Coaching oder Psychotherapie – die Frage stellt sich manchmal, wenn Menschen im Leben nicht weiterkommen. Nicht immer ist es eindeutig, ob eine beratende Begleitung durch Coaches passend wäre, um das momentan bestehende Thema im Leben zu klären, oder ob das Problem tiefgreifender ist und eine Psychotherapie angeraten sein könnte. Anhand verschiedener Punkte lässt sich entscheiden, wann das Angebot eines Coachings und wann demgegenüber eine psychotherapeutische Intervention zu erwägen ist.

Coaching oder Psychotherapie: Entscheidungshilfe

Grundsätzlich hängt es von der Art und Tiefe des Problems ab, ob für dich ein Coaching oder eine Psychotherapie nützlich wäre. Es steht dir auch frei, erst einmal das Eine zu probieren und später gegebenenfalls zu wechseln, solltest du dir eine zusätzliche Intervention wünschen.

Problemtiefe und verwendete Methoden

Bei einem Coaching werden zuvorderst die eigenen Ressourcen aktiviert. Es hilft dir beispielsweise dabei, dich beruflich neu auszurichten, dein Stressmanagement oder deine Problemlösekompetenz zu verbessern oder es begleitet dich bei der Verarbeitung einer Trennung. Dank eines Coachings erkennst du deutlicher, welche Wünsche und Ziele du hast. Es stärkt dein Vertrauen in dich und darin, wie du deine Ziele erreichen und dich entwickeln kannst.

Mann schaut nachdenklich

Coaching oder Psychotherapie ist eine Frage, die sich einige vor dem Hintergrund einer aktuellen Problemlage stellen. © Sean Hagen under cc

Eine Studie von der Psychologin Sabine Losch und ihrem Forschungsteam zeigt, dass individuelles Coaching zum Beispiel bei Prokrastination effektiv hilft und die Zielerreichung, genauso wie die Zufriedenheit, verbessert. Die professionelle, beratende Begleitung durch eine Caoching-Person steigert die empfundene Unterstützung, gleichermaßen die eigene Selbstwirksamkeit und intrinsische Motivation.
Ein Coaching ist ziel- und lösungsorientiert und insgesamt kürzer ausgelegt. Obwohl einige der verwendeten Methoden nahe an verschiedenen psychotherapeutischen Techniken sind, richtet sich grundsätzlich ein Coaching an psychisch gesunde Menschen, die aktuell an ihre Grenzen stoßen und eine Neuausrichtung in ihrem Leben suchen.

Eine Psychotherapie verwendet klinische Interventionstechniken, die dir bei einschneidenden psychischen Problemen helfen. Die Arbeit an der Psyche dauert in der Regel länger und geht intensiver in die Tiefe. Verursachen deine aktuellen Probleme einen hohen Leidensdruck und schränken sie deine Funktionalität im Alltag ein, sind die Ursachen zumeist tiefer in der Psyche verankert. Auch wenn Probleme länger bestehen und nicht oder kaum willentlich von dir beeinflusst werden können, ist eine Psychotherapie angeraten. Anhand eines international gültigen Klassifikationssystems der Weltgesundheitsorganisation ordnen psychotherapeutische Fachleute deine geschilderten Symptome ein und stellen eine entsprechende Diagnose, die mit gezielten Interventionen behandelt werden kann.

Coaching und Therapie: Gute Fachleute finden

Ein Coaching ist jedoch nicht automatisch oberflächlicher angelegt. Es geht durchaus in die Tiefe von beispielsweise Entscheidungsprozessen hinein und ist mit teils herausfordernden Fragen verbunden, die man sich selbst stellen sollte. Deshalb ist es auch wichtig, einen guten Coach beziehungsweise eine gute Coachin zu finden. Personen, die selbst mit dem Gedanken spielen, Coachings anzubieten, sollten die Ausbildung und Berufsausübung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die mentale Arbeit mit einem Menschen obliegt einer Verantwortung, weshalb eine zertifizierte Coaching-Ausbildung wesentlich ist.

Die psychotherapeutische Ausbildung und Arbeit ist zwar gesetzlich geregelt, jedoch lassen sich auch in dieser Berufsparte, so wie in jeder anderen, weniger professionell arbeitende Personen finden.

Kleines Mädchen schaut in die Kamera

Bei tiefergreifenden Problemen, die auf eine belastete Kindheit zurückgehen, ist eine Psychotherapie oftmals hilfreich. © Sharon Mollerus under cc

Verantwortungsvolle Fachleute im Coaching oder psychotherapeutischen Bereich bemerken recht schnell, ob ein Coaching oder eine Psychotherapie im Einzelfall besser wäre und raten dementsprechend dazu.
In manchen Fällen ist es auch keine Entweder-Oder-Entscheidung in Bezug auf ein Coaching oder eine Psychotherapie, sondern es kann eine Kombination aus beidem sinnvoll sein. Zum Beispiel kann vor dem Hintergrund einer Therapie in Absprache mit der behandelnden Person für die Erreichung eines einzelnen Zieles zusätzlich ein Coaching genutzt werden. Oder aber man macht eine Psychotherapie, um individuelle Probleme anzugehen, und arbeitet darüber hinaus im Rahmen eines Beziehungscoachings die partnerschaftlichen Probleme auf.

Coaching: Wann es sinnvoll ist

Ein Coaching ist ein interaktiver Prozess der beratenden Begleitung, welcher sich am Individuum orientiert. Es werden keine Handlungsanweisungen vorgegeben, sondern die gecoachte Person wird in der Entwicklung eigener Lösungen und Ziele unterstützt. Der Bedarf für ein Coaching lässt sich zusammenfassend durch die nachfolgenden Punkte umreißen:

Zielformulierung und Erreichung

Solltest du beispielsweise deinen nächsten Karriereschritt planen oder ein bestimmtes Projekt umsetzen wollen, kann ein Coaching für dich sinnvoll sein. Ein Coaching hilft dir dabei, deine Wünsche und Ziele klarer zu erkennen und zu formulieren, und begleitet dich bei der Zielerreichung. Ein Coaching ist auf die Zukunft gerichtet und unterstützt dich mit gezielten Fragen, im Heute dein Morgen zu verbessern.

Spezifische Probleme und Herausforderungen

Wenn du in deinem Privatleben nicht weißt, wie du mit einem bestimmten Problem, einer Situation oder Konstellation umgehen sollst, wäre ein Coaching nützlich. Gemeinsam wird an der betreffenden Thematik gearbeitet und dir werden hilfreiche Werkzeuge für den Umgang damit an die Hand gegeben.

Auch wenn du eine bessere Stressbewältigung oder Work-Life-Balance erreichen möchtest oder einen weniger aufwühlenden Umgang mit Konflikten, kann dir ein Coaching helfen.

Persönliche Entwicklung

Darüber hinaus ist ein Coaching nützlich, um an deiner persönlichen Entwicklung und individuellen Entfaltung zu arbeiten. Möglicherweise möchtest du deine Kommunikationsfähigkeiten verbessern oder mehr Führungskompetenz entwickeln. Bei einem guten Coaching stehen dir zertifizierte Fachleute zur Seite. Viele Unternehmen nutzen Coachings, um ihre Mitarbeitenden hinsichtlich ihrer Kompetenzen und Fähigkeiten zu fördern oder um eine optimierte Zusammenarbeit im Team zu bekommen. Zudem werden beispielsweise Maßnahmen zum Erhalt der körperlichen und mentalen Gesundheit im Zuge einer betrieblichen Gesundheitsförderung etabliert.

Psychotherapie: Wann sie wichtig ist

Zwei Männer diskutieren miteinander

Für einen besseren Umgang mit Konflikten zwischen den Mitarbeitenden entscheiden sich manche Unternehmen für ein Coaching. © Felipe Skroski under cc

Bei der Entscheidung, ob ein Coaching oder eine Psychotherapie angeraten wäre, solltest du eine Psychotherapie in Betracht ziehen, sobald du die nachfolgenden Aspekte bei dir beobachtest:

Tiefe emotionale Probleme

Belasten dich bestimmte Gefühle, Denkmuster oder Verhaltensweisen und kannst du kaum oder keinen Einfluss darauf nehmen, dann ist eine Psychotherapie wichtig. Auch wenn du immer wieder an deine Grenzen stößt, wiederkehrende Muster bei dir entdeckst, du Leidensdruck und eine Beeinträchtigung im Alltag spürst, kann eine psychotherapeutische Intervention seelisch entlastende Unterstützung geben.

Psychische Erkrankungen

Bei Symptomen, die im klinischen Bereich liegen, wie unter anderem häufigen Ängsten, tiefen Selbstzweifeln, niedergedrückter Stimmung, Panikattacken und wiederholten Grübeleien ist eine Psychotherapie notwendig. Hast du den Verdacht, klinisch relevante Symptome könnten bei dir vorliegen, solltest du zur Abklärung psychotherapeutische Fachleute aufsuchen.

Bewältigung der Vergangenheit

Spürst du, dass deine Denk- und Verhaltensweisen sowie Gefühle auf Ursachen in deiner Kindheit zurückgehen, ist eine Psychotherapie ebenfalls angeraten. Tief verwurzelte Konditionierungen, Glaubenssätze und wenig steuerbare Verhaltenstendenzen sollten zuvorderst mit professioneller psychotherapeutischer Unterstützung angegangen werden.

Wiederkehrende soziale Konflikte und Beziehungsthemen

Tauchen bei dir wiederholt bestimmte Probleme in Beziehungen auf oder eckst du immer wieder mit anderen an, kann das auf tiefere seelische Verletzungen und problematische Muster hindeuten, die eine Psychotherapie notwendig machen.

Die Hemmschwelle für ein Coaching ist für viele Menschen geringer. Eine Psychotherapie anzutreten, ist dagegen zum Teil mit größeren Ängsten verbunden. Ob du ein Coaching oder eine Psychotherapie wählst, bleibt letztendlich eine Frage vernunftgeleiteter Abwägungen und des eigenen Bauchgefühls. Wichtig ist jedoch, dass du dich in eine ehrliche Auseinandersetzung mit dir begibst und tief in dich hinein spürst, welche Interventionsform für dich die passende ist.