Mann mit Brille, Kamera und Mikro

Alles im Blick und im Griff? © Tony Webster under cc

Wenn Massenmedien problematisch sind, dann liegt das zu einem großen Teil an ihrer Allgegenwart. „Alles, was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien“, schrieb der Soziologe Niklas Luhmann.[1] Das ist ganz sicher etwas übertrieben, aber auf der anderen Seite prägen Massenmedien unser Bild von der Welt, von damals und heute, weit mehr und anders, als wir oft denken.

Geschichte kennen wir, die meisten von uns, natürlich zum einen, aus dem Geschichtsunterricht. Jenes etwas dröge Fach, was viele Kinder nicht interessiert, weil es um trockene Zahlen und Daten geht, Zusammenhänge, zu denen man kaum einen emotionalen Bezug aufbauen kann und zum anderen, aus dem Fernsehprogramm. Ritter und ihre Burgen, Piraten und ihre Seeschlachten, Cowboys und Indianer, Sissi und die prunkvollen Feste, römische Kaiser, ihre Macht und ihre Orgien und die eine oder andere Person von historischem Rang wird uns so vorgestellt und diese Bilder bleiben oft ein Leben lang haften.

Sie sind aber, wenn man sich mal die Mühe macht, sich näher mit den Themen zu beschäftigen, oft falsch, manchmal sogar grob falsch. Einer der Bereiche, in denen das besonders auffällig ist, ist das Mittelalter und was man davon zu wissen glaubt. Hier kann man das nachlesen.

Doch neben den falschen oder einseitigen historischen Fakten gibt es noch einen anderen Bereich, der weniger mit bewussten Lügen oder fahrlässigen Einseitigkeiten zu tun hat, als viel mehr mit subtilen Vorgaben. Das ist nicht zwingend und vermutlich sogar hoch selten von langer Hand geplant. Dahinter steckt nicht die ganz große Verschwörung, im einen oder anderen Fall aber der kurzfristige Vorteil und oftmals sind es Darstellungen, die gar nicht böse gemeint sind, sondern einfach Abbild ihrer Zeit.

Wenn wir heute Bilder aus den 1970ern anschauen, dann sehen wir lange Haare, Schlaghosen, bunte Röcke, grellfarbige Tapeten und gerundete Plastikmöbel. Das kommt uns heute fremd vor, aber die Fremdheit resultiert daraus, das heute ein anderer Standard gilt. Das merken wir nicht, weil alle so sind, es ist die Normalität von heute. In 30 Jahren wird man auch das als merkwürdig empfinden. Was für Mode, Mobilität und Inneneinrichtung gilt, gilt auch für unsere Denkweise.

Auch hier kann es sein, dass wir etwas als vollkommen normal empfinden, was vor 20, 50 oder 100 Jahren völlig abwegig erschien und seltsam finden, was dereinst zum guten Ton gehörte. An sich ist nichts daran problematisch, nur übt die Normalität einen subtilen Druck aus und ermöglicht die Unterscheidung zwischen jemandem, der ist, wie er zu sein hat und jemandem, der abweicht. Das nicht nur bezogen auf die Form der Hose oder Länge der Haare.

Gesinnungswandel

Einige Streiflichter sollen den Gesinnungswandel in der Gesellschaft beleuchten:

  • Heute ist Klimawandelskeptiker ein Begriff, der einen annähernd realitätsverweigernden Menschen abbilden und dadurch diskreditieren soll. Der gesellschaftliche Druck kommt heute jedoch genau aus dem Lager, das die ersten Stimmen, die in den 1970ern vor einer gedankenlosen Ausbeutung der Natur und Folgen für die Umwelt warnten als politisch motivierte Übertreibungen darstellten.
  • Homosexualität ist heute als normale Form der Sexualität anerkannt, war jedoch bis 1973 in Deutschland strafbar, durch den erst 1994 restlos abgeschafften Paragraphen 175. Dafür ist Pädophilie in den Fokus der öffentlichen Erregung gerückt und zum neuen Tabu geworden.
  • Man muss kein Greis sein, um die Zeit noch selbst erlebt zu haben, als es schlicht keinen Computer in Haushalten gab, vom Internet mal ganz zu schweigen. Heute ist eine Existenz ohne Smartphone für manche vollkommen undenkbar und es ist nicht klar, ob das Mediensucht oder neue Kultur ist.
  • Der Wandel der Vaterrolle über die Jahrzehnte ist von uns beschrieben worden und die merkwürdige Vorstellung von Ehre, die wir heute so gar nicht mehr nachvollziehen können, trieben unsere Vorfahren vor gerade mal 100 Jahren in den ersten Weltkrieg, verbunden mit dem Gefühl, dass es eine größere Schmach sei, nicht zu kämpfen, als auf dem Schlachtfeld Gliedmaßen oder sein Leben zu verlieren. Die Reihe ließe sich beliebig erweitern.

Medien bilden das ab. Sie machen weniger Meinungen, als diese zu transportieren und zu verwursten. Einschätzungen und Kommentare sind von dem merkwürdig ungreifbaren Phänomen Zeitgeist natürlich genauso durchdrungen, wie die dauerhafte Anwesenheit eine normative Kraft ist. Dadurch dass etwas so ist, wie es ist, entsteht oft der Eindruck es müsse auch so sein. Das wird auch als „die normative Kraft des Faktischen“ bezeichnet.

Bewusste Einflussnahmen durch Massenmedien

Doch ohne Zweifel gab und gibt es Versuche der Beeinflussung der Bevölkerung von Seiten der Medien oder von politischer Seite durch bestimmte Medien. Es gibt eine nicht genau zu definierende Grenze, vermutlich ist es keine scharfe Linie, sondern eher eine Grauzone, ein schleichender Übergang in dem Medienkritik in Verschwörungsdenken umkippt. Je nach dem, welchem Lager man sich selbst zurechnet, findet man, dass die betroffenen Journalisten entweder zurecht umstritten sind oder zu unrecht am Pranger stehen. Denn wie wir in einigen Artikeln beschrieben haben, gehört auch die systematische Diskreditierung Andersdenkender mittlerweile zum Spiel und in den sozialen Medien finden sie ihr Echo.

Betrachten wir nun drei Phänomene der Einflussnahme, die aufzeigen, wo Massenmedien problematisch sind.

Politische Richtungen

Es gibt aktuell zwei größere Lager, die die politische Einflussnahme durch die Presse betrachten und einschätzen. Da ist zunächst die gewissermaßen klassische Sichtweise, die davon ausgeht, dass es durchaus Interessen und Einflussnahmen auf die und in den Redaktionen gibt, aber wer sich ein wenig in der Presselandschaft auskennt, der kennt auch seine Pappenheimer, kann populäre Presse und Qualitätsjournalismus unterscheiden und auch das politische Lager oder die Strömung erkennen, die hinter einer Zeitung steht, denn „unabhängig“ sind sie offiziell alle. Insgesamt eine unaufgeregte Haltung, die jedoch eigene Kenntnisse verlangt, allerdings auch nicht übermäßig viele, alles noch deutlich im Bereich des Zumutbaren. Die Lösung ist einfach. Man liest und informiert sich quer durch die Medien und so gewinnt man ein kompletteres Bild.

Mehr Dampf und Brisanz bekommt das Thema jedoch durch die neue Sicht auf die Medien. In dieser Interpretation gibt es keine deutlich verschiedenen Lager innerhalb der Presse, sondern hier wird die gesamte Presselandschaft als „gleichgeschaltet“ betrachtet und jeder Medienvertreter ist einer der „Lügenpresse“.

Lügenpresse

So richtig durchgehalten wird diese Sicht freilich nicht. In einer Auswertung der Süddeutschen Zeitung (Onlineausgabe) ergab sich, dass die oft extrem medienkritisch sich gebärdenden Pegidaanhänger gerne Medien konsumieren, verlinken und sich auf diese beziehen. fokus.de und welt.de liegen bei dieser Auswertung vorne.[2]

Warum man ausgerechnet den eigene Quellen den größten Glauben schenkt und mit ihnen oft im schroffen Kontrast zur allgemeinen Kritik und dem großen Misstrauen blindes Vertrauen schenkt, warum die auserwählten Vertreter nicht eigenen oder fremden Interessen folgen, ist ein weiterer Widerspruch, den man zwar verstehen kann, aber als Selbstwiderspruch benennen muss.