Um über außergewöhnliche Bewusstseinszustände zu reden, muss man zunächst klären, was denn gewöhnliche Bewusstseinszustände sind. Im Grunde müsste man erst noch klären, was Bewusstsein ist, aber damit verhält es sich merkwürdig. Nichts ist so sicher, wie die Tatsache, dass wir über Bewusstsein verfügen. Ob und in welcher Form es die Welt gibt, ist ungeklärter, als die Frage, ob wir bewusst sind, denn das sind wir. Aber nur von uns wissen wir es, denn ob der Mitmensch auch über Bewusstsein verfügt, ist streng genommen schon Spekulation. Wir erleben uns bewusst und die Frage ob es nicht sein könnte, dass wir uns irren, setzt bereits voraus, dass sie einem bewussten Wesen vorgelegt wird und würde, auch wenn wir meinen, wir könnten nicht bewusst sein, auf einen Selbstwiderspruch hinaus laufen.

Was aber nun Bewusstsein genau ist und an welcher Stelle der Evolution es einsetzt, ist ungeklärt. Man kann zwar das Bewusstsein an einer beliebigen Stelle beginnen lassen, bei Tieren, bei Pflanzen, beim Leben, aber das wäre dann eben tatsächlich beliebig. Halten wir an dieser Stelle fest, dass wir bewusste Wesen sind, deren Bewusstseinszustände wechseln.

Gewöhnliche Bewusstseinszustände

Der Wechsel der Bewusstseinszustände ist normal und zwar mindestens durch die Zustände von Wachsein, Träumen und dem traumlosen Tiefschlaf beschrieben. Erstaunlicherweise wissen wir auch über diese Zustände sehr wenig. Der traumlose Tiefschlaf ist nahezu unbekannt in seiner Bedeutung. Immerhin weiß man heute, dass man ihn unterschätzt hat und dass er zum Beispiel für unser Lernen sehr wichtig ist. Auch der Traum wurde unterschätzt. Nachdem Freuds furioser Auftakt im Grunde mit seinem Buch „Die Traumdeutung“ begann, wurde die Bedeutung des Traumes in den folgenden Jahrzehnten mehr und mehr vergessen, tatsächlich halten selbst viele Psychoanalytiker den Traum heute nicht mehr für die via regia, den Königsweg zum Unbewussten, wie Freud es noch annahm, dennoch ist die Auffassung des späten 20. Jahrhunderts, in dem man Träume achselzuckend als bedeutungslose Hirngewitter ansah auch schon wieder revidiert. Irgendwie sollten der Schlaf und seine Bestandteile Traum und Tiefschlaf bestenfalls eine Art Ruhe- und Erholungsphase für Körper und Gehirn sein, doch während der Körper sich im Schlaf tatsächlich erholt und regeneriert und eine Unzahl lebenswichtiger und hochwertiger Prozesse stattfinden, während wir schlafen, ist das Gehirn in dieser Zeit keinesfalls in den Stand by Modus heruntergefahren, sondern hochaktiv, einige Forscher sagen, dass es sogar wesentlich aktiver als am Tag ist.

Über etwa ein Drittel dessen, was wir alle tun und daher als normal oder gewöhnlich bezeichnen – schlafen – wissen wir im Grunde sehr wenig und nehmen diesen Bereich auch weniger ernst, als gut ist. Ein Großteil der Probleme, die wir heute haben, sind nicht etwa ungeheuer kompliziert, sondern berühren unsere natürlichsten Vorgänge. Essen, Bewegen, Naturkontakte, Sexualität, Beziehungen und eben auch der Schlaf, kein Bereich der nicht von ausgedehnten Störungen und Problemen bei sehr vielen Menschen durchzogen ist. Wir können natürliche Rhythmen nur bis zu einem gewissen Grad verändern und nach dem wir das jahrzehntelang fröhlich ignoriert haben, bekommen wir in gar nicht mal so wenigen Bereichen die Quittung. Kein Grund zur Freude oder Häme, aber eine Zeit zum Umdenken und für neue Angebote, die Altes mit integrieren.

Bleibt für den Bereich der gewöhnlichen Bewusstseinszustände noch das Wachbewusstsein, was ungefähr das abbildet, was wir als gewöhnlich ansehen. Man steht morgens auf, zieht sich an, nimmt sein Frühstück zu sich, checkt seine Nachtrichten und hat vielleicht den Fernseher oder das Radio laufen und fährt dann zu Schule, Uni oder Arbeit. Während dessen sind wir wach, klar und bewusst, so die Normalvorstellung. Aber jeder weiß, dass es so nicht ist. Ständig sind wir unterwegs in Tagträumen und nehmen die Realität, die wir gemeinsam sehen und bezeugen können, als Aufhänger für weitere Phantasiereisen. Wer kennt nicht den langen Blick aus dem Fenster oder in die Zimmerecke, bei dem man scheinbar geistesabwesend ist und dann wieder in den Moment kommt. Wer kennt nicht eine monotone Auto- oder Zugfahrt, bei der man Gedankenversunken zwar funktioniert, aber die letzten 50 Kilometer Strecke gar nicht richtig mitbekam? Und wenn wir einen spannenden oder bewegende Film verfolgen, wo sind wir dann eigentlich?

Zwei Arten etwas zu kennen

Es gibt ausgedehnte Diskussionen darüber, was es heißt, etwas zu kennen, zu können und zu wissen. In der Philosophie wurde das als Qualia-Diskussion bekannt und manchmal berüchtigt. Für unser Thema bedeutet es, dass die Frage, was ein bestimmter Bewusstseinszustand ist, etwas anderes ist, als ihn zu erleben. Ein männlicher Gynäkologe kann sehr viel über Geburten wissen und mehr begleitet haben, als je eine Frau Kinder gebären kann, aber er weiß dennoch nicht, wie es ist, ein Kind zu bekommen.

In der integralen Theorie ist dies der Unterschied zwischen dem oberen rechten und oberen linken Quadranten.

Die Wissenschaft und hier insbesondere die Neurowissenschaften betrachten, was auf einer messbaren Ebene stattfindet, während ein Mensch einen bestimmten Bewusstseinszustand erlebt. Die Yogis hatten einen ganz anderen Ansatz und betrachteten die Ebene der Phänomene selbst, sie untersuchten, oft haargenau, wie es ist in diesem Zustand zu sein und es bedurfte in der Regel eines langjährigen Trainings um in diesen Zustand zu kommen. Sie waren frühe Bewusstseinsforscher, die uns die Innenperspektive nahe gebracht haben und Wege aufgezeigt haben, die es uns ermöglichen, diese Zustände selbst zu erleben.

Zustände zu kennen und zu erleben, hängen natürlich zusammen, da sie die Innen- und Außenperspektive desselben Phänomens darstellen, aber natürlich ist es nicht dasselbe. Aktuell sind wir in einer etwas eigenartigen Situation. Wir sind durch unser Weltbild darauf trainiert, die Außenwelt und insbesondere objektive Fakten oft ernster zu nehmen, als unsere subjektiven Einstellungen, doch im Zuge dieser Forschungen wird auch objektiv und faktisch immer klarer, dass wir wesentlich innerliche Wesen sind. Die Zahl der innerlichen Reize, die wir verarbeiten ist ungleich höher (manche sagen 10.000 mal, andere sprechen sogar von Millionen), als die, der Außenwelt. Wir brauchen die Daten der Außenwelt zur Verständigung mit anderen, aber diese weichen hoch selten von einander ab. Die Innenwelt dafür umso mehr, wobei das aber keine Willkür ist, sondern man kann feststellen, dass diese Innenwelten sehr verschieden aber in sich logisch geschlossen und konsistent sind.

Es kann also sein, dass sich die Innenwelten tatsächlich in der Weise unterscheiden, dass sie absolut individuell sind Beispiele finden Sie in Wundersame Innenwelten oder sich in Gruppen von Menschen sammeln, die ein bestimmtes Weltbild oder Interessengebiet teilen.

Und damit sind wir im Thema, denn auch außergewöhnliche Bewusstseinszustände haben diese mehrfache Identität. Sie sind einerseits individuell, andererseits intersubjektivierbar, das heißt kann von anderen, die ähnliche Erfahrungen machten bestätigt, ergänzt oder nicht bestätigt werden. Zudem sind sie objektivierbar, durch verschiedene Verfahren.