Steht die Diagnose Krebs im Raum, fühlt man sich, als würde einem der Boden unter den Füßen weggerissen werden. Man weiß nicht, wie man sich verhalten soll. Kann man selbst überhaupt etwas dazu beitragen, um die Krankheit zu besiegen? So fragen sich zum Beispiel viele Betroffene, inwiefern man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann?

Viele, zum Teil widersprüchliche, Informationen geistern zu diesem Thema durch die Medien. So sprechen sich einige Artikel eindeutig dafür aus, dass man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann. Andere Artikel wiederum betonen, dass die Psyche diesbezüglich eine eher untergeordnete Rolle spielt. Für die betroffenen Krebserkrankten, welche sich sowieso schon in einem Strudel aus Hoffnung und Verzweiflung befinden, bedeutet dies zusätzliche Verwirrung.

Wichtig wäre, den aktuellen Forschungsstand darüber, ob man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann, etwas differenzierter zu betrachten. Wir wollen versuchen aus psychologischer Perspektive Licht ins Dunkel zu bringen und die Vielzahl der widersprüchlichen Artikel in den Medien zu entwirren.

Forschung uneins, ob man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann

Nüchtern betrachtet ist die Studienlage kontrovers darüber, ob man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann (z.B. Petticrew et al., 2002). So zeigen zum Beispiel einige Studien, dass eine eher optimistisch-kämpferische Einstellung gegenüber der Erkrankung den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen kann. Pessimistische Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit dagegen scheinen sich eher ungünstig auf den Krankheitsverlauf auszuwirken. In anderen Studien wurden diese Zusammenhänge allerdings nicht gefunden.

Ursache für diese widersprüchlichen Ergebnisse können unterschiedliche methodische Vorgehensweisen in den Studien und variierende Erfassungen der Konstrukte sein. Letztendlich scheint eines jedoch klar. Aus Sicht der psychologischen Forschung ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, ob man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann.

Was soll nun aber der erkrankte Betroffene daraus ziehen, wie soll er sich verhalten?

Positives Denken und negative Emotionen

Sowohl positives Denken als auch negative Emotionen können bei der Krankheitsbewältigung von Nutzen sein.

Optimismus kann sich lohnen und erleichtert die Krankheitsverarbeitung

Grundsätzlich sollte man einem optimistisch eingestellten Erkrankten nicht die Hoffnung nehmen, dass man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann. Einige Studien sprechen immerhin dafür. Darüber hinaus wird eine optimistische Grundeinstellung die Verarbeitung der Erkrankung vermutlich erleichtern.

Auch gibt es genügend andere Bereiche, in denen Studien zeigen, dass positives Denken sich vorteilhaft auf die Gesundheit auswirken kann. Eine optimistische Grundhaltung wird also eher von Vorteil als von Nachteil sein.

Auf der anderen Seite nützt es jedoch niemandem etwas, wenn sich betroffene Erkrankte unter Druck gesetzt fühlen und versuchen, zwanghaft positiv zu denken, um auf bessere Heilungschancen bei Krebs durch positives Denken zu hoffen. Der Umkehrschluss wäre fatal: Ist man verloren, wenn man nicht positiv denken kann?

Auch Jammern kann helfen: Der sekundäre Krankheitsgewinn

Berge als Hindernis

Auf eigene Art die Hürde meistern © lululemon athletica (flickr, nicht mehr aktiv) under CC BY 2.0

Zu den Stadien der Krankheitsverarbeitung gehört eben auch „sich mal hängen zu lassen“. Niemand hat die Kraft ständig stark und optimistisch zu sein. Wut, Trauer, Angst und Verzweiflung sind genauso wichtige Bestandteile bei der Krankheitsbewältigung. Sie können helfen, neue Kraft zu schöpfen und soziale Unterstützung zu erhalten.

Diese emotionale Krankheitsbewältigung scheint sich durchaus auch positiv auf den Krankheitsverlauf auszuwirken, wie eine Studie von Reynolds et al. (2000) zeigt. Erkrankte, welche häufiger über ihre Gefühle sprechen und mehr emotionale Unterstützung durch andere erhalten, haben offenbar höhere Chancen zu überleben.

Negative Emotionen haben also auch ihren Zweck bei der Krankheitsbewältigung, unabhängig davon, ob man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann.

Bei der Krankheitsbewältigung der eigenen Persönlichkeit entsprechen

Die optimale Art der Krankheitsbewältigung wird vermutlich die sein, welche der eigenen Persönlichkeit entspricht und am authentischsten ist. Optimisten sollten sich ihren Optimismus nicht nehmen lassen und daran glauben, dass man durch positives Denken die Heilungschancen bei Krebs verbessern kann. Ist man eher weniger optimistisch gestimmt, sollte man sich auch darüber keine Gedanken machen. Negative Emotionen und das Sprechen darüber können ebenfalls bei der Krankheitsverarbeitung hilfreich sein. Wichtig ist, sich und anderen nichts vorzumachen, da dies die individuelle Art der Krankheitsbewältigung vermutlich nur erschweren wird.

Quellen:

  • Petticrew, M., Bell, R. & Hunter, D. (2002). Influence of psychological coping on survival and recurrence in people with cancer: systematic review. British Medical Association, 325(7372):1066.
  • Reynolds, P., Hurley, S., Torres; M., Jackson, J., Boyd, P. & Chen, V.W. (2000). Use of Coping Strategies and Breast Cancer Survival: Results from the Black/White Cancer Survival Study. American Journal of Epidemiology, 152(10), 940-949.