Wunderheilungen oder Spontanremissionen sind ein großes Thema, das emotional stark besetzt ist. Wer Wunderheilungen braucht, ist chronisch krank oder todkrank. Wenn wir uns diesem Thema widmen, dann aus der Überzeugung heraus, dass es wichtig ist und man, trotz aller Kontroversen, am Ende davon profitieren kann, idealerweise über Wunderheilungen hinaus.
Nachdem Wunderheilungen jahrzehntelang kaum beachtet wurden, gibt es inzwischen breitere Forschung dazu. Wir wollen die Bedeutung der Psyche dabei untersuchen, verstehen und würdigen. Die Krebserkrankung wird dabei eine größere Rolle spielen, aber das Gesagte gilt auch für andere Leiden. Wir wollen Fragen stellen, in der Hoffnung, dass Antworten für jeden selbst erkennbar werden. Wir versuchen, soweit es geht, objektiv zu sein, auch wenn die Botschaft ein Aufruf zu radikaler Subjektivität ist.
Was ist dran, an Wunderheilungen?
Kein Zweifel, es gibt sie, selten, aber immer wieder und das gut dokumentiert. Was man nicht kennt, ist der Wirkmechanismus.
Fiebrige Infekte, ein Aufbäumen des Immunsystems und, seltener zu fassen, eine innere Gewissheit sind Kanditaten. Unterschiedliche Faktoren, die sich gegenseitig ergänzen, überlagern und verstärken können.
Die innere Gewissheit hat verschiedene Quellen. Manche haben visionäre Träume und ändern daraufhin ihr Leben. Andere arbeiten gezielt mit inneren Bildern. Einige ändern radikal ihre Einstellungen und ihr Verhalten, andere kämpfen, kapitulieren oder erkennen einen Sinn in ihrer Krankheit. Es gibt kein sicheres Rezept, keine durchgehend rote Linie. Oder doch?
Die körperlichen Möglichkeiten werden gut erforscht, konventionell und im Rahmen neuer Ansätze der Gentechnik, der Nanomedizin und anderer technischer Neuerungen. Autoren wie Andrew Weil und David Servan-Schreiber haben uns die alternativmedizischen Aspekte nahe gebracht. Wenngleich die Psychoonkologie zunehmend an Bedeutung gewinnt, so ist hier doch noch immer viel, vielleicht am meisten, zu holen. Zum einen liegt der Aspekt der Psychoonkologie auf der wichtigen Begleitung Krebskranker, ein anderer Ansatz ist der Versuch über die Psyche den Körper zu heilen oder genauer, die Bahn für ein Wunder zu ebnen. Es ist der Bereich um den es hier geht.
Die Psychosomatik schwerer Krankheiten
Ein wenig Entspannung kann nie schaden. Auf Entspannung und Stressreduktion wird die Psychosomatik oft reduziert. Zu unrecht, in doppelter Weise. Zum einen gibt es Daten, die nahelegen, dass Stress gar nicht immer schlimm ist, andererseits ist Psychosomatik viel mehr als ein wenig Entspannungstraining. Die Idee der Psychosomatik ist, dass Krankenheiten auch Botschaften sind, die man verstehen und in psychisches Erleben übersetzen kann. Ist die Botschaft gravierend, hat das mit Entspannung, in der psychischen Bearbeitung, nicht viel zu tun.
Zumal es mehr um Zuversicht und eigenes Erkennen als Entspannung geht. Ehrliche Zuversicht kann nur erwachsen, wenn man überzeugt ist: von seiner Genesung, vielleicht auch nur davon, dass die Krankheit einen Sinn hat, dass einen nicht ein blinder Zufall getroffen hat und wenn, dass man diesen erkannt hat. Mit guter Laune, Entspannung, Ablenkung und ein wenig Schönwetter machen hat das nichts zu tun, dazu ist die Lage auch zu ernst.
Weg vom Noceboeffekt
Der Noceboeffekt ist der hässliche Bruder des Placeboeffektes. Er tritt ein, wenn wir nicht vertrauen, wenn wir deprimierende Statistiken lesen, wenn uns jemand wortreich erklärt, warum das, was man tut und worauf man hofft, doch alles Quatsch ist und am Ende sowieso nichts bringt. Es ist moderner Voodoo-Zauber. Es macht einen Unterschied, ob wir halbherzig meinen „Na gut, versuch‘ ich das eben auch noch“, oder ob man wirkliche Zuversicht besitzt. Doch Zuversicht kann man nicht erzwingen, nicht anknipsen, der Aufruf dazu deprimiert höchstens die, die ohnehin am Boden sind.
Doch es gibt Wege. Weg von der Statistik oder hin zu einer hilfreichen, ist einer dieser Wege. Was bringt es zu wissen, dass nur 3% diese Erkankung überlebt haben? Nicht viel, aber zu wissen, was diese 3% anders gemacht, kann sehr wertvoll sein.
Immer wieder wird über Anekdoten gespöttelt, über ihren medizinisch nur begrenzten Aussagewert, aber um den geht es gar nicht. Man soll nicht die Weltreise machen, die jemand machte, der dann, völlig unerwartet, spontan genesen ist, es geht darum, diesen Geist zu atmen. Dass da jemand etwas erlebt hat, was eigentlich gar nicht sein kann. Und das gibt Hoffnung, gerade weil es eigentlich nicht sein kann – aber vorkommt. Aus der Placebo-Forchung wissen wir, dass das Wesentliche am Glauben nicht sein Inhalt ist, sondern, dass man glaubt.