Funktioniert Wissenschaft in dem Maße, in dem wir uns ihre Richtigkeit und Unfehlbarkeit vorstellen? Oder trifft man es eher mit: ‚Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast‘? Was ist dran an all den Daten, Studien, Experimenten und Aussagen, die wie unverrückbare Fakten inmitten unserer pragmatisch orientierten, sachlichen Welt stehen?
Ein Beispiel aus der empirischen Gesundheitspsychologie, in aller Munde und beinahe unumstößlich: Rauchen gefährdet die Gesundheit. Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien spricht für einen Zusammenhang zwischen dem Rauchen und verschiedenen, sogenannten rauchbedingten, Erkrankungen. Trifft man dagegen einzelne Raucher, wird einem nicht selten berichtet, dass sie jemanden kennen, der nie in seinem Leben geraucht hat, im Gegenteil immer gesund lebte, jedoch plötzlich an Lungenkrebs, Herzinfarkt oder anderes erkrankte. Funktioniert Wissenschaft also nicht wirklich?
Wahrscheinlichkeiten als Grundlage der Wissenschaft
Die wichtigste Aussage in dem Zusammenhang darüber, dass es durchaus funktioniert Wissenschaft den Vorrang zu geben: Es geht um Wahrscheinlichkeiten. Genauso wie in anderen Wissenschaftsbereichen, z.B. der Medizin, Biologie oder Soziologie, funktioniert Wissenschaft in der empirischen Psychologie als Maß für Gruppenaussagen. Experimente, Testungen, Befragungen und Beobachtungen, bestenfalls als Langzeitstudien durchgeführt, werden über mehrere Menschen erhoben. Über diese errechnet man ein Mittel, welches als Grundlage für alle weiteren Berechnungen dient.
So gesehen funktioniert Wissenschaft also in dem Maße, dass man z.B. in Studien herausfand, dass die Gruppe der Raucher im Vergleich zur Gruppe der Nichtraucher häufiger von Erkrankungen wie Lungenkrebs, Herzinfarkt u.ä. betroffen ist. Bezogen auf den Einzelnen funktioniert Wissenschaft dann in der Hinsicht, dass es für jemanden, der raucht, um ein Vielfaches wahrscheinlicher ist zu erkranken als für jemanden, der nicht raucht.
Aber könnten nicht auch andere Einflüsse in Zusammenhang mit solchen Erkrankungen stehen, z.B. eine ungesunde Ernährung oder giftige Stoffe, mit denen die Atemwege in Kontakt gekommen sind?
Andere Einflüsse berücksichtigen
Dass es funktioniert, wissenschaftlich zu arbeiten, liegt auch an der Berücksichtigung von anderen Variablen, sogenannten Kovariablen. Einem guten Wissenschaftler obliegt nun die Sorgfalt, solche Kovariablen, wie z.B. die Ernährung in Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, auch zu beachten. Vor Beginn der Erhebung sollten diese aus dem bestehenden Forschungsstand recherchiert und bei der Untersuchung miterhoben werden. In den späteren Berechnungen werden diese Variablen dann herausgerechnet, so dass der in Frage stehende Zusammenhang möglichst frei von Störeinflüssen dargestellt werden kann.
Doch selbst wenn man andere Kovariablen berücksichtigt, funktioniert Wissenschaft nicht fehlerlos.
Es könnte auch falsch sein…
Wissenschaft ist auch nur menschlich. Diesbezüglich funktioniert Wissenschaft also auch nur innerhalb bestimmter Grenzen. Sie knüpft immer an den derzeitigen Forschungsstand an, wohl wissend, dass schon morgen neuere Erkenntnisse zutage treten können, die die heute erforschten Zusammenhänge widerlegen. Und nicht zuletzt geriet selbst Einsteins bislang unumstößliche Relativitätstheorie gefährlich ins Wanken, als erste Hinweise auf Elementarteilchen auftraten, die schneller als das Licht zu sein scheinen.
Kontrollierter Irrtum: Dem Fehler auf der Spur
In wissenschaftlichen Berechnungen fließen sogenannte Irrtumswahrscheinlichkeiten ein, die je nach Level z.B. mit einem oder fünf Prozent angesetzt werden. Diese Irrtumswahrscheinlichkeiten sagen aus, dass es z.B. mit fünfprozentiger Wahrscheinlichkeit sein kann, dass der gefundene Zusammenhang doch nur ein zufälliger ist.
Alles in allem funktioniert Wissenschaft also nur in dem Rahmen, dass gefundene Aussagen, Zusammenhänge o.ä. nicht sicher bestätigt werden können. Man macht Aussagen, die durch Studienergebnisse untermauert oder eben widerlegt werden. Letztendlich funktioniert Wissenschaft, in dem sie sich, einem Puzzle gleich, von Aussage zu Aussage hangelt, mit dem Ziel sich der „tatsächlichen Wahrheit“ bestmöglich zu nähern.
Quellen:
- n-tv (23.09.2011). Hatte Einstein unrecht? Relativitätstheorie wackelt. Verfügbar unter: http://www.n-tv.de/wissen/Relativitaetstheorie-wackelt-article4372031.html [29.11.2012]