Manchmal kann man den Eindruck haben, dass zu einem echten Star das tragische Scheitern einfach dazu gehört. Whitney Houston, Amy Winehouse und Michael Jackson sind nur die letzen Glieder einer traurigen Kette. Wie kann die Psychologie das erklären, dass Menschen, die geliebt und bewundert werden, manchmal schön und reich und immer berühmt sind so auffallend oft im Privatleben durch Eheprobleme, Entziehungskuren und diverse Exzesse von sich reden machen?

Der Psychiater Boris Bandelow macht dafür die Borderline-Störung verantwortlich und erntet hierfür reichlich Kritik, auch von Fachkollegen. Tatsächlich darf man wohl eher im einen oder anderen Fall eine Erkrankung aus dem Spektrum der schweren Persönlichkeitsstörungen, zu denen neben der Borderline-Störung selbst auch die narzisstische Persönlichkeitsstörung und weitere andere zählen, attestieren.

Eine gewisse Affinität zwischen künstlerisch-kreativen Berufen und Psychopathologien scheint es zu geben.

Whitney Houston

Whitney Houston, ein tragisch gescheiterter Star, gemeinfrei; Mark Kettenhofen

Versetzen wir uns in die Lage eines umjubelten Stars, so mag uns ein Aspekt ins Auge fallen. Viele wurden vielleicht zu früh ins Rampenlicht gezerrt, so dass es schwer sein mag, realistische Beziehungen überhaupt aufzubauen. Überall wo man hinkommt, ist man ein Star. Nicht eben optimal, um auch eine gewisse Erdung und Bodenhaftung zu behalten. Man kann darüber streiten, was Ursache und Wirkung ist, doch die Objektbeziehungstheorie betont die Bedeutung von realistischen Beziehungen.

Dazu kommt, dass zu den Spielregeln des Starseins eben auch die häufige, manchmal permanente, Medienpräsenz gehört. Manche fühlen sich gezwungen sich immer zu präsentieren und ist man erst einmal eine Person des öffentlichen Interesses, verschärft sich das. Ob eigener Exhibitionsimus oder äußerer Zwang, hier fließen die Grenzen wohl ineinander.

Für die Presseabteilung, die den Voyeurismus der Leserschaft erzeugt und bedient, ist dann allerdings irgendwann die Ehekrise, die Cellulitisfrage, die neueste Schönheitsoperation, vor allem der zünftige Ehekrach und der siebte Alkohol- oder Drogenentzug eine bessere Schlagzeile, als das neue Album oder Film. Ein weiterer Baustein für das tragische Scheitern.

Der Touralltag, Exzess und Tristesse

Ein Star ist auch ein Mensch mit Kopfschmerzen, Liebeskummer oder einfach einem schlechten Tag. Ob Ängste, Selbstzweifel oder Lampenfieber, abends auf der Bühne will das Publikum, für das der Auftritt ein Sonderereignis ist, Höchstleistung und die perfekte Show sehen. Jeden Abend. Da kommt man erst mal nicht raus, für die nächsten Monate. Ein zunächst einfacher Weg den Anforderungen immer zu genügen, ist vielleicht der Alkohol, das eine oder andere Beruhigungs- oder Aufputschmittel, eventuell kommen härtere Drogen hinzu. Das ist kein Zwang, aber eine Möglichkeit. Leider auch eine, in die Sucht zu rutschen.

Nach dem Jubel auf der Bühne, die Einsamkeit des Hotelzimmers. Allein, abgeschnitten von allen anderen, die Ohren piepen noch, man ist verschwitzt, kaputt.

Die Diskrepanz ist riesig. Auf der Bühne kann man seine Stärken präsentieren und erntet oft begeisterte Reaktionen. Dann allein mit sich und seinen Sorgen und Schwächen, seiner inneren Leere. Wird das Leben zur Bühne, die Besonderheit zum Alltag, kann man Leere und Schwächen ganz gut kaschieren, eine Zeit lang.

Die Mischung aus Spannung, Hochgefühl und Erschöpfung flaut irgendwann ab und wenn niemand da ist, mit dem man reden kann oder die immer gleichen Gesichter in den immer ähnlichen Hotels, machen sich Leere und Einsamkeit breit. Für etwas narzisstische, bipolare oder labile Naturen durchaus eine Gefahr. Diverse Exzesse können diese Leere ein Stück weit kompensieren, bis sie selbst zum Problem werden.

Mit einzigartigem, zumindest weit überdurchschnittlichem Talent ausgezeichnet, doch kaum mehr fähig, den Alltag allein zu bewältigen. Das ist nicht die Regel bei Stars und keineswegs auf sie beschränkt, aber auch nicht selten und im Rampenlicht und Blitzlichtgewitter wird daraus ein entsprechend greller Kontrast. Wenn die Rolle zur zweiten Haut wird, ist der Sinn für eine Welt drum herum reduziert, manchmal gibt es auch die narzisstische Neigung, allem anderen, außer der eigenen Person, die Bedeutung abzusprechen. Hier sind Spannungen mit der Mitwelt vorprogrammiert, die abgebaut werden müssen.

Spannungen, die, unverschuldet, oft genug in der Persönlichkeit des Stars angelegt sind und durch die Sonderrolle des Starseins und die besonderen Möglichkeiten in Bezug auf Geld und Kontakte verstärkt werden. Wenn sich diese Komponenten gegenseitig ergänzen, ist die Gefahr hoch, dass erneut das tragische Scheitern eines Stars eintritt.