trotziges Kind auf Parkbank

Kind im Trotzalter © Clemens v. Vogelsang under cc

Das Trotzalter wird nicht umsonst die Pubertät im Kleinkindalter genannt. Ähnlich wie pubertierende Teenager entdecken die kleinen Persönlichkeiten im Alter von ca. 2-4 Jahren ihren eigenen Willen und versuchen ihre Grenzen auszutesten – oft zu Lasten von Zeit und Nerven der Eltern.

So manch junges Elternpaar fragt sich, wie „streng sein“ eigentlich geht. Oder ob man so einiges auch mal durchgehen lassen kann, um den Willen des Kindes nicht zu brechen. Oft ist es schwierig, die Balance zwischen Erziehung und Förderung der jungen, sich im Trotzalter befindenden, Persönlichkeit zu finden. Beides ist unabdingbar, um dem Kind eine behütete Umgebung zu geben, in der es sich entwickeln kann.

Erziehung schafft einen Rahmen und erleichtert das Trotzalter

Aus pädagogisch-psychologischer Sicht ist bereits während des Trotzalters bei der Erziehung wichtig, dem Kind einen geeigneten Rahmen vorzugeben, innerhalb dessen es sich bewegen kann. Dieser beinhaltet klare Grenzen und Strukturen, wie Winterhoff, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie befürwortet.

Jedes Kind im Trotzalter sollte lernen, dass es bestimmte Regeln gibt, die es zu akzeptieren hat, obwohl es dies vielleicht gerade nicht möchte. Durch diese Unterordnung, oft auch gegen den eigenen Willen, erfährt das Kind eine gewisse Frustration, die es auszuhalten gilt. Dadurch schult sich die Frustrationstoleranz beim Kind schon während der Phase des Trotzalters. Mangelt es an Frustrationstoleranz, droht im späteren Leben eine Nichtanpassung an die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und eine erschwerte Eingliederung in die Gesellschaft.

Feste Strukturen durch regelmäßige Schlaf- und Essenszeiten

Viele Eltern beobachten, dass ihre Kinder besonders stark trotzen, wenn sie müde oder hungrig sind. Feste Schlaf- und Essenszeiten können das Trotzalter erheblich leichter machen. Ein Kind, welches ausgeruht und satt ist, wird eher akzeptieren, wenn es etwas nicht darf.

Von Vorteil ist hier darüber hinaus, dass eine feste Struktur Sicherheit schafft und der Alltag für das Kind vorhersehbarer wird. Stolz wird das Kind bestimmte Dinge ohne Aufforderung erledigen können und wollen. So kann es zeigen, dass es weiß, was als nächstes auf dem Tagesplan steht. Bereitwillig wird so auch ein Kind im Trotzalter gern ein Buch aus dem Regal holen und zum Bettchen bringen, da es weiß, dass dies vor dem Schlafengehen gemeinsam angeschaut wird.

Überreizung vorbeugen durch Ruhephasen

Auch Überreizung und Stress können das Trotzalter anstrengender machen. Wichtig ist für die Eltern, auf die Signale des Kindes zu hören und regelmäßig für einen Ausgleich bzw. Ruhephasen zu sorgen. Dies kann z.B. ein Spaziergang sein, ein Buch anschauen oder eine Geschichte erzählen.

Dem Kind im Trotzalter auf gleicher Höhe begegnen fördert Selbstständigkeit

Neben festen, erzieherischen Strukturen sollte auf der anderen Seite der jungen, sich im Trotzalter befindenden, Persönlichkeit auf Augenhöhe begegnet werden. Dies kann auf verschiedene Arten erfolgen.

Die Gefühle des Kindes anerkennen

Kinder im Trotzalter sind so manches mal von ihren Gefühlen überwältigt. Von einer Sekunde auf die nächste kann aus einem kleinen Sonnenschein ein wütender Tornado werden, der nur schwer zu beruhigen ist.

Harvey Karp, ein amerikanischer Kinderarzt, vertritt die Auffassung, dass Eltern die im Trotzalter aufkommenden überwältigenden Gefühle akzeptieren und anerkennen sollten. So sollte z.B. in angemessener Form vermittelt werden, dass man versteht, warum das Kind wütend ist (z.B. „Ich verstehe, dass Du wütend bist, weil Du nicht mehr spielen darfst.“). Sobald sich das Kind etwas beruhigt hat, kann der eigene Standpunkt deutlich gemacht werden. Dieses Anerkennen der Gefühle kann den Trotzanfall erheblich verkürzen und das Trotzalter sehr erleichtern, so Karp.

Dem Kind Spielraum geben

Hat das Kind einen gewissen Spielraum, in welchem es selbst entscheiden kann, lernt es bereits im Trotzalter, dass es mit seinem Verhalten seinen eigenen Willen durchsetzen und etwas bewirken kann. Dies fördert die Entwicklung von Selbstwirksamkeit, Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit beim Kind.

Eltern sollten sich überlegen, welche Regeln unumstößlich sind und welche diskutiert werden können. Dies kann sich auch im Laufe der Zeit ändern. Auch Eltern sollten durch Erfahrung lernen und ihre Meinung ändern können.

Sich entschuldigen können

Keine Frage, das Trotzalter beim Kind kann die Nerven der Eltern gehörig strapazieren. Hat man eventuell mal etwas ungerecht reagiert, sollten Eltern sich beim Kind entschuldigen und erklären, was sie falsch gemacht haben. Bereits Kinder im Trotzalter verstehen Entschuldigungen. Auch wenn sie eventuell nicht den Inhalt voll und ganz erfassen können, verstehen sie Mimik, Gestik und Stimmlage der Eltern.

Das Trotzalter nicht persönlich nehmen und Abstand schaffen

Zu guter Letzt sollten Eltern von Kindern im Trotzalter das Verhalten ihres Kindes nicht persönlich nehmen. Natürlich fällt dies schwer, wenn man zum xten Mal vom Kind gehauen oder zurückgewiesen wird.

Häufig löst dieses trotzige Verhalten des Kindes frühere (Kindheits-)Erinnerungen an Ablehnung bei den Eltern aus, die mit der aktuellen Situation wenig zu tun haben, so Karp. Wichtig ist hier also, sich dessen bewusst zu sein und inneren Abstand zu schaffen. Es sollte versucht werden, dem Verhalten des Kindes ruhig zu begegnen.

Auch äußerer Abstand zum Kind kann helfen. Meist sucht das Kind recht schnell wieder die Nähe der Eltern. Wichtig ist hier vor allem auf die kindlichen Signale der Versöhnung sofort zu reagieren, um Zurückweisung zu vermeiden.

Kinder im Trotzalter schwanken zwischen ersten Schritten der Selbstständigkeit und Suchen von Nähe und Sicherheit bei den Eltern. Von Seiten der Eltern sollte dem Kind beides für eine gesunde psychische Entwicklung gewährt werden.

Quellen:

Dieser Artikel ist Teil einer Serie, welche sich mit Themen rund um die frühkindliche Erziehung beschäftigt: