Personalisierte Daten werden im Zeitalter von Facebook, Google und Microsoft primär unter dem Aspekt des Datenschutzes betrachtet. Zurecht, wenn man sieht was schon allein mein Aufenthaltsort, gewonnen durch mein Handy, über mich verrät.
Ob nun das Ende der Privatheit längst erreicht ist und wir uns einfach damit abfinden müssen oder Privatheit ein hohes Gut ist, das wir schützen sollten, ist eine eigene Diskussion. Wir wollen unter einem psychosozialen Aspekt betrachten, was personalisierte Daten mit uns machen.
Das Internet als Öffnung der Welt
Unbestreitbar hat das Internet und vor allem auch die Suchmaschinen dazu beigetragen, dass wir in kürzester Zeit an Informationen kommen, von denen wir oft kaum ahnten, dass es sie überhaupt gibt. Zu den exotischsten Themen gibt es tausende Einträge und meistens ein eigenes Forum.
Das Internet ist auch ein Mittel um sich zu organisieren: Politiker totalitärer Staaten fürchten und zensieren das Internet, sie werden wissen warum. Auch wenn die arabischen Revolutionen wohl primär der demographischen Entwicklung geschuldet sind, so ist die Macht der Vernetzung und des Zugangs zu Informationen für immer mehr Menschen eine echte Revolution der Welt.
Ob der potentiell mögliche Zugang zu immer mehr Informationen nun immer eine Erweiterung oder durchaus auch eine Verengung des eigenen Horizonts bedeutet, wird ebenfalls noch kontrovers gesehen. Der in dieser Frage sehr engagierte Hirnforscher Manfred Spitzer sieht eine Digitale Demenz herannahen, vor allem dann, wenn Kinder zu früh zu viel Kontakt zu den digitalen Medien haben.
Doch personalisierte Daten bringen noch ein neues, ungewohntes Problem mit sich.
Personalisierte Daten in der Werbung
Primär werden meine Daten nicht zu kriminellen Zwecken gesammelt, gespeichert und ausgewertet, sondern um die Werbung zu optimieren. Firmen verkaufen Daten und Nutzerprofile an andere Firmen, die uns mit ihren Produkten gezielter bewerben. Das ist der tiefere Sinn der Payback Karten und anderer Mittel der Kundenanalyse. Wer kauft was und wie viel davon?
Je mehr diese Firmen über uns wissen, umso passgenauer die Werbung, von Sportkleidung über Babynahrung bis zum Bürostuhl und zur Gehhilfe. Das hilft sogar unnötige Werbung und Müll zu vermeiden. Facebook hat erkannt, dass wir noch eher kaufen, wenn die Werbung von unseren Freunden kommt und das ist ihr Kapital. Geschickt, aber noch nicht bedenklich.
Personalisierte Daten als Reduzierung der Welt
Man könnte sogar meinen, dass die maßgeschneiderte Welt ein Vorteil ist. Endlich bekomme ich ins Haus, was mich wirklich interessiert. Doch je mehr gerade digitale Datensammler über mich wissen, umso mehr personalisieren sie auch meine Suchanfragen.
So kehrt sich der Trend der Öffnung der Welt auf einmal in eine Reduzierung um, weil ich über die Auswertung meiner personalisierten Daten nur noch maßgeschneiderte Informationen bekomme. Man bekommt immer mehr Gewohntes serviert, dreht sich immer mehr um sich selbst und das, was man kaufen würde.
Der Horizont, der sich zu Beginn des digitalen Zeitalters so dramatisch erweiterte, er verengt sich wieder, neue Impulse werden reduziert, weil man das, was jenseits der eigenen Insel liegt, immer spärlicher präsentiert bekommt. Ein sehr konservativer, biederer und marktorientierter Trend, auf den man auch gelassen reagieren kann. Jeder wie er will, könnte man denken, passt doch.
Es fühlt sich zunächst gut und heimelig an, wenn alle meiner Meinung sind und sogar die „Gegner“ wie gewohnt auftreten, den Rest brauche ich gar nicht mehr auszublenden, er wird bereits für mich ausgeblendet. Trotz des Zusammenwachsens von Fernsehen, Zeitungen und Internet zersplittern Informationswelten, an denen alle Anteil haben, immer mehr zu Teilen, zu Segmenten in denen sich meine Clique tummelt. Der Rest, die Welt der Anderen, verflüchtigt sich langsam aus meiner Wahrnehmung.
Gesellschaften funktionieren jedoch auch darum, weil man gemeinsame Anknüpfungspunkte hat: Praktiken, Themen, Überzeugungen, Gewohnheiten. Früher Kirche und Rummelplatz, später der Straßenfeger im Fernsehen, wird diese gemeinsame Basis möglicherweise immer mehr zurückgedrängt.
Für den Einzelnen heißt es im schlechten Fall, dass er immer weniger echten Input von Außen bekommt, aber auch seine Spannungen schlechter abbauen kann. Die nahe Zukunft wird zeigen, ob personalisierte Daten die Zufriedenheit steigern oder zum Käfig werden, aus dem wir schwer entkommen können.