Narzisstische Spielchen können dazu führen, dass jede noch so entspannte Person die innere Ruhe verliert. Gespräche mit NarzisstInnen eskalieren häufig zu Streits. Am Ende ist man aufgewühlt, emotional verletzt und bleibt mit Verwirrung zurück. Wie konnte es zu diesem Streit kommen, obwohl man sich doch fest vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben?
Im ersten Teil der Artikelserie sind wir auf einige mögliche Hintergründe eingegangen, warum sich narzisstische Personen so verhalten, wie sie es tun. Außerdem besprachen wir, zu welchen schadhaften seelischen Prozessen ihr Verhalten beim Gegenüber führen kann. Nachfolgend werden wir verschiedene Tipps für eine gute Kommunikation geben und einige Beispiele dazu aufführen.
Auch an dieser Stelle sei noch einmal die Voraussetzung für die im Artikel angesprochene Thematik erwähnt, dass deine körperliche Unversehrtheit zu keinem Zeitpunkt in Gefahr ist. Falls du es mit einem Menschen zu tun hast, der vor körperlicher Gewalt, inklusive heftigen Drohungen, Einsperren, Schubsen etc., nicht zurückschreckt, muss deine Sicherheit stets oberste Priorität haben. Informiere dich zum Beispiel hier: Was ist re-empowerment?. Oder auch hier: Gewalt gegen Männer.
Doch auch in sozialen Beziehungen, die nicht von physischer Gewalt geprägt sind, kann emotionale Gewalt stattfinden, die kräftezehrend ist.
Gute Kommunikation: Wenn reden nicht mehr geht, aber sein muss
Gerade wenn man beispielsweise gemeinsame Kinder mit einer Person hat, die narzisstische Züge an den Tag legt, können die Besprechungen oft kräftezehrend sein. Denn NarzisstInnen schrecken nicht davor zurück, die Kinder als Hebel für narzisstische Spielchen zu benutzen. Jeder elterlichen Absprache werden Steine in den Weg gelegt und Probleme geschaffen, wo es eigentlich keine gibt.
Auch in Partnerschaften mit NarzisstInnen sind Streitereien an der Tagesordnung. Obwohl eine Trennung von einer Partnerschaft mit NarzisstInnen zumeist die unausweichliche Option ist, ist die Loslösung, verbunden mit mehreren Trennungen und Wiederbelebungen der Partnerschaft, doch manches Mal ein langwieriger Prozess. Narzisstische Eltern oder Geschwister können jedes Familienfest zu einem Eklat werden lassen. Möchte man sich nicht von der Familie trennen, sind, ähnlich wie mit einer narzisstischen Chefin oder einem narzisstischen Chef, gute Kommunikationsstrategien gefragt. Ob diese wirklich fruchten, ist nicht immer gesagt. Auf jeden Fall verschaffen sie eine gewisse Sicherheit im Umgang mit NarzisstInnen. Auch vermindern sie die Wahrscheinlichkeit, dass man selbst in einem solchen Gespräch die Fassung verliert. Schauen wir uns einige Kommunikationstipps dazu an.
Narzisstische Spielchen: Freundliche, aber sachliche Positionierung
Vielleicht gehörst auch du zu den Menschen, die sich durch narzisstische Spielchen oft das Wort im Munde umdrehen lassen. Nach dem Streit fragt man sich, wo eigentlich der Anfang war? Wieso haben wir unser Ursprungsanliegen aus den Augen verloren? Der Streit entwickelte sich in eine unvorhergesehene Richtung und die eigentliche Thematik geriet in den Hintergrund. Deshalb ist es wichtig, dass du dich nicht auf narzisstische Spielchen wie Schuldumkehr, Bloßstellung, Witzeleien, Degradierung, Gaslighting einlässt und ganz klar dein eigentliches Anliegen des Gespräches weiter verfolgst. Sprich: Du begegnest deinem Gegenüber mit Ruhe, Sachlichkeit und Standfestigkeit. Und vor allem bleibe freundlich und zugewandt dabei. Niemand möchte ohne Respekt und mit Gefühlskälte behandelt werden. Lob und Anerkennung sind dagegen zuträglich für eine gesunde Gesprächsführung. Zum Beispiel könntest du es nach einer Scheidung so formulieren:
„Wir müssen noch darüber reden, wie wir den Hausverkauf abwickeln wollen. Wir waren doch immer ein gutes Team bei so etwas. Ich würde gern mit dir besprechen, welche Schritte wir anvisieren. Wie sieht es bei dir aus, wann hättest du Zeit?“
Was, wenn die neue Gesprächskultur abgelehnt wird?
Narzisstische Menschen haben oft ein feines Gespür, wenn sich die Art, wie man Gespräche angeht oder ihnen gegenübertritt, verändert. Es kann also sein, dass sie darüber spotten, spitze Bemerkungen machen und dich erneut nicht für voll nehmen. Womöglich ranzen sie dich sogar an und sagen dir, dass sie keine Lust oder viel zu tun hätten und keine Zeit, um auf deine neue „Marotte“ einzugehen. Diesen Unmut solltest du überhören. Ungeachtet dessen solltest du verdeutlichen, dass du die Dringlichkeit deines Anliegens nicht aus den Augen verlieren wirst. Trage auch die weiteren Sätze mit Klarheit, Ruhe und Selbstbewusstsein vor. Sprich: Du bleibst am Ball. Und bleibe inhaltsbezogen. Zum Beispiel:
„In Ordnung. Ich akzeptiere, dass du das Thema gerade nicht besprechen möchtest. Lass uns in den nächsten Tagen darüber reden. Ich rufe dich an. Es ist wichtig, und ich möchte das wirklich gern besprochen wissen.“
Grenzziehung gegenüber Narzissten: Nicht auf Abwertungen eingehen
Versuche, nicht auf die abwertenden Kommentare einzugehen. Überhöre sie einfach. NarzisstInnen werden im Streit schnell persönlich, das sagten wir im ersten Artikelteil bereits. Sie verlagern die Inhaltsebene auf eine Persönlichkeitsebene. Oft stehen dann du als Person und dein angeblich so „unmögliches“ Verhalten im Mittelpunkt. Durch den verbalen Angriff auf deine Person wirst du in die Ecke gedrängt und kommst automatisch in eine Verteidigungsposition.
Der Verlagerung auf Nebenschauplätzen entgehen
Je mehr du deiner sachlichen, aber zugewandten Positionierung treu bleibst, desto eher wird dir vor Augen geführt, wie oft der/die andere eigentlich vom Thema abweicht und das Gespräch auf Nebenschauplätze verlagert. Es finden Wahrnehmungsverwaschung, Schuldumkehr, Beleidigung statt oder ein Themenwechsel. Oft verfallen narzisstische Personen dann ins Monologisieren. Sie finden zu ihren stets wiederkehrenden Themen zurück. Du brauchst nicht reagieren und kannst es übergehen, wenn dein Gegenüber beispielsweise zu dir sagt: „Immer machst du das und das …“ Oder: „Du wolltest dich doch sowieso schon die ganze Zeit trennen.“ Oder: „Traust du dich nicht, ohne eine Freundin ein Gespräch mit mir alleine zu führen? Brauchst du Beistand, oder was?“
Sei ein freundlicher Fels im Umgang mit Narzissten
Auf all diese Vorwürfe oder Beschämungen musst du keine Antwort geben und dich nicht rechtfertigen. Du kannst beim Thema bleiben und dich nicht für narzisstische Spielchen benutzen lassen. Andernfalls wärst du genervt oder aufgewühlt und würdest mit deinem Anliegen nicht zum Zuge kommen.
Blende stattdessen die Beschämung aus. Wenn du dich dafür entscheidest, deinem Ex-Beziehungsmenschen mit einer Begleitung durch einen Freund oder eine Freundin gegenüberzutreten, dann hast du einen guten Grund dafür, der nur für dich wichtig ist: Nämlich, weil es dir dadurch besser geht. Du musst und solltest dich nicht erklären, weil du dadurch erneut weitere Angriffsfläche bietest.
Möchte dein Ex-Beziehungsmensch immer wieder über die Gründe des Beziehungsendes sprechen, könntest du zum Beispiel antworten:
„Ich verstehe, dass dich das Thema noch beschäftigt. Aber wir haben es bereits ausreichend besprochen. Ich habe dir alles erklärt und an meiner Sichtweise hat sich nichts geändert. Wie gesagt, ich habe dir nicht wehtun wollen. Das tut mir nach wie vor leid. Wir können zu einem späteren Zeitpunkt mit mehr Abstand zur Trennung noch einmal in Ruhe über alles sprechen. Das würde sich auch für mich gut anfühlen. Für den Augenblick ist alles gesagt, denke ich. Lass uns mal versuchen, eine Lösung zu finden, wann ich am besten meine Sachen abholen kann. Ich würde mit einem Freund vorbeikommen, der mir tragen hilft. Wann passt es dir am besten zeitlich?“
Notfalls, das Gespräch vertagen
Falls dein Gegenüber nicht von den Nebenschauplätzen abzubringen ist, bleibt dir die Option, das Gespräch zu vertagen.
Vor allem wenn viel an Kommunikation durcheinander geht, weil auf beiden Seiten verbale Verletzungen stattgefunden haben, ist eine gesunde Abgrenzung wertvoll. Vielleicht fällt es auch dir schwer, nein zu sagen. Dennoch müssen wir uns nicht ständig erklären, warum wir dieses oder jenes nicht tun wollen. Je mehr ein Nein unterfüttert ist, dadurch dass man zu sich steht, sich abgrenzt und in sich ruht, umso mehr wird dem/der anderen bewusst, dass es ein ernstgemeintes Nein ist. Einige Sätze, die mit einem Nein gut zusammengehen, wären beispielsweise:
„Du bist ein wichtiger Mensch für mich. Aber das ist nicht die Art und Weise, wie ich ein Gespräch führen möchte.“
„Ich möchte nicht derart attackiert werden. Das schadet unserem Miteinander. Lass uns zukünftig anders miteinander umgehen.“
„Momentan kommen wir zu keinem Konsens, weil wir zu aufgewühlt sind. Das tut uns beiden nicht gut. Lass es uns besser vertagen und dann sprechen wir ruhig weiter.“
„Ich möchte dir wirklich nichts Schlechtes. Wir werden eine Lösung finden, aber momentan brauche ich Zeit.“
Es geht nicht darum, zu mauern (denn das könnte zu Unmut führen, weil niemand so behandelt werden möchte), sondern freundlich, respektvoll und zugewandt zu bleiben und sich dennoch abzugrenzen. Der Unterschied liegt in der Tonart. Besser ist eine sachliche und zugewandte Tonart, anstatt einer unterkühlten, geringschätzigen und abweisenden.
Zudem könnte es helfen, an die Vernunft zu appellieren:
„Wir beide sind verständige Menschen. Lass uns gemeinsam versuchen, zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.“
Ruhe vor narzisstischen Spielchen: Sich selbst Pausen erbitten
Übrigens: Ein Vertagen von Gesprächen kann auch für dich nützlich sein. Wer sagt denn, dass man ständig sofort eine Antwort auf alles haben muss? Es ist absolut in Ordnung, ein Gespräch zu verschieben oder sich Zeit für eine Antwort zu erbeten. Zum Beispiel:
„Darüber muss ich zuerst nachdenken, da ich dich nicht mit einer unüberlegten Antwort abspeisen möchte. Besser ist es deshalb, wir vertagen das Gespräch.“
Oder:
„Ich muss sagen, dass ich darauf aktuell noch keine Antwort weiß. Deshalb möchte ich in Ruhe darüber nachdenken. Danach können wir noch einmal sprechen.“
Im letzten Artikel unserer Artikelserie „Wenn jedes Gespräch zum Streit wird“ folgen weitere Punkte, wie man narzisstische Spielchen durch eine gute Kommunikation anhand von beispielsweise einer positiven Gesprächsführung und Passivsätzen entkräften kann: Toxische Menschen auf Abstand halten: Kommunikationstipps – Wenn jedes Gespräch zum Streit wird (3).