Mainesoldat schießt mit Zwillings MG

Feuerkraft regiert zu einem Teil die Welt. © Official U.S. Navy Page under cc

Neben der Macht des Einzelnen, die wir bereits vorstellten, gibt es auch organisierte Macht und daraus resultiert die spannende und gespannte Frage, wer eigentlich heute die wirklich Mächtigen sind. Gespannt insofern, weil man ertragen muss, dass die Grenzen unscharf sind und es Grauzonen gibt zwischen schwarz und weiß, gut und böse.

Eine häufige Antwort ist, dass die Macht bei der Politik liegt, aber dann fallen einem zig Beispiele ein, bei denen Politiker beeinflussbar sind, durch Lobbyisten, Eitelkeiten, Erpressung. Oder die Möglichkeit eines Putsches, wenn Teile der Gesellschaft oder das Militär der Politik nicht mehr folgen. Liegt dann die „wahre Macht“ woanders?

Man kann es nicht abschließend sagen und zwar aus mehreren Gründen:

  • Es meines Erachtens richtig, dass es mehrere Institutionen gibt, die Macht anstreben und vergrößern wollen. Manche nur in bestimmten Sektoren, andere ausgedehnter. Aber allein der Vorsatz besagt noch nichts, denn praktisch geraten sie ja in Konflikt mit anderen Institutionen, die ähnliches versuchen.
  • Die Machtsysteme durchdringen einander. Systeme beeinflussen, sei es auf Umwegen oder direkt, andere Systeme.
  • Es ist unklar welche Machtballungen systembedingt sind und welche vorsätzlich sind, so dass der unbekannte Profiteur am andere Ende gar nicht immer vorhanden sein muss.

Vor allem der letzte Punkt weist die immer weiter um sich greifenden Verschwörungstheorien zurück. Ich halte die inflationär gebrauchte „Cui bono?“ („Wem nutzt es?“) Frage nicht für sonderlich intelligent, sondern eher seicht. Sicher hat sie hier und da ihre Berechtigung aber nun alles danach aufzulösen, überspannt den Bogen. Von gutem Wetter profitieren Schulkinder, Eisverkäufer, die regionale Tourismusbranche und die Hersteller von Sonnenschutzcremes. Dass die aber hinter dem Wetter stecken, halte ich für ein wenig überzeugendes Argument.

Es ist ein Versuch komplexe (schwer verständliche) Zusammenhänge auf einzelne (leicht verständliche) Bausteine zu reduzieren, die einen Teil des Ganzen beleuchten, aber nicht das Ganze. Aber inwieweit Welt tatsächlich ein Ganzes ist oder in bestimmte Segmente zerfällt, ist eine umstrittene Frage. Philosophisch führt sie in Diskussionen über den Naturalismus, betrachten wir es nicht philosophisch erblicken wir verschiedene, sich überlagernde Systeme, von denen wir einige vorstellen wollen.

Die organisierte Macht der Technologie

Wer über eine gut aufgestellte Waffen-, Sicherheits-, Kommunikationstechnologie verfügt, der ist machttechnisch sicher weit vorne. Von der Idee einen Stein oder eine Keule als Waffe zu benutzen, über immer effektiveren Nah- und Fernwaffen, Panzerungen und deren Überwindung durch Tricks und flexible Waffen, neuen Taktiken, bis hin zu modernen Waffensystemen mit Massenvernichtungswaffen und der neusten Variante der Boden-Luft-Raketen, bewaffneten Drohnen und Lenkwaffen, die die Möglichkeit einer „chirurgischen“ Kriegsführung suggerieren, ist einiges geschehen. Der Trend am Boden geht zu kleinen hocheffektiven High Tech Eliteeinheiten, die mobil, autonom und schwer bewaffnet agieren, wie etwa die Navy Seals oder das KSK der Bundeswehr. Noch immer ist der Besitz von Atomwaffen das, was einen Staat mächtig sein lässt, auch wenn diese Waffen eher als Drohkulisse gelten. Wer sie einsetzt, kennt die Antwort und ein globaler Atomkrieg würde einen Planeten hinterlassen, auf dem niemand mehr leben möchte. So gilt der Einsatz von Atomwaffen bislang noch als militärisches Tabu, doch die Angst geht um, dass Atomwaffen in die falschen Hände geraten, das wären dann solche, die diese Waffen auch einsetzen, weil sie kein strategisches Ziel verfolgen oder eines, bei dem die Auslöschung weiter Teile der Menschheit eine Option ist.

Infrastruktur und Wirtschaft

Aber die Macht etwas in Schutt und Asche zu legen, ist nicht wirklich beeindruckend. Sicher ist und war es eine Strategie, Gegnern die Infrastruktur zu zerstören, so dass diese regelmäßig zurückgeworfen werden. Bei hoher technischer Überlegenheit ist das möglich, aus der Logik des Krieges folgt, dass man dadurch Hass erntet und den Gegner in den Untergrund zwingt, was man Partisanenkampf oder Terror nennt. Der fragwürdige Lohn ist ein langer, zäher, nie endender Krieg.

Doch technische Überlegenheit zeigt sich auch und besonders in Friedenszeiten. Straßen- und Schienennetz, sowie (in Zukunft intelligente) Stromnetze, die Versorgung mit Internetanschlüssen, die Just-in-time-Produktionen und massenhaften Warenauslieferungen sind bei allen Schattenseiten technologisch-logistische Meisterleistungen. Gelingt die Energiewende in Deutschland, so wäre das noch einmal eine Entwicklung, die die Welt verändern kann und würde. Reibungslos und verlässlich läuft diese Technik ab, so dass wir verärgert sind, wenn etwas mal nicht klappt.

Ein hoher Standard, an den wir uns schnell gewöhnt haben und dieser Gewöhnungseffekt ist ein Machtfaktor, denn er macht uns abhängig von dieser Art zu leben. Wenn wir kein W-LAN Netz vorfinden oder das tägliche Paket nicht ankommt oder wir nicht in Windeseile Zugriff auf alle Informationen haben, sind wir verstört und verärgert. Ein Leben ohne Smartphone ist für viele außerhalb des Denkbaren.

Schienen und Straßen bei Nacht

Organisierte Macht braucht auch Infrastruktur und Logistik. © Eran Sandler under cc

In dieser geräuscharmen lebensweltlichen Gewohnheit, die einem erst auffällt, wenn man sie nicht mehr vorfindet – Strom und Toilettenpapier, Mikrowelle und Zahncreme, Verpackungen, Fertigpizza, Kaffeesorten und Kleidung jederzeit und in jeder Qualität vorzufinden – liegt eine weitere Quelle organisierter Macht verborgen. Eine Macht, aus der dann versucht Kapital zu ziehen und die man versucht aufrecht zu erhalten und mitunter auszudehnen. Bei manchen Formen des Lobbyismus kann das bedenkliche Ausmaße annehmen, aber all diese Formen beziehen ihre Macht aus dem technologischen Vorsprung der einen oder anderen Art.