Tabletten vor leerer Flasche, schwarzweiß

Ich bin dir ja sowieso egal… © TenThirtyNine under cc

Psychische Gewalt ist mehr als nur lästig, sie kann einem das Leben zur Hölle machen. Es gibt zwei Formen psychischer Gewalt, aktive und passive. Der aktiven Form widmen wir uns demnächst, passive Formen sind vor allem die emotionale Erpressung und Formen der Selbstschädigung.

Doppelbindung und psychische Gewalt

In eine double bind Situation oder Doppelbindung zu geraten heißt kurz gesagt: Man kann nichts richtig machen.

Eine Frau kauft ihrem Mann zwei Krawatten, am nächsten Tag trägt er eine der beiden und sie sagt betreten: „Die andere hat dir nicht gefallen?“ Ein Witz, doch so funktioniert das Spiel mit den Schuldgefühlen. Was der Mann auch macht, er hat keine Chance und ist nun scheinbar schuldig, dass seine Frau traurig ist.

Schuldgefühle auszulösen ist dann auch eines der Hauptmittel emotionaler Erpressung. „Du bist schuld, dass es mir so schlecht geht“, lautet die oft unausgesprochene Botschaft. Und so wird langsam eine Drohkulisse aufgebaut. „Wenn du nicht so funktionierst, wie ich das will, dann wirst du schon sehen, was du davon hast.“ In der passiven Variante soll der andere dann meist Schuld daran sein, dass der emotionale Erpresser Sorgen oder Kopfschmerzen hat, einen Asthmaanfall oder die ganze Nacht nicht schlafen konnte.

Dem anderen wird subtil suggeriert, was er doch für ein grausamer und kaltherziger Sadist sei, der auch anders könnte, es aber nicht tut, wohingegen der Erpresser selbst scheinbar willenlos dem Schicksal ausgeliefert ist.

„Ich lieb‘ dich nun mal.“ Mag sein, aber ist der andere zur Gegenliebe verpflichtet? „Ich mache mir doch solche Sorgen.“ Möglich, aber man muss nicht auf alle Sorgen Rücksicht nehmen und man kann dem anderen zumuten, ein gewisses Maß an Sorgen auch mal aushalten zu können, zumal wenn diese erkennbar manipulierend sind und einen in der freien Entfaltung des eigenen Lebens einschränken.

Selbstschädigung als Druckmittel

Psychische Gewalt kennt verschiedene Eskalationsstufen. Eine ist, dass der Erpresser sich selbst zu schädigen beginnt, um seinen Drohungen Nachdruck zu verleihen und so die Daumenschrauben der emotionalen Erpressung anzieht. Das geht bis zum inszenierten Selbstmordversuch, damit ein junger Mann sehen kann, was passiert, wenn er mit seinen Freunden Spaß hat, statt bei ihr zu bleiben.

Aber auch sich betrinken, ritzen, mit dem Kopf gegen die Wand hauen oder sich vollkommen zu vernachlässigen kommt als Möglichkeit in Betracht.

Was tun gegen psychische Gewalt?

Grenzen setzen lautet die Botschaft, die zwar richtig, aber schwer umzusetzen ist. Sagt man: „Nein, ich lasse mich nicht erpressen“, hat man gleich ein Problem, wenn der Erpresser rhetorisch geschickt ist, den Spieß umdreht und nun beleidigt ist, dass man ihm so etwas unterstellt, wo er es doch nur gut meint. Emotionale Erpresser sind Meister im Erzeugen von Schuldgefühlen, das ist ihre oft geübte Strategie.

Auf das eigene Gefühl hören

Hier stimmt was nicht! Das ist meist das schwer zu fassende, diffuse Gefühl, was man hat. Man fühlt sich eingeengt und unter Druck, unfrei.

Das kann man dem anderen ruhig sagen. Nicht als Vorwurf, sondern in der Ichform. Mein Empfinden kann mir niemand vorwerfen, mal schauen, wie der andere dann reagiert, wenn er unter Zugzwang steht. Vielleicht war der stille Vorwurf nur ein Missverständnis. Man kann den anderen aber auch fragen, ob er das nachvollziehen kann, dass man sich unwohl fühlt, eine oft aufschlussreiche Frage.

Den Trick kennen

Die Doppelbindung funktioniert immer nach dem Muster, dass so getan wird, als gäbe es nur zwei Möglichkeiten zwischen denen man sich entscheiden muss. Das kann subtil sein: „Du kannst natürlich gerne mit deiner Freundin tanzen gehen, mach dir mal um mich keine Sorgen.“ Mit dem Tonfall und der Miene von: „Wie kannst du nur so egoistisch sein und mit anderen Spaß haben, wo ich doch so leide.“ Die Botschaft: Bleib hier oder sei egoistisch.

Doch es gibt immer dritte Möglichkeiten, Zwischentöne, Graustufen. In der Welt der emotionalen Erpresser hingegen gibt es nur: entweder – oder.

Entdramatisieren

Oft gehören hochemotionale Inszenierungen zum festen Repertoire der emotionalen Erpresser. Dann heißt es Spannung rauszunehmen. „Ich wäre sehr traurig, wenn du leidest oder dir was passiert, aber mein Leben ginge weiter.“ Das zeigt, dass der andere mir nicht egal ist, mein Schicksal aber nicht an seines gekettet ist. Diese Kombination aus Sorge und Grenzsetzung nimmt dem Erpresser sein Druckmittel.