Bist du glücklich? Viele von uns beantworten die Frage häufig damit, dass sie in bestimmten Momenten ein Glücksgefühl verspüren und ansonsten „relativ zufrieden“ sind. Aber lässt sich das eigene Wohlgefühl grundlegend maximieren? Die Baseline der Zufriedenheit in Richtung des Glücksgefühls erhöhen? Kann man Glücklichsein lernen? In einem Seminar an der Harvard-Universität lernte ich etwas über die Stellschrauben des Glücks. An welchen Punkten muss man arbeiten, um glücklicher werden zu können? Here we go!
Glücklich werden ist eine Reise
In dem Seminar „Managing Happiness“ setzt sich der Harvard-Professor Arthur Brooks, Sozialwissenschaftler und Bestseller-Autor, mit den Komponenten des Glücklichseins auseinander. Basierend auf philosophischen und religiösen Ansätzen wie dem Buddhismus und darüber hinaus dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Forschung bringt er das Glücklichsein auf eine einfache Formel. Dazu später.
Studien zeigen, dass glückliche Leute oftmals erfolgreicher sind und einen besseren Outcome in vielen Aspekten des Lebens erzielen als weniger glückliche Leute. Sie scheinen häufiger beruflich erfolgreicher zu sein und in erfüllenderen Jobs zu arbeiten. Auch privat verfügen sie offenbar über eine bessere und glücklichere soziale Einbettung von Familie über Freunde bis hin zur Gemeinschaft.
Success is not the key to happiness. Happiness is the key to success.
Albert Schweitzer (Arzt, Philosoph, Denker)
Auf dem Weg zum Glück: Selbsterkenntnis
Um glücklicher zu werden, muss man zunächst einmal sich selbst kennenlernen. Eigentlich logisch, denn damit man das Glücklichsein lernen kann, muss man wissen, was einen glücklich macht. Und dazu braucht man wiederum die Erkenntnis darüber, was für ein Mensch man ist. Außerdem ist ein Mensch, der in Einklang mit sich selbst ist, wahrscheinlich unbeschwerter, voller Mut und Tatendrang. Durch nichts aufzuhalten, sozusagen. Das ist es doch, was wir alle im Leben erreichen wollen, oder?
Das Glücklichsein gleicht einer Reise. Wie immer im Leben wird es auf dieser Reise glückliche Momente geben genauso wie weniger glückliche. Insgesamt wird jedoch die Stabilität des empfundenen Glücksgefühls zunehmen, je stabiler die Säulen des Glücklichseins in deinem Leben fußen. Je gefestigter du aufgestellt bist hinsichtlich der einzelnen Säulen des Glücks, umso größer ist deine Fähigkeit, negative Emotionen und Situationen regulieren zu können. Die Resilienz wird gestärkt, das heißt, die seelische Widerstandskraft steigt. Achtsamkeit, also das Leben im Hier und Jetzt, gilt als Grundvoraussetzung, damit man das Glücklichsein lernen kann.
Übrigens: Glück ≠ Abwesenheit von Krankheit
Klinische und therapeutische Beobachtungen zeigen, dass die erfolgreiche Anwendung psychologischer Strategien/Interventionen zur Bewältigung von beispielsweise Ängsten oder depressiven Symptomen nicht automatisch bedeutet, dass man glücklicher wird. Glück ist demzufolge nicht die Abwesenheit von mentaler Krankheit. Die Strategien zur Bewältigung psychisch dysfunktionaler Prägungen sind mitunter andere als die zum Aufbau des Glücklichseins.
Der wissenschaftliche Ansatz der Positiven Psychologie untersucht, welche Aspekte den Einzelnen, aber auch Organisations- und Gesellschaftssysteme dazu befähigen, sich bestmöglich zu entwickeln.
Positive Psychologie ist daher die Wissenschaft des gelingenden Lebens. Im Zentrum steht die empirische Erforschung von menschlichen Ressourcen, Stärken und Potenzialen, sowie des Wohlbefindens.
Brohm-Badry & Berend, Universität Trier
Also los, auf gehts. Stärke deine Investments in das Glück und balanciere dein Glücksportfolio! (Ein Gleichnis, das ich aus dem besagten Seminar von Prof. Brooks mitgebracht habe.)
Glücksportfolio: so kann man Glücklichsein lernen
Vier große Kategorien beziehungsweise Investments werden von Prof. Arthur Brooks hinsichtlich des Glücksportfolios benannt. Damit man Glücklichsein lernen kann, braucht es eine Balance zwischen diesen vier Bereichen. Welche das sind, folgt nun:
1. Ansicht von der Welt
Unser Glaube beziehungsweise unsere Lebensphilosophie basiert darauf, wie wir die Welt verstehen. Nehmen wir uns als Akteur, als Gestalter des Lebens, wahr oder tragen wir eher den Opfermantel mit dem Glauben, stets Pech zu haben, ungeliebt zu sein und nichts im Leben wirklich beeinflussen zu können. Unser Blick auf uns in der Welt bestimmt, wie glücklich wir sind. Er bestimmt auch unser Verhalten und ob wir gezielt nach neuen Möglichkeiten suchen, die uns glücklicher werden lassen.
2. Familiäre Eingebundenheit
Familie kann man sich nicht aussuchen. Nicht umsonst gibt es unzählige Weihnachtskomödien, die wir vor dem winterlichen Feste allzu gerne schauen, weil wir wissen, dass das Chaos, sobald die Familie aufeinandertrifft, vorprogrammiert ist. Viele von uns verbindet mit der Ursprungsfamilie sowohl positive als auch negative Erfahrungen. Manche von uns haben Fehlprägungen erlitten, die es aufzuarbeiten gilt. In der Regel gibt es für die meisten zumindest einzelne Familienmitglieder, mit denen man durch dick und dünn gehen kann, die einfach für einen da sind, wenn es darauf ankommt (trotz eventueller Unstimmigkeiten und vergangener Streitereien). Dabei kann es sich um Mitglieder der ursprünglichen Familie handeln, in der man aufgewachsen ist, genauso wie um angeheiratete Verwandte, die quasi neu dazugekommen sind. Familie ist und bleibt ein besonderes Band.
Was wir als Familie definieren, ist unsere persönliche Sache. Wann wir uns abgrenzen müssen, weil man nicht an etwas festhalten sollte, was einem schadet, oder wann man einfach nur mehr Abstand in die Kontakte bringen sollte, das bleibt jedem selbst überlassen.
3. Freundschaft und Gemeinschaft
Im Allgemeinen haben die meisten von uns in der freundschaftlichen Verbindung die höchste Intimität. Damit ist keine körperliche Intimität gemeint, sondern vielmehr eine seelische. Der beste Freund oder die beste Freundin sind Gold wert. Eine Freundschaft gilt es zu pflegen, damit sie aufrechterhalten werden kann. Ein respektvoller Umgang ist dabei ebenso wichtig wie ein grundlegendes Interesse am Leben des anderen und ein gewisses Maß an Fürsorge.
Auch die Einbettung in der Gemeinschaft trägt zu dem Glücksgefühl bei. Eine Gemeinschaft kann der Kollegenkreis sein, die kirchliche Gemeinde, ein Verein oder eine Selbsthilfegruppe oder vielleicht auch eine Gruppe von Müttern, die über ihre gleichaltrigen Kinder miteinander verbunden sind. Ein nicht unerheblicher Teil, damit man Glücklichsein lernen kann, ist also das Gemeinschaftsgefühl.
4. Bedeutungsvolle Arbeit
Eine bedeutungsvolle Arbeit meint nicht zwingend, dass man einen wichtigen Titel innehat oder einem Statusberuf nachgeht. Oder gar Unmengen an Geld verdient. Bei einer bedeutungsvollen Arbeit geht es vor allem darum, etwas Gutes zu tun und dafür Anerkennung zu bekommen – von anderen, aber vor allem von einem selbst. Viele Berufe verdienen eigentlich die höchste Anerkennung (Pflege, Erziehung etc.), erhalten gesamtgesellschaftlich jedoch weniger davon. Die Umbewertung muss jeder selbst vornehmen, weil die starren gesellschaftlichen Konventionen nur langsam aufbrechen.
Balanciere die Investments
Gemäß Arthur Brooks reicht keines der Investments alleinstehend für sich aus, um glücklich zu sein. Damit man Glücklichsein lernen kann, müssen die vier Investments ausbalanciert sein. Sie müssen in Harmonie, in Einklang miteinander, stehen. Arbeitest du also an diesen vier Investments, wirst du sehr wahrscheinlich dein Glücksgefühl im Leben erhöhen können. Selbstverständlich wird es auch immer Ereignisse im Leben geben, die man nicht beeinflussen kann, und die unser Wohlbefinden erheblich negativ einfärben können. Unsere Prägungen, die äußeren Umstände und unser Temperament tragen ebenfalls zum erlebten Glücksgefühl bei. Doch diese oben genannten vier Investments können wir beeinflussen. Anhand dieser kann man das Glücklichsein lernen.
Im zweiten Teil dieser Artikelreihe sprechen wir über die seelischen Zutaten, die es braucht, damit man das Glücklichsein lernen kann. Wie müssen wir denken, fühlen, bewerten und handeln, um glücklich zu sein? Mehr dazu gibt es hier: Wieder glücklich sein: Warum es hilft, dankbar zu sein – Die Glücksformel (2).