grundlegenden sozialen Sicherungssystemen und mehreren Optionen für den eigenen Werdegang besteht immer eine Möglichkeit, Einfluss auf das eigene Leben zu nehmen. Was erst einmal wie ein unüberwindbarer Berg wirkt, kann zunächst sukzessive erprobt werden. Selbst kleine Schritte im Alltag, wie bewusste Abgrenzung oder das Benennen von Bedürfnissen, können ein neues Gefühl von Kontrolle und Eigenverantwortung schaffen. Ein Gefühl von Freiheit entsteht über Selbstwirksamkeit.
Wut als Signal der Selbstwahrnehmung
Müssen wir uns in einer Beziehungskonstellation ständig zurücknehmen, kann sich in regelmäßigen Abständen in unserem Inneren etwas regen: Wut. Sie ist nicht nur ein Zeichen von Ärger, sondern auch ein Ausdruck von Selbstschutz und Selbstachtung. Unsere Wut steht dafür, dass jemand unsere Grenzen übertritt. Dass wir zulassen, wie etwas oder jemand uns nicht guttut. Wut ist also ein deutliches und erstes Zeichen in dir, was dir zeigt, dass etwas gehörig schief läuft. Sie zu erkennen, ist der erste Schritt zur Selbstbehauptung.
Es geht dann nicht darum, zu streiten oder selbst herabsetzend zu werden. Vielmehr sollten wir dieses Signal aus dem Inneren registrieren, um zu bemerken, dass eine Änderung in unserem Leben erforderlich ist. Anstatt uns in endlose Diskussionen mit unserem Gegenüber zu ergießen, genügt ein Satz, der zeigt, dass man eine destruktive Behandlung nicht länger duldet, genauso wie ein Verlassen der Situation. Eine Person, die dysfunktionales Verhalten aufweist und beispielsweise narzisstisch ist, wirst du mit deinen Erklärungen sowieso nicht erreichen können.
Wichtig ist, diese Energie der Abgrenzung und Selbstfürsorge zu nutzen, um langfristig neue Wege einzuschlagen, statt wieder in alte Muster der Selbstabwertung oder des Erduldens von toxischem Verhalten zurückzufallen.
Die Kunst der ruhigen Selbstbehauptung
Es braucht also nicht zwangsläufig laute Worte oder eine offene Konfrontation. Der erste Schritt zu innerer Unabhängigkeit ist oft leise, aber bestimmt: eine klare Positionierung im Alltag. Das bedeutet, „Nein“ zu sagen, wenn etwas nicht gut tut, und sich selbst gegenüber loyal zu bleiben. Dabei ist wichtig zu unterscheiden: Nicht jede Meinungsäußerung muss zu Streit führen. Vielmehr ist es ein Akt gesunder Selbstführung, die eigenen Werte zu benennen und danach zu handeln.

Wenn wir uns nicht mehr von anderen vereinnahmen und funktionalisieren lassen, wird aus einem verschlungenen Irrweg ein geebneter. © Kurt Stocker under cc
Reagiert dein Gegenüber darauf nicht, ändert also nicht das Verhalten, solltest du es registrieren, für dich beispielsweise notieren und dir Strategien überlegen, wie du etwas an deiner Situation veränderst. Verantwortung für sein Wohlergehen zu übernehmen, kann manchmal ein Prozess sein. Gerade wenn zum Beispiel Kinder mit im Spiel sind, man finanziell abhängig ist oder den Job beispielsweise nicht so leicht wechseln kann, ist es leichter gesagt als getan, eine schadhafte Konstellation zu verlassen. Dennoch können Veränderungen bereits angedacht werden. In sich die Bereitschaft zu tragen, seine Situation auf lange Sicht ändern zu wollen und sich selbst zu schützen, stärkt schon den Selbstwert. Selbst wenn die Umstände aktuell noch nicht so sind, dass eine Änderung von jetzt auf gleich möglich ist. Zu erkennen und nicht mehr zu verdrängen, zeigt eine wohlwollende Haltung sich selbst gegenüber. Mit der Zeit und dem Austausch mit anderen werden uns verschiedene Lösungen einfallen. Wir müssen nur erst einmal die gedankliche Tür dafür öffnen.
Verantwortung übernehmen – für das eigene Wohlbefinden
Ein seelisch zufriedenes Leben beginnt mit der Bereitschaft, für sich selbst einzustehen. Das bedeutet nicht, egoistisch zu handeln, sondern in einem natürlichen Gleichgewicht zwischen Selbstfürsorge und sozialem Miteinander zu leben. Wer bisher stets übermäßig angepasst war, darf nun lernen, sich selbst Raum zu geben – ohne Angst vor den Reaktionen anderer. Wer für sich einsteht und nicht mehr die Reaktionen anderer fürchten muss, weil er sich emotional und verhaltenstechnisch abgrenzt, wird unabhängiger. Je mehr wir die Schritte in unser eigenes Leben gehen, desto stärker fühlen wir uns und desto mehr wird möglich. Wir legen die Passivität ab, von der andere in Bezug auf uns profitierten.
Du darfst sein
Es braucht Mut, sich aufzurichten – besonders, wenn man es nicht gewohnt ist. Doch jeder Schritt hin zu mehr Selbstachtung ist ein Schritt in ein freieres, selbstbestimmteres Leben. Reaktionen anderer sind nicht deine Verantwortung. Sie haben von unseren negativen Glaubenssätzen, unseren Selbstzweifeln und Ängsten profitiert, die sie selbst auch noch befeuert haben. Du hast darum nicht gebeten. Es ist dir passiert. Mit der Erkenntnis kannst du dich nun selbst schützen. Vielleicht beginnt es mit einer Liste, wo du all die toxischen Verhaltensweisen deines Gegenübers, die narzisstische Manipulation, notierst, um dir deiner Selbstwahrnehmung sicher zu sein, etwa weil du Opfer von Gaslighting geworden bist. Vielleicht beginnt es damit, dass du es „wagst“, in dich hinein zu hören und deine Bedürfnisse kundzutun. Denke aber daran: Deine Sicherheit und die deiner Kinder hat immer oberste Priorität. Suche dir/euch Schutz, falls du befürchtest, die Reaktionen deines Gegenübers auf deine neuen Verhaltensweisen könnten negativ und übergriffig ausfallen. Deine Aufgabe ist es, für dein Wohlbefinden zu sorgen und deinen Platz im Leben einzunehmen. Du darfst sein und du darfst selbstbewusst sein, bei Erfolg oder Misserfolg, ganz egal. Du darfst dich behaupten. Und du darfst dich schützen. Du darfst, sollst und kannst so leben, wie du es möchtest. Das ist dein gutes Recht.
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