Gewalt unter männlichen Jugendlichen wird immer mehr zum Thema. Aus diesem Anlass führten Wetzels et al. (2001) eine repräsentative Studie unter 18.000 Jugendlichen durch. In neun deutschen Städten füllten Neuntklässler aller Schultypen einen Fragebogen aus. In diesem gaben sie Auskunft über ihre Erfahrungen als Opfer und Täter von Gewaltdelikten. Im Folgenden soll der Zusammenhang zwischen Gewalt in der Familie und Jugendgewalt näher beschrieben werden.
Arbeitslosigkeit als Auslöser familiärer Gewalt
Die Studie zeigte, dass elterliche Gewalt deutlich häufiger in Familien auftritt, in denen der Vater von Arbeitslosigkeit betroffen ist. So wurden 5% der Jugendlichen mit deutscher Herkunft, deren Väter berufstätig sind, Opfer familiärer Gewalt. War der Vater hingegen erwerbslos, stieg die Quote um das Fünffache. Dieser deutliche Zusammenhang ließ sich für arbeitslose Mütter nicht feststellen.
Laut Pfeiffer (2001) gehen Männer und Frauen unterschiedlich mit Arbeitslosigkeit um. Frauen sind in seinen Augen krisenfester und flexibler bei der Arbeitssuche. Männer sehen ihren Lebenssinn vor allem in der beruflichen Tätigkeit (Volz & Zulehner, 2009) und reagieren schnell mit erhöhten Selbstzweifeln, sowie Existenz- und Versagensängsten (PARSHIP.de, 2009). Die damit einhergehende Frustration führt häufig zu starkem Alkoholkonsum und erhöhter Gewalt (Pfeiffer, 2001).
Wie wirkt sich familiäre Gewalt aus?
Um die Frage zu beantworten, wie sich elterliche Gewalt auf die Gewalthäufigkeit der Kinder auswirkt, haben Wetzels et al. (2001) auch die Zuwendungsintensität betrachtet. Sie konnten zeigen, dass das Ausmaß an liebevoller Zuwendung durch die Eltern nur dann die Gewalt ihrer Kinder reduziert, wenn die Gewaltintensität leicht bis mittel ausfiel. Werden Kinder hingegen extrem misshandelt, werden sie gewalttätig, unabhängig vom Ausmaß der Zuwendung.
Folgen familiärer Gewalt
Umgang mit Konflikten
Die Forscher untersuchten die Ursachenzuschreibung in Konfliktsituationen. Die Jugendlichen sollten angeben, wie sie ein Anrempeln auf der Treppe interpretieren. Hierbei zeigte sich, dass diejenigen, die in der eigenen Familie Gewalt erfahren haben, eine stärkere Neigung zeigen dem anderen böse Absichten zu unterstellen und eher mit Gewalt reagieren.
Selbstwertgefühl
Wetzels et al. (2001) legten den Jugendlichen zusätzlich einen Fragebogen zum Thema Selbstwertgefühl vor. Als Indikator für Selbstwertgefühl galt das Zutrauen, dass die Heranwachsenden in ihre Fähigkeiten haben. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass bei der Gewaltentstehung ein Teufelskreis besteht. Je häufiger Gewalt in der eigenen Familie erlebt wird, desto mehr nimmt das Gefühl ab, selbst etwas bewirken zu können. Die daraus resultierende geringe soziale Anerkennung reduziert wiederum das Selbstwertgefühl. Ist dieses gering, führt dies zu feindseligen Einstellungen und somit zu Gewalt.
Was kann man gegen Gewalt tun?
Eltern frühzeitig aufklären
Laut Pfeiffer (2001) sind Eltern zu Beginn ihrer Erziehung besonders offen für Ideen. Sie zeigen zu diesem Zeitpunkt die höchste Bereitschaft, etwas an ihrem Erziehungsstil zu ändern. Hat sich durch negative Erziehung der Konflikt zwischen Eltern und Kindern erstmal verhärtet, wird ein Eingreifen immer schwieriger. Daher sollten Hilfsprogramme darauf abzielen, die Eltern möglichst früh über Erziehungsfehler aufzuklären.
Anerkennung vermitteln
Da Gewalt häufig Anzeichen für ein niedriges Selbstwertgefühl ist, sollten mehr Jugendprojekte bereitgestellt werden, die gerade Jugendlichen aus sozial schwachen Familien mehr Anerkennung vermitteln. Wichtig ist, dass diese auf die Interessen der Heranwachsenden abzielen. Im Idealfall stellen sie eine Herausforderung dar und geben den Jugendlichen die Möglichkeit, sich als kompetent zu erleben (Pfeiffer, 2001).
Quellenangaben
- PARSHIP.de (2009, Oktober). Karrierefrauen: Erfolg im Beruf – Pech in der Liebe? Online verfügbar (27.10.2011).
- Pfeiffer, C. (2001). Gewalt entsteht durch Gewalt. Wie kann der Teufelskreis durchbrochen werden? In W. Deutsch & M. Wenglorz (Hrsg.), Zentrale Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen (S. 164-188). Stuttgart: Klett-Cotta.
- Volz, R. & Zulehner, P.M. (2009). Männer in Bewegung. Zehn Jahre Männerentwicklung in Deutschland. Baden-Baden: Nomos.
- Wetzels, P., Enzmann, D., Mecklenburg, E. & Pfeiffer, C. (2001). Jugend und Gewalt. Eine repräsentative Dunkelfeldanalyse in München und acht anderen deutschen Städten. Baden-Baden: Nomos-Verlag.