Modische Strömungen
Vielleicht weniger harmlos als man oft meint, ist die unübersehbar große Zahl an Klatschzeitschriften, bei denen klar ist, dass Wahrhaftigkeit und Niveau hier nahezu keine Rolle spielen. Die Welt der Reichen und der Schönen, von Klatsch und Tratsch, der Kochrezepte und neusten Diäten, der Mode und Schminktipps trieft von durchsichtigem Kitsch und Klischee. Gelesen werden sie fast ausschließlich von Frauen, durchaus auch aus gebildeteren Schichten. Das männliche Pendant sind die Sport-, Heimwerker- und Automagazine.
Das Bild was dort für und von Männern und Frauen gezeichnet wird, ist gleichermaßen seicht und primitiv. Gelesen wird es vor allem vermutlich zur Entspannung, um in eine andere Welt abzutauchen, von der man irgendwie weiß, dass es nicht die eigene ist und sein wird, die einen aber manchmal zum Träumen anregt. So weit, so gut. Weniger gut ist, dass sich hier scheinbar ein Idealbild in den Köpfen festsetzt, dass stärker wirkt, als uns lieb sein kann. Gerade wenn es um die optimale Figur geht, kommt man in eine komplexen Strudel stiller und offener Erwartungen von Seiten der Eltern, der Peergroup und den Massenmedien der klassischen Art, sowie den sozialen Medien. Das Robert Koch Institut kommt zu der Einschätzung: „Bei jedem dritten Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren gibt es Hinweise auf eine Essstörung, bei den Jungen sind 13,5 Prozent auffällig.“[3]
Anspruch an ein immer perfekteres Leben und seine Verwurzelung in einem zunehmenden Narzissmus in der Gesellschaft, wurde in diesem Rahmen schon thematisiert. Dass hinter den Beauty- und Lifestyle-Tipps oft ziemliche verachtende Botschaften stecken, bringt dieser Artikel der taz schön auf den Punkt. Die Botschaft lautet auf einen Satz eingedampft: „Du bist hässlich und unvollkommen.“ Doch die Bilder und Botschaften streift frau eben nicht einfach so ab, bei tausendfacher Wiederholung wird dann irgendwann vergessen, dass die hier skizzierte Welt nur eine Scheinwelt ist. Die Lüge ist hier fester Teil der Inszenierung.
Alles für die Quote
Es ist nicht zwingend politische Opportunität oder der große Wunsch die Welt zu lenken, der zu einem realen großen Problem wird, sondern der Wunsch nach Quote. Einschaltquoten, Klickzahlen und der vermeintliche Zwang zur Aktualität sind Gift für guten Journalismus. Dennoch wird dieses Gift in großen Schlucken konsumiert und die Verlockung halbgare und unbestätigte Informationen zu veröffentlichen, einfach damit kein anderer schneller ist, ist riesig.
Der Meinung, dass gerade auch die öffentlich-rechtlichen Medien einen Niveaurutsch durchleben ist auch Wolfgang Herles, der darüber das Buch Die Gefallsüchtigen geschrieben hat und hier zum Thema interviewt wird. Tenor: Es sind keine redaktionellen Vorgaben oder politischen Einflussnahmen, die die Qualität der Presse herabsetzt, sondern die jagt nach Quoten und Klicks, die diesen Trend befördern.
Analog zu den personalisierten Daten mit denen Internetgroßkonzerne arbeiten, um dem Kunden scheinbar entgegenzukommen ist es auch hier. Man richtet sich danach was der Zuschauer sehen und der Leser lesen will und wird damit Teil der Boulevardisierung des Lebens: Emotionalisiertes, Lautsprecherisches, Personalisiertes und Skandalisiertes, das ist der Stoff, aus dem die Träume sind. Wir bekommen, was wir wollen, in kleinen, gut verdaubaren Häppchen. Schonkost ist an sich gut, wenn das Verdauungsorgang erkrankt ist. Aber dass die Eindrücke der Welt zunehmend als süßen Einheitsbrei präsentiert bekommen, ist deutlich weniger als wir verkraften können und ungesund.
Es ist genau diese Seichtheit, die uns dazu bringt, alles auf Personen und ihre scheinbar verbogenen Absichten reduzieren zu müssen und schon dann überfordert zu sein, wenn die Option im Raum steht, dass kein Strippenzieher seine Finger im Spiel hat. Es war wieder der oben erwähnte Niklas Luhmann, der darauf aufmerksam machte, dass unpersönliche Systeme selbst eine Art Eigenleben entwickeln und Individuen lenken können.
Die Wahrheit über die Lügenpresse
So hätte die Überschrift dieses Artikel lauten können, wenn sie zugespitzt und emotionalisiert formuliert gewesen wäre. Im Zuge der allgemeinen Hysterisierung aller möglichen Debatten wird es bereits als Zumutung empfunden, wenn man den Rat gibt, mal auszuatmen und den Ball flach zu halten. Wer nicht binnen Sekunden in den Chor der Übererregten einstimmt, der wird selbst verdächtig. Der hat was zu verbergen. Pauschale Verdächtigungen und allgegenwärtige Aggression werden aber irgendwann zu einem Großbrand, den man bekanntermaßen nicht damit löscht, dass man weiteres Benzin hineinschüttet und Verdächtigungen aus dem tiefen Tal des primitiven Affekte bedient, hektisch nach Schuldigen und jenen sucht, die vermeintlich davon profitieren.
Und unheilige Allianz von Quote und Werbung
Jenseits der öffentlich-rechtlichen Medien, die, das zu erwähnen gebietet die Fairness, keinesfalls nur schlecht sind, sondern immer wieder wunderbare Features, Gespräche, Diskussionen und Reportagen im Programm haben, die ich regelmäßig mit Gewinn vor allem im Radio höre, gibt es jene Medien, Fernsehsender, Blogs, und Angebote, die sich selbst finanzieren müssen. In den Werbepausen merkt man dann schnell, wer die Sendung schaut und welches die Zielgruppe ist. Die jungen Mädchen, die hipp, modisch und sexy zu sein haben. Der dynamisch-sportliche Mann, der erfolgreich aber kumpelhaft seinen Weg geht. Die reife Frau, der die Salbe gegen Gelenkschmerzen und diskrete Einlagen helfen sollen, weiter so zu sein, wie man sie haben will.
Idealerweise kosten solche Sendungen nicht viel und sind ziemlich exakt auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten. Billigformate und passende Zielgruppen helfen der Werbung die richtigen Kunden anzutreffen. Hier ist der Inhalt der Sendung vollkommen nachrangig, Hauptsache man kann nachweisen, dass genügend Leute der relevanten Gruppe eingeschaltet haben, dann ist man attraktiv für die Werbeindustrie und das generiert Einnahmen, die jeder braucht, der nicht nur aus Hobby schreibt und sendet.
Doch das alles ist nichts gegen die subtile Beeinflussung, die viel tiefer geht.