englischer Text auf Regenbogenpapier

Auch das Vetrauen in Menschen ist wichtig © Corey Kubber under cc

Welt ist die Welt, an die wir glauben. Ein provozierender Satz. Er verlagert das Thema Placeboeffekt von einer Begleiterscheinung medizinischer Anwendung zu einer psycho-philosophischen Frage über die Beschaffenheit der Welt oder wenigstens unserer Wahrnehmung von ihr.

Schon sinnliche Wahrnehmung ist eine Konstruktion, kein Abbild der Welt da draußen, wie sie einfach ist. Denn da draußen gibt es durchaus auch anderes wahrzunehmen: Wärme und Buttersäure, das ist die Welt der Zecken. Kühe sehen kein Rot, Fledermäuse navigieren mit Ultraschall, Bienen sehen UV-Licht, Elefanten nehmen kleine Erschütterungen des Bodens wahr und so weiter.

Dieser Effekt hört nicht auf, wenn wir zu unseren Weltbildern kommen. In einem hohen Maße sehen wir, was wir glauben und was wir nicht glauben wollen, sehen wir auch nicht. Bis zu einem bestimmten Punkt, an dem das Bild kippt und die privaten und kollektiven Mythen nicht mehr aufrecht zu halten sind. Da fallen dann Welten zusammen, privat und manchmal auch kollektiv. Durch die Welt, an die wir glauben, unterscheiden wir uns beträchtlich. Es ist schwer aufzulösen, wo Mythen beginnen und enden.

Bleiben wir bei Krankheit und Heilung.

Den Placeboeffekt nutzen

Ganz pragmatisch können wir erst einmal die Forderung ableiten, den Placeboeffekt viel stärker zu nutzen.

Aber wie geht das und was sind die Zutaten? Die Welt, an die wir glauben, sollte gestärkt werden. Dass der Patient dem Behandler und seinem Verfahren vertrauen sollte, liegt in der Natur der Dinge und stellt sich vermutlich von selbst ein. Es ist kaum denkbar, dass sich ein Patient auf einen Behandler oder ein Verfahren einlässt, dem er skeptisch gegenübersteht.

Es dürfte ein großer Vorteil sein, wenn der Behandler seinem eigenen Verfahren vertraut. So unrealistisch es sein mag, wenn jemand die starke und aufrichtige innere Überzeugung hat, einem Patienten helfen zu können, wird er helfen können. Auch Ulrich Schnabel berichtet in seinem Buch „Die Vermessung des Glaubens“ von sogenannten Superheilern, deren pure Anwesenheit Menschen schon gesunden lässt.

Menschen merken, wenn jemand nicht überzeugt ist, vielleicht nicht bewusst, aber unsere Psyche ist auch ein feines Messinstrument für die Stimmung und subtilen Botschaften anderer und beeinflusst uns unbewusst. Daraus könnte man ableiten, dass derjenige, der nicht glaubt einem Patienten helfen zu können, ihn nicht behandeln sollte.

Die Selbstheilungskräfte

Wieso kommt es überhaupt zum Placeboeffekt? Wie kommt es, dass wir mehr oder minder aus eigener Kraft gesunden? Und ist das überhaupt so?

Es scheint tatsächlich so zu sein, denn in der Psychologie finden wir eine fast analoge Situation, bekannt als Wiederholungszwang. Bei diesem unbewussten Zwang manövriert sich ein Mensch immer wieder selbst, in traumatische Situationen, offenbar jedesmal in der, ebenfalls unbewussten, Hoffnung, ein früheres Trauma überwinden zu können.

Auch hier gibt es also eine Tendenz in Richtung Gesundung in uns. Andere Zeiten und Kulturkreise finden ebenfalls diese Kraft, Paracelsus sprach vom inneren Arzt und dessen Weisheit, der indische Yogi und Gelehrte Sri Aurobindo entdeckte ebenfalls die Kraft zur Gesundung.

Wir kennen erstaunliche Fälle von Spontanremissionen und vermuten, dass es sich um ein Aufbäumen des Immunsystems handeln könnte. Immer wieder wird auch die psychische Komponente hierbei betont.

Es gibt inzwischen so viele Fälle spontaner Heilungen, nicht nur bei Krebs, dass man weiß, dass es im Körper, in der Psyche, oder sonst wo, eine verborgene Kraft gibt und offensichtlich stärkt schon dieses Bewusstsein unsere Kraft zur Gesundung.

Die Welt, an die wir glauben, ist kein Schicksal

zwei Frauen beim Yoga

Stärkung des Immunsystems © Flavio (back for a while …) under cc

Der Glaube verleiht uns Kraft, es muss kein religiöser Glaube sein, nur eine tiefgefühlte Überzeugung. Doch man kann nicht verzweifelt glauben wollen, weil es gerade nützlich erscheint, denn man kann sich letztlich nicht selbst belügen. Hier verläuft wohl die Grenze.

Es ist nicht nötig, sondern eher schädlich, Glauben gegen Wissen auszuspielen. Obendrein auch nicht sehr rational, man muss nur das finden, was zu einem passt. Der eine bevorzugt neueste Studien und Spitzentechnologie, andere die Aktivierung der Selbstheilungskräfte, mancher die persönliche Nähe.

Irgendwo zwischen dem, was bisher erfolgreich war und dem, was die eigene Intuition sagt, gibt es eine Schnittmenge. Kommt man in diesen Bereich, ist Heilung wahrscheinlicher und so wie es aussieht, hat die psychische Komponente dabei ein erhebliches Gewicht.