„Ich fühle mich so müde und ausgelaugt. Es wächst mir einfach alles über den Kopf. Macht doch alles keinen Sinn mehr.“ Menschen, die unter Burnout leiden, haben oft mit starker Überforderung zu kämpfen. Wie sich gezeigt hat, ist Burnout meist eine Reaktion auf überhöhte Arbeitsanforderungen.
Was versteht man unter dem Burnout-Syndrom?
Laut internationaler Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) ist das Burnout-Syndrom keine Krankheit, sondern lediglich ein Erschöpfungszustand (Dilling, Mombour, Schmidt & Markwort, 2006). Im Allgemeinen wird unter Burnout (deutsch: ausgebrannt sein) eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung verstanden, die mit reduzierter Leistungsfähigkeit einhergeht.
Wie verbreitet ist Burnout?
Nicht nur in helfenden Berufen, sondern auch bei Verkäufern, Lehrern, Politikern, Sportlern und Forschungsmitarbeitern konnte Burnout festgestellt werden (Korczak, 2010). Des Weiteren stieg der Anteil der Frühverrentungen aufgrund psychischer Erkrankungen von 15,4 % im Jahr 1993 auf 36,5 % im Jahr 2008 (Baumann, 2010). Dies lässt auf eine wachsende Erschöpfung in mehreren Berufsbereichen hindeuten.
Was löst Burnout aus?
Als Hauptursache für Burnout gilt überhöhter Stress, der nicht akkurat bewältigt werden kann (Jaggi, 2008). Eine Umfrage von Marketagent.com (2010) unter rund 500 berufstätigen und gestressten Österreichern konnte folgende vier Stressfaktoren identifizieren:
Platz 1: Termindruck
Die Hälfte aller Befragten nannte Termindruck als entscheidenden Stressfaktor. Unter Zeitdruck müssen viele Angelegenheiten innerhalb kürzester Zeit erledigt werden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, reagiert der Körper mit erhöhtem Puls und Blutdruck. Leider treten aber auch Symptome wie Nervosität, Herzklopfen und Kopfschmerzen auf, die die Erschöpfung stark begünstigen (Hewener, 2004).
Platz 2: Hohe Arbeitslast
Mit 47% wird eine hohe Arbeitslast als zweithäufigste Ursache für Stress angesehen. Laut einer Studie der IGS Unternehmensberatung Köln (2009) fühlen sich knapp 82% der Mitarbeiter von ihrem Vorgesetzten stark unter Druck gesetzt. Meist resultiert dies aus zu hohen Erwartungen des Vorgesetzten oder zu vielen Arbeitsaufträgen. Dies führt häufig zu Ohnmachtsgefühlen und wirkt sich negativ auf die Zufriedenheit, Leistungsbereitschaft und das Engagement aus (Schmitz & Kohn, 2009).
In 75% der Fälle werden Arbeitsausfälle den verbleibenden Mitarbeitern angelastet (derStandard.at, 2010). Daher leiden diese häufig darunter, dass sie die Arbeit eines erkrankten Kollegen miterledigen müssen. Überstunden sind die Folge. Selbst in Erholungsphasen finden einige Mitarbeiter keine Ruhe. Laut einer Umfrage von Emnid (2010) fühlen sich 52% dazu verpflichtet, im Urlaub ihre geschäftlichen E-Mails via Laptop oder Smartphone abzurufen. Dies geht auf Kosten der Entspannung und Regeneration.
Platz 3: Interne Ungerechtigkeiten
Interne Ungerechtigkeiten wurden von 30% der Befragten als Stressursache identifiziert. Beispielsweise fühlt sich der Mitarbeiter zu wenig gelobt oder bei der Beförderung übergangen und ist deshalb wütend. Trotzdem wird er seinen Vorgesetzten weiterhin freundlich anlächeln müssen, um seine Arbeitsstelle nicht zu gefährden. Werden im Zuge des surface-acting (Oberflächenhandelns) die erwünschten Gefühle mit dem Körperausdruck vorgetäuscht (Hochschild, 1979, 1990), entsteht eine Diskrepanz zwischen den eigenen Gefühlen und der geforderten Norm, die als emotionale Dissonanz bezeichnet wird (Middleton, 1989). Der Angestellte muss also im Arbeitskontext eigene Empfindungen wie Ärger oder Wut unterdrücken und verleugnen, um die geforderten Umgangsformen gegenüber seines Vorgesetzten nicht zu verletzen. Aus emotionaler Dissonanz folgt emotionale Erschöpfung (Morris & Feldmann, 1996) bzw. Burnout (Brotheridge & Grandey, 2002; Zapf, Isic, Fischbach & Dormann, 2003).
Platz 4: Fordernde Kunden
Fordernde Kunden werden von 25% der Berufstätigen als Stressursache genannt. Unternehmen wenden immer mehr Arbeitskraft auf, um die Zufriedenheit des Kunden zu steigern (Homburg & Bucerius, 2006). Stellt der Kunden nun hohe Forderungen, muss der Mitarbeiter umso mehr Energie aufbringen, um seinen Kunden zufrieden zu stellen.
Quellenangaben
- All About Security (2010, Juli). Emnid-Umfrage: Deutsche rufen selbst im Urlaub geschäftliche E-Mails ab. Online verfügbar (11.10.2011).
- Baumann, D. (2010, Juli). Die erschöpfte Republik. Online verfügbar (11.10.2011).
- Brotheridge, C.M. & Grandey, A.A. (2002). Emotional labor and burnout: Comparing two perspectives of „people work“. Journal of Vocational Behavior, 60, 17–39.
- Derstandard.at (2010, Juli). Ist Burn-out noch Thema? Online verfügbar (11.10.2011).
- Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M.H. & Schulte-Markwort, E. (2006). Internationale Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 Kapitel V (F). Klinisch-diagnostische Leitlinien. Bern: Huber.
- Hewener, V. (2004). Geschlechtsspezifische Unterschiede im Umgang mit der Zeit. Online verfügbar (11.10.2011).
- Hochschild, A.R. (1979). Emotion work, feeling rules, and social structure. The American Journal of Sociology, 85(3), 551–575.
- Hochschild, A.R. (1990). Das gekaufte Herz: Zur Kommerzialisierung der Gefühle. Theorie und Gesellschaft (13., durchges. Aufl.). Frankfurt, New York: Campus Verlag.
- Homburg, C. & Bucerius, M. (2006). Kundenzufriedenheit als Managementherausforderung. In C. Homburg (Hrsg.), Kundenzufriedenheit. Konzepte – Methoden – Erfahrungen (S. 53–89). Wiesbaden: Gabler.
- Jaggi, F. (2008). Burnout – praxisnah. Stuttgart: Georg Thieme Verlag.
- Korczak, D., Kister, C. & Huber, B. (2010). Differentialdiagnostik des Burnout-Syndroms. Online verfügbar (11.10.2011).
- Middleton, D.R. (1989). Emotional style: The cultural ordering of emotions. Ethos, 17(2), 187–201.
- Morris, J.A. & Feldman, D.C. (1996). The dimensions, antecedents, and consequences of emotional labor. The Academy of Management Review, 21(4), 986–1.010.
- Schmitz, M. & Kohn, J. (2009). Führungspraxis in Unternehmen in Deutschland. Ergebnisse einer Online-Befragung. (11.10.2011).
- Schwabl, T. (2010, Juli). Umfrage: Burn-out“ – Wie ausgebrannt ist Österreich? (11.10.2011).
- Zapf, D., Isic, A., Fischbach, A. & Dormann, C. (2003). Emotionsarbeit in Dienstleistungsberufen. Das Konzept und seine Implikationen für die Personal- und Organisationsentwicklung. In K.-C. Hamborg & H. Holling (Hrsg.), Innovative Personal- und Organisationsentwicklung (S. 266–288). Göttingen, Bern, Toronto, Seattle: Hogrefe.