Immer mehr informationstechnologische Neuerungen und Buzzwords stürmen in den letzten Jahren den Markt: Smartphones, Apps, Augmented Reality, Flat-TVs, Dual-Screen-Tablet-PCs, E-Reader, Notebooks, Netbooks, eine Fülle von Software etc. Nicht zuletzt der Verbraucher ist verwirrt. Denn häufig müssen Bedienungsanleitungen, Hilfe-Funktionen, Internet-Foren oder das gute alte Trial-and-Error-Verfahren zu Rate gezogen werden, um die neu erworbenen Geräte bzw. Systeme bedienen zu können. Und dabei sind sie doch genau das – „Gebrauchsgegenstände“. Man möchte sie kaufen und gebrauchen, einfach so, ohne vorher ein IT- oder Ingenieurstudium abgelegt haben zu müssen.
Intuitiv bedienbar?! Fehlanzeige!
Oft wird von den Herstellern eine einfache und intuitive Bedienung versprochen. Häufig ist dies jedoch nicht der Fall. Stattdessen findet man eine verschachtelte Menüführung mit unzähligen Funktionen und missverständlichen Bezeichnungen. Der Nutzer weiß oft nicht, was dahinter steckt. Einfache Aufgaben, wie die Programmierung einer Sendungsaufnahme oder das Verstellen einer Bildschirmeinstellung, erfordern dann schnell einen komplexen Problemlöseprozess.
Eine schnelle Handhabung ist oft nicht möglich. So muss z.B. bei einigen Handys beim Schreiben einer SMS vom T9-Modus in den Zeichenmodus umgestellt werden, sobald man ein Komma setzen will: Einige Sekunden Verzögerung und nerviges Hin und Her, wenn man auf Kommasetzung Wert legt. Fehlermeldungen seitens des Computers sind oft nahezu kryptisch und entbehren jeglicher Handlungsanweisung für den User, was im nächsten Schritt zu tun ist.
Oft meint man, nicht genügend Ahnung von Technik zu haben oder sich tollpatschig anzustellen, doch um es mit den Worten des Autors Donald Norman zu sagen: Menschen irren sich meistens nicht hinsichtlich der Bedienung von Technik. Aber sie tun es, wenn Dinge schlecht erdacht und designt sind.
Neue Trends: bedarfsgerechte Technologien
Inzwischen sind immer häufiger Trends bei der Entwicklung neuerer Informationstechnologien zu beobachten, welche auf eine zielgruppenspezifische und bedarfsgerechte Entwicklung abzielen. Es gilt also die nutzerspezifischen Anforderungen herauszufinden und diese in tatsächlich intuitiv bedienbare Funktionen umzusetzen. Die mentalen Modelle der zukünftigen User, d.h. deren Verständnis über Aufbau und Funktionsweise eines technischen Gerätes bzw. Systems müssen dabei berücksichtigt werden. Denn in der Regel haben die Designer von Handys, Computersoftware und Co. einen ganz anderen Erfahrungs- und Wissenshintergrund als der „handelsübliche“ Konsument.
Der Ingenieurpsychologe kann helfen: „Usability und user-centered design“
Um die Brücke zwischen dem Verständnis der tüftelnden Designer und dem der User zu schlagen, ist ein nutzerzentrierter Designprozess (user-centered design) vonnöten. Usability, d.h. Gebrauchstauglichkeit als ein Ziel des Designprozesses erhält dabei eine besondere Bedeutung. Hier setzen Ingenieurpsychologen an.
Aktuelles Beispiel dafür ist ein derzeitiges Forschungsprojekt der Universität Kassel zur Erstellung einer Smartphone-App als intelligenter Begleiter für verschiedene Events. Mithilfe vor Ort befindlicher Strichcodes, welche via Handy-Kamera eingelesen werden, soll der Nutzer u.a. Zugang zu Informationen über Sehenswertes vor Ort, angebotene Dienstleistungen und die Möglichkeit, bekannte Persönlichkeiten oder Personen mit ähnlichen Interessen zu treffen, erhalten.
Zu Beginn des Designprozesses werden unter Einbeziehung der Benutzer zunächst Anforderungen an die App erarbeitet und verschiedene Nutzungsszenarien erstellt. Auch bei der Gestaltung der Mensch-Computer-Schnittstellen (sog. user interfaces) sollen die Benutzer mit einbezogen werden, wie z.B. bei der Benennung der Funktionen oder der Menüstruktur. Es folgen Tests an Prototypen durch User und schlussendlich Usability Tests sowie Feldstudien in der Evaluationsphase des Produktes.
Der Benutzer ist somit von Beginn an in den Designprozess mit eingebunden und mögliche Missverständnisse werden alsbald ausgemerzt. Auf Seiten der Hersteller und Benutzer können so Kosten und Ärger über ein nicht gebrauchstaugliches Produkt vermindert werden.
Quellen:
- Norman, D.A. (1988). THE PSYCHOLOGY OF EVERYDAY THINGS. USA: Basic Books.
- Universität Kassel (2011, July 25). Smartphone-App als intelligenter Event-Begleiter. [28.07.2011]