Für die Diagnose Kaufsucht kann es viele Ursachen geben, doch wie sieht die Hilfe bei Kaufsucht aus?
Dass die Ursachen für pathologisches Kaufen weit gestreut sind, erschwert die Wirksamkeit therapeutischer Interventionen. Forscher der Universität Erlangen haben 2008 ein wirksames Therapie-Modell zur Hilfe bei Kaufsucht entwickelt.
Therapeutische Hilfe bei Kaufsucht
Die Forscher um Dr. Astrid Müller von der Psychosomatischen und Psychotherapeutischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen haben „erstmals eine wirksame Therapie gegen Kaufsucht wissenschaftlich nachweisen“ können (vgl. Universitätsklinikum Erlangen, 2008b).
Müller et al. (2008b) prüften bei Patienten, welche die Kriterien für pathologisches Kaufverhalten erfüllten, die Wirksamkeit einer kognitiven Verhaltenstherapie. Die Intervention konzentrierte sich unter anderem auf das Kontrollieren des problematischen Kaufverhaltens, der Erarbeitung von gesundem Kaufverhalten, der Umstrukturierung fehlangepasster Gedanken und negativer Gefühle in Zusammenhang mit dem Kaufen, sowie der Entwicklung von Bewältigungsstrategien (sog. Coping skills), um unter anderem den Auslösern für das Kaufen etwas entgegensetzen zu können.
Die Ergebnisse der Studie zur Messung des pathologischen Kaufverhaltens unmittelbar nach der therapeutischen Interventionsmaßnahme sowie zum Messzeitpunkt sechs Monate später deuten darauf hin, dass eine störungsspezifische kognitiv-verhaltenstherapeutische Intervention eine wirksame Hilfe bei Kaufsucht sein kann. Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten die Patienten, welche eine solche Intervention erhalten hatten, eine deutliche Verbesserung in Bezug auf das pathologische Kaufverhalten.
Für eine erste Orientierung in Bezug auf eine mögliche Hilfe bei Kaufsucht haben Müller et al. (Universitätsklinikum Erlangen, 2008a) Empfehlungen für ein gelungenes Geldmanagement erarbeitet.
Geldmanagement zur Hilfe bei Kaufsucht
Die Empfehlungen von Müller et al. für ein gelungenes Geldmanagement (vgl. Universitätsklinikum Erlangen, 2008a; Müller et al., 2008a) zielen unter anderem auf folgende Punkte ab:
Planung der Einkäufe
Statt durch die Gänge zu schlendern und einzupacken, was ins Blickfeld kommt, sollte man seine Einkäufe akribisch planen. Was gibt es wann zu essen? Wieviel Obst, Gemüse, Naschsachen sind notwendig/erwünscht?
Um besser planen zu können, empfiehlt es sich, öfter einzukaufen, anstatt einen Großeinkauf zu tätigen, der schnell ein Gefühl der Überforderung und den Wunsch nach Absicherung (Mehrkäufe aus Angst, dass die Lebensmittel für den Zeitraum nicht ausreichen würden) mit sich bringen kann.
Darüber hinaus sollte ein dem Einkaufszettel angemessener Geldbetrag mitgeführt werden (nicht deutlich mehr Geld mitnehmen als notwendig).
Zeit nehmen für Einkäufe
Um ein Gefühl der Kontrolle zu haben, ist es besser, sich Zeit fürs Einkaufen zu nehmen. Stress und Zeitdruck können zu Hektik und Kompensationskäufen führen, die alles außer Kontrolle bringen.
Bargeldzahlung
Besser ist es, Einkäufe mit Bargeld zu bezahlen. Dies schafft Begrenzung und Transparenz. Kredit- beziehungsweise EC-Kartenzahlungen dagegen vermitteln ein Gefühl der „unbegrenzten Möglichkeiten“.
„What you see, is what you get“
Im übertragenen Sinne! Online-, TV- und Katalogeinkäufe soweit wie möglich reduzieren, besser abgewöhnen, stattdessen „face-to-face“-Kontakt zur Ware aufnehmen.
Verführungen ausschließen
Kataloge zum Rumstöbern sofort wegwerfen und Einkaufswünsche von Produkten, die nicht notwendig sind (ehrlich sein!), 24 Stunden überdenken.
Regelmäßiges Sparen
Sparen dient dem Tilgen der Schulden, so bereits welche bestehen, vermittelt Kontrolle und vermindert die Angst, dass einem alles entgleiten könnte (mit der möglichen Konsequenz der Potenzierung negativer Gedanken und dem im zweiten Teil unserer Serie aufgezeigten Teufelskreis).
Kontrolle der Geldausgaben
Die Auflistung der Geldausgaben sorgt für Überschaubarkeit und der Aufdeckung von individuellen „Schwachstellen“ (einhergehend mit dem erneuten Appell an die Ehrlichkeit!).
Diese Empfehlungen für ein gelungenes Geldmanagement von Müller et al. (Universitätsklinikum Erlangen, 2008a) können erste richtungsgebende Hinweise sein, an welchen Punkten man zur Hilfe bei Kaufsucht ansetzen könnte. Darüber hinaus bieten professionelle therapeutische Interventionen einen Mehrwert, für einen umfassenderen Ansatz zur Hilfe bei Kaufsucht.
Quellen:
- Müller, A., de Zwaan, M. & Mitchell, J.E. (2008a). Pathologisches Kaufen – Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Manual. Köln: Ärzte-Verlag.
- Müller. A, Müller, U., Silbermann, A., Reinecker, H., Bleich, S., Mitchell, J.E. & de Zwaan, M. (2008b). A Randomized, Controlled Trial of Group Cognitive-Behavioral Therapy for Compulsive Buying Disorder: Posttreatment and 6-Month Follow-Up Results. The Journal of Clinical Psychiatry, 69(7), 1131-8.
- Universitätsklinikum Erlangen (22.07.2008a). 14 Empfehlungen für ein gelungenes Geldmanagement. Presseinformation. [28.04.2015].
- Universitätsklinikum Erlangen (22.07.2008b). Erstmals wirksames Therapie-Modell gegen Kaufsucht nachgewiesen. [28.04.2015].