Neben der Arbeitswelt wird es noch weitere Bereiche des menschlichen Lebens geben, die durch Künstliche Intelligenz enormen Veränderungen unterliegen werden – so zum Beispiel Roboter in der Medizin.

tote Insekten

Was wäre, wenn der Tod nichts weiter wäre als ein diagnostischer Status? © Yinsheng Wang under cc

Wir leben in einer Zeit, in welcher sich die medizinischen Fortschritte regelrecht überschlagen: die Entschlüsselung des menschlichen Genoms, die Genschere und die damit verbundene Ausmerzung genetischer Erkrankungen, Fortschritte bei der Bekämpfung von bakteriellen und viralen Erkrankungen, darüber hinaus dank Exoskeletten in der Bewegung eingeschränkten Menschen wieder zum Gehen etc. verhelfen zu können, sowie auch die real gewordene Möglichkeit, menschliche Organe zu drucken (eine Art 3-D-Druck mit lebenden Zellen, sogenanntes Bioprinting). Immer mehr Technik scheint immer mehr möglich zu machen, die Ausmaße sind so immens, dass selbst gestandene Wissenschaftler zu träumen beginnen. Einige von ihnen glauben sogar, zu den letzten Generationen zu gehören, die noch sterben müssen. Der Tod wäre nichts weiter als ein diagnostischer Status, der durch den Einsatz von Robotern in der Medizin sowie durch den medizinischen Fortschritt im Allgemeinen als verzögerbar und nicht als endgültig betrachtet werden müsse.

Kältekonservierung und „unendliches“ Leben …

Bei der Kryonik werden Menschen nach ihrem Tod (oder dem Zeitpunkt, den die Medizin derzeit als solchen definiert) eingefroren und dank der Computerisierung „lückenlos“ überwacht. Nach dem unmittelbaren Ableben erfolgt der Blutaustausch und es werden Zellschutzlösungen und Frostschutzmittel appliziert, wie der Kryonik-Experte, Gerontologe und Anatom Dr. med. Klaus Sames in einem Interview erklärt (nachzulesen beim Thieme Verlag, 2016). Er wünscht sich eine neue differenziertere Herangehensweise an das Thema Tod:
„Allgemein ist es so, dass der Tod als ein schlimmes Erlebnis empfunden wird, deshalb verdrängen es viele. Trotzdem finden sich die meisten Menschen damit ab – in der Gewissheit, dass sich das nun mal nicht ändern lässt. Was wenn aber doch – eben durch die Kryonik? Der Tod spielt eine enorm große Rolle in unserem Leben. Jedem Kind wird beigebracht, das der Tod zum Leben gehört und ab einem bestimmten Zeitpunkt will man nicht mehr darüber reden. Das finde ich nicht in Ordnung. Ich finde, dass über Kryonik, auch an Schulen, als Alternative zum ‚endgültigen Tod‘ aufgeklärt werden sollte.“

Wer diese Möglichkeit für das eigene Ableben in Betracht zieht, benötigt einen Körperspendevertrag mit dem Cryonics Institute (CI) sowie ca. 28.000 Dollar (Thieme Verlag, 2016). Sames spricht von bürokratischen Hürden in Deutschland, sodass zum jetzigen Zeitpunkt der Verschiedene außer Landes gebracht werden müsste (USA etc.). Die Kryonik böte zum Beispiel Menschen mit unheilbaren Erkrankungen eine Möglichkeit in ferner Zukunft zu leben, so Sames, auch dass durch weitere Fortschritte hinsichtlich Zellverjüngung ein deutlich längeres Leben möglich sei (zitiert nach Thieme Verlag, 2016):
„Wir haben eine Vielzahl von Systemen in jeder Zelle, die dem Altern entgegenwirken können – zum Beispiel das Reparatursystem der DNA. Letztendlich werden wir jedoch alt, weil diese von Anfang an nicht richtig funktionieren. Könnte man dort molekular eingreifen, wäre es möglich, jedes Gewebe bzw. Organ unsterblich zu machen bzw. sie zu verjüngen.“

Mann mit Exoskelett

Exoskelette, die Gelenke ersetzen, Organe aus dem Bioprint, Zellvorgänge überwacht durch Nanobots: Bis zu welcher Grenze bleibt der Mensch ein Mensch? © Tyler Oysternatz under cc

Und: „Zum einen scheinen abgestorbene Gehirnzellen nach dem Tod des Patienten im Zellverbund zu verbleiben und zum anderen bevorzugt in die Apoptose zu gehen statt in die Nekrose … Dies bedeutet auch, dass unter Energiemangel, wie z.B. dem Tod, keine vollständige Apoptose mehr stattfinden. Ein Großteil der Zellen kann sich noch nach Stunden in Kultur erholen.“

Erste Erfolge zur Zellverjüngung existieren bereits: So scheint es zum Beispiel kürzlich den Forschern des Salk Institute for Biological Studies (2016) gelungen zu sein, anhand gentechnischer Verfahren bei Mäusen mit einer Erkrankung, die vorzeitige Alterung mit sich bringt, die Lebensspanne um 30 % zu verlängern.

Bedeutsamkeit des Sterbens

Unvorstellbare Möglichkeiten bietet die Kryonik. Doch ethische Bedenken sollten dabei nicht aus den Augen verloren werden. Denn Sterben bedeutet auch Variation, genetische Vielfalt und Weiterentwicklung. Die evolutionären Fortschritte haben die Menschheit an den derzeitigen Punkt gebracht. Und diese sind nun einmal nicht ohne Sterben möglich.
Darüber hinaus dürfte auch in diesem wie auch in anderen medizinischen Sektoren die soziale Ungleichheit bedeutsam sein. Derartige Möglichkeiten blieben vermutlich nur den Besserverdienenden vorbehalten – die gesellschaftlich-soziale Schere würde demnach weiter auseinanderklaffen.

Nanobots & Cyborgs: Roboter in der Medizin

Wie einige andere Forscher (u.a. am MIT) arbeitet Dr. Sabine Hauert vom Bristol Robotics Laboratory an Technologien, die es ermöglichen winizig kleine Roboter (Nanobots) in den menschlichen Körper zu injizieren und sie derart zu programmieren, dass sie im Inneren Krebszellen erkennen und unschädlich machen können (The Economist, 2014).
Dieser medizinische Ansatz brächte auf molekularer Ebene einen enormen Fortschritt hinsichtlich der Krebsprävention, aber auch zum Beispiel hinsichtlich anderer Erkrankungen oder der bereits angesprochenen Zellverjüngung, und wäre ein weiterer Schritt dahingehend, wie Roboter in der Medizin unterstützend tätig werden und lebensverlängernd wirken könnten.

Eine kühne These, die dennoch nicht abwegig erscheint, stellte Yuval Noah Harari, Geschichtsprofessor der Hebrew University in Jerusalem, auf. Er spricht von einer neuen Technologie, welche die Gesetze des Lebens verändern könne: „Cyborg Engineering„, was nichts anderes meint, als die Verschmelzung von anorganischem und organischem Material, wie zum Beispiel ein Mensch mit einer bionischen Hand (Harari, 2014). Wenn Menschen mit Robotern derart verschmelzen würden, sei es durch ersetzbare Gelenke, Organe, Zellen im Allgemeinen, die Haut als Touchscreen zur Überwachung etc., wären ebenfalls enorme Schritte in Richtung Lebensverlängerung getan.

Unabhängig von der humanen Sterblichkeit können Roboter in der Medizin sehr hilfreich sein – wie zum Beispiel in der Gerontologie sowie in der Rehabilitation beziehungsweise generell in der Pflege.

Roboter in der Pflege

blauer und roter Roboter

Einsatz von Robotern in der Medizin, zum Beispiel bei Demenz-Patienten: als Service-Roboter, für Trainings oder Unterhaltung © University of Salford Press Office under cc

Auch in der Pflege könnte der Einsatz von Robotern große Vorteile mit sich bringen. So wäre mehr Unabhängigkeit für den Bedürftigen denkbar, sogar der Verbleib in der eigenen Wohnung, wenn etwa Roboter Überwachungsfunktionen übernehmen würden.
Das Fraunhofer IPA hat eine Bedarfsanalyse durchgeführt, in welchen Bereichen der Einsatz von Robotern in der medizinischen und sozialen Pflege möglich wäre, dabei ging es unter anderem auch um eine Entlastung für die Pflegefachkräfte (zitiert nach Fraunhofer IPA, 2016):
„Während die Anzahl der Pflegebedürftigen zunimmt, entscheiden sich immer weniger Berufsanfänger für den Pflegeberuf, gleichzeitig scheiden ältere Pflegekräfte aufgrund der hohen körperlichen und psychischen Belastung frühzeitig aus dem Beruf aus.“
So könnten unter anderem Serviceroboter, Roboter zur Unterhaltung, Aktivierung, zum körperlichen und geistigen Training und zur Motivation, sowie zur Unterstützung bei Transport und Umlagerung von bettlägrigen Patienten eine Rolle spielen (Fraunhofer IPA, 2016).

Gefahr der sozialen Isolation in der Pflege

Mögliche Risiken demgegenüber wären soziale Isolation und das Abhandenkommen menschlicher Nähe. Allerdings scheint dieses vorgestellte Szenario eher ins Extreme abzugleiten, wie die Sozialpsychologin Astrid Rosenthal-von der Pütten in einem Interview (Wrobel, 2013) ausführt. Sie glaubt, dass die Annahme, wir bekämen im Alter nur noch Roboter zu Gesicht, eine übertriebene sei. Roboter würden unterstützend tätig sein, aber nicht ausschließlich.
In den Studien der Forschergruppe um Rosenthal-von der Pütten wurde darüber hinaus festgestellt, dass Menschen durchaus dazu fähig sind, Empathie für Roboter zu empfinden – ein Umstand, der nützlich für die Compliance der Patienten, also die Bereitschaft zur Mitarbeit in der Rehabilitation, sein kann (zitiert nach Wrobel, 2013):
„Es ist wichtig, dass diese Systeme sozial verträglich sind. Sie müssen sich in dem sozialen Umfeld, in dem sie agieren, auch sozial verhalten, um akzeptiert zu werden – nur so können sie dem Menschen helfen. Stellen Sie sich Langzeiteinsätze von Robotern vor, bei denen es um Motivation geht, beispielsweise in der Rehabilitation nach einem Schlaganfall. Roboter können den Patienten bei solch langwierigen Prozessen unterstützen.“

Roboter in der Medizin und Pflege scheinen in vielerlei Hinsicht eine Bereicherung für den Menschen zu sein, verliert man die ethischen Aspekte nicht aus den Augen. Im letzten Teil unserer Serie zu „Roboter und Psyche“ werden spannende Prognosen in Bezug auf die zukünftige menschliche Sexualität thematisiert, allen voran wie sich die Intimität durch die Roboter verändern könnte.

Quellen: