Vertrauen ist eine wichtige menschliche Eigenschaft und wer das Vertrauen verspielt hat, der hat es schwer es jemals wieder zurückzuerlangen. „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht“, sagt der Volksmund. Menschen, denen man vertrauen kann, schätzen wir hoch ein und wir erwarten genau das von unseren Freunden, mit denen man „Pferde stehlen“ und „durch Dick und Dünn gehen“ können soll.
Aber was heißt es eigentlich, dass jemand vertrauenswürdig ist oder eben nicht?
Vertrauen philosophisch
Wir lassen uns theoretisch und praktisch festlegen und wir wissen, irgendwie, dass wir es tun. Vieles an unseren Sprachspielen ist und bleibt unausgesprochen, ist uns aber dennoch implizit zugänglich und wird von und in der Gesellschaft vorausgesetzt. Vielleicht hat man nie eine Flirtschule besucht oder nie explizit gehört, wie man sich bei den Eltern der Freundin verhalten sollte, aber so ein grobes Wissen darum gibt es doch und wer hier völlig versagt, hat keinen guten Stand.
Sich festlegen zu lassen heißt grob gesagt, wer A sagt, muss auch B sagen. Nicht moralisch, rein logisch. Die einfache Aussage „Das ist rot“, ist eine Behauptung, die beansprucht, etwas über Farben ausgesagt zu haben (und nicht über Formen oder Fische) und dies auch zu wissen, weiter zu behaupten, dass etwas nicht blau oder grün ist (und dies unterscheiden zu können) und die Fähigkeit zu besitzen, sinnlich gemäß der aktuellen Norm wahrzunehmen und zuzuordnen (man darf nicht farbenblind sein und muss wissen, was genau „rot“ genannt wird und was nicht). Ganz schön viel für eine so kurze Aussage und an jeder Aussage hängt jede Menge Kontext, der keinesfalls beliebig (aber durchaus kulturell unterschiedlich) ist.
Vertrauen heißt unter anderem, dass jemand sich festlegen lässt und die theoretischen und praktischen Folgen annimmt und umsetzt oder, falls nicht, begründet, warum er es jetzt gerade nicht tun kann. Das heißt nicht nur zu verstehen, was Freundschaft dem Wort nach bedeutet, sondern auch als Freundin da zu sein, ganz konkret.
Was wir Menschen tun, ist so eine Art soziales Konto über einander zu führen, deontische Kontoführung nennt der Philosoph Robert Brandom das. Wer sich mehrfach als unzuverlässig erweist und das Vertrauen verspielt, dessen sozialer Kontostand sinkt massiv. Denn wir sind normative Wesen.
Wenn das Vertrauen weg ist
Was einzelne Menschen betrifft, kann auch Konzerne oder ganze Nationen betreffen. Aktuell der ADAC und als Dauerthema der NSA Abhörskandal. Nun leben Geheimdienste nicht zentral davon, dass sie beliebt sind, aber der ADAC oder Marken wie Stiftung Warentest, Ökosiegel oder „Made in Germany“ leben von ihrem guten Namen, eben davon, dass man ihnen vertraut, weil sie sich bisher als vertrauenswürdig erwiesen haben.
Neben einem guten Produkt ist ein guter Name immer wichtiger und wird, gerade in unserer Informationsgesellschaft, auch als immer wichtiger erkannt. „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert“, das mag für den Großstadt-Desperado noch irgendwie cool sein, baut man auf Vertrauenswürdigkeit, gilt das nicht. Konzerne haben das längst erkannt und werben damit Gutes zu tun, ohne das direkt mit aufdringlicher Werbung zu verknüpfen.
Das Volk vergisst schnell und ist recht geduldig, aber wer nachhaltig seinen Ruf verspielt, der wird abgestraft, auf politischer Ebene musste die FDP diese Lektion lernen. Vor allem der, der sich selbst weit aus dem Fernster lehnt oder bestimmte sensible Rollen inne hat, dem werden Fehltritte weniger verziehen, man denke an Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff oder den Journalisten Michel Friedman.
Weniger enttäuscht ist man, wenn man von Institutionen oder Menschen ohnehin nicht viel erwartet hat: Dass die großen Online Datenkraken so ziemlich jeden systematisch ausspähen oder dabei mithelfen, scheint niemanden – vor allem der Digital Natives – groß zu jucken, in anderen Reihen muss sich die Empörung noch formieren.
Was Vertrauen besonders macht
Vertrauen, Verstehen, Verzeihen sind Akte, die nur erbeten und geschenkt werden können und mit denen der Mensch eine neue Ebene eröffnet und aus dem Spiel kleinkarierter Vorteilsberechnung grundsätzlich auszusteigen in der Lage ist. Vertrauen ist keine neue Strategie, kein neuer Zug im alten Spiel und wo es als solches verkannt wird, bricht es zusammen.
Beziehungen müssen auf der Basis von Vertrauen funktionieren, „Kontrolle ist besser“ mag gelten, wenn man einen Tyrannenstaat errichten will, Beziehungen auf Augenhöhe vergiftet dieser Versuch.