Trauma Body als Begriff taucht häufiger in Zusammenhang mit dem Erleben von traumatischen, stark negativen Ereignissen auf. Dahinter steht die Theorie, dass sich unverarbeitete Trauma auf körperlicher Ebene manifestieren.
Trauma Body: Was ist ein Trauma?
Ein Trauma Body, also die somatischen Auswirkungen von traumatischen Ereignissen, können sich in vielerlei Hinsicht zeigen. Dazu muss man zunächst erst einmal verstehen, was ein Trauma auf psychischer Ebene bei einem Menschen bewirkt.
Traumatische Ereignisse sind psychisch belastende Ereignisse, die bedrohlich sind und einen Menschen emotional überfordern, denen gegenüber er sich hilflos und ausgeliefert fühlt. Sozusagen gibt es für ihn gefühlt kein Entkommen aus dieser Situation.
Schocktrauma und Entwicklungstrauma
Ein Schocktrauma ist ein einzelnes überwältigendes Ereignis, bei dem intensive Furcht und Ausweglosigkeit gespürt wurde. Dazu zählen beispielsweise ein Raubüberfall, eine Naturkatastrophe oder Vergewaltigung. Ein Entwicklungstrauma bezieht sich auf chronische Traumatisierungen also eine Reihe einzelner Ereignisse, die beispielsweise in der Kindheit stattgefunden haben.
Selbst wenn das Gehirn bestimmte traumatische Ereignisse nicht mehr bewusst erinnert und beispielsweise dissoziiert, so kann es doch Flashbacks und Albträume in Bezug auf die traumatischen Ereignisse geben. In Zusammenhang mit Traumatisierungen kann es z. B. zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung, komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung, Belastungsreaktionen, Angst- und Panikstörungen, Dissoziativen Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Depressionen oder Somatoformen Störungen kommen.
Unverarbeitete Traumata
Allgemein können viele negative Erfahrungen von unserem Gehirn verarbeitet werden. Sind sie jedoch lebensbedrohlich oder ausweglos und überwältigend, kann die Verarbeitung blockiert sein. Gerade bei menschengemachten Traumatisierungen ist das häufiger der Fall, aber auch bei traumatischen Ereignissen wie Naturkatastrophen.
Auch wenn sich die traumatischen Erfahrungen kumulieren oder es schon im Vorhinein belastende Erfahrungen gab, ist die Traumaverarbeitung erschwert. Problematisch wird es zudem, wenn in Zusammenhang mit dem Trauma Schuld- und Schamgefühle seitens des Täters/der Täterin suggeriert werden oder diese seit der Kindheit durch das Verhalten der Bezugspersonen in einem bestehen. Gefühle von Minderwert und der Glaube, fehlerhaft oder nicht genügend zu sein, kommen sicherlich noch erschwerend hinzu.
Menschengemachte Trauma beziehen sich dabei nicht zwangsläufig auf körperliche oder sexualisierte Gewalt. Auch emotionale Gewalt und Vernachlässigung können traumatisierend sein.
Auswirkungen in einem Trauma Body
Ein Trauma Body kann mit verschiedenen somatischen Veränderungen in Zusammenhang stehen. Zum einen kommt es zu einer veränderten Reizverarbeitung. Normalerweise neutrale Reize werden aufgrund der überwältigenden negativen Erfahrung als bedrohlich eingestuft, wenn sie mit dem Trauma assoziiert sind.
Trauma: Veränderungen im Gehirn
Wie ein Trauma das Gehirn verändern kann, erklärt der Professor für Psychiatrie und Psychotherapie Michael Franz anschaulich in diesem Video:
In Anlehnung daran gehen wir nun darauf ein, was ein Trauma im Gehirn bewirkt und wie es zu einem Trauma Body kommen kann.
Kontext und Emotionen im Gedächtnis
Bei der Verarbeitung von Reizen unterscheidet man zum einen »kalte« Gedächtnisinhalte, welche Informationen wie Ort und Zeit speichern und das Erlebte in einen Kontext bringen. Der Hippocampus ist unter anderem dafür verantwortlich. Er hilft dabei zu unterscheiden, ob eine Information eine neue, aktuelle Information ist oder der Vergangenheit angehört. Die Abspeicherung von Gedächtnisinhalten im Kontextgedächtnis kann jedoch durch Drogen- und Alkoholkonsum oder durch andere Zentren im Gehirn gestört werden.
Mit »heißen« Gedächtnisinhalten, also mit sensorischen und perzeptuellen Eindrücken, beschäftigt sich die Amygdala. Sie ist an der Abspeicherung emotional besetzter Erinnerungen beteiligt und ist für die Bildung und Speicherung von Emotionen, insbesondere von Angst zuständig. Unter ihrer Mitwirkung kommt es zu körperlichen Angstreaktionen wie zum Beispiel Schwitzen, Herzrasen, Zittern, einer hormonellen Stressantwort des Hypothalamus. Ist die Amygdala stark aktiviert, kann es zu einer Hemmung anderer Zentren im Gehirn kommen wie zum Beispiel dem Hippocampus.
Sinnvoll ist eine solche Hemmung zum Beispiel deshalb, um schnell reagieren zu können. Sehen wir beispielsweise eine Schlange im Wald, wird unser erster Impuls Weglaufen sein. Damit diese schnelle Reaktionsweise in einer potenziell gefährlichen Situation zustandekommen kann und nicht erst zum Beispiel über den Kortex und andere Areale eingeordnet werden muss, ist die schnelle emotionale Informationsverarbeitung sinnvoll, da sie eine rasche Verhaltensantwort hervorruft.
Trauma: Abspeicherung ohne Kontext
Wie Professor Michael Franz weiter ausführt, kommt es in Zusammenhang mit einem traumatischen Ereignis dazu, dass die heißen Gedächtnisinhalte wie Emotionen und Wahrnehmungen ohne Kontext gespeichert werden. Das passiert, weil der Hippocampus aufgrund der starken Aktivierung der Amygdala (Angst!) gehemmt ist.
Tauchen nun nach einem traumatischen Ereignis zukünftig Trigger auf, wie beispielsweise der Geruch eines Menschen nach Alkohol, wird das gesamte Traumanetzwerk im Gehirn aktiv. »Gefahr«, »Angst«, »Ausgeliefert sein«, »Ekel«, »Schuldgefühle«, »Scham«, alle Nervenzellen, Assoziationen etc., die in Verbindung mit dem traumatischen Erleben stehen, werden nun in Zusammenhang damit aktiviert. Da die Kontextabspeicherung fehlt, ist es mit einem Mal vollständig aktiviert und es ist, als würde man die traumatische Erfahrung erneut durchleben.
Physiologische Reaktionen wie Schwitzen, Herzrasen etc. treten auf und das, obwohl man sich rein faktisch betrachtet in einer neutralen Situation (wie beispielsweise einer S-Bahn) befindet.
Trigger müssen nicht zwingend Außenreize sein. Es können auch Gedanken, Glaubenssätze oder körperliche Empfindungen sein, die ein Traumanetzwerk im Gehirn aktivieren können.
Mehrere ähnliche Traumata verbunden
Geschehen nun wie bei einem Entwicklungstrauma mehrere ähnliche traumatische Ereignisse hintereinander, verbinden sich die Traumanetzwerke auch untereinander. Es kommt zu immer mehr potenziellen Triggern, durch die die Traumanetzwerke aktiviert werden können.
Veränderungen der Hirnareale
In einem Beitrag für die Tagesschau erklärt der Psychiater Udo Dannlowski von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Uniklinikum Münster, dass der Hippocampus besonders viele Rezeptoren für das Stresshormon Cortisol besitzt und wenn Kinder dauerhaft Stress empfinden, kann sich das negativ auf dieses Hirnareal auswirken.
Der Hippocampus ist dann möglicherweise in seinem Volumen verringert. Auch kann es durch wiederholte traumatische Erfahrungen zu einer Hyperresponsivität, also einer erhöhten Reaktivität, der Amygdala kommen.
Nervensystem im Überlebensmodus
In Zusammenhang mit Traumatisierungen spricht man von einer Übererregung des Nervensystems, weil dieses sich dadurch häufiger als üblich in einem Alarmzustand befindet. Es kommt zu einer erhöhten Reizbarkeit und Wachsamkeit. Viele Betroffene sind schneller durch Stressreize alarmiert, haben stärkere Stressreaktionen und ihre Stressreaktion im Körper klingt nicht so schnell ab.
Solbad ein Trigger wahrgenommen wird, ist das Traumanetzwerk aktiv und bedingt durch die Amygdala entsteht eine starke Angstreaktion.
(Anmerkung: Statt einem Hyperarousal beim Nervensystem, also einer Übererregung, kann es aber auch zu einem verflachten Affekt und depressiven Symptomen oder gänzlichen Abspaltungen wie bei Dissoziationen kommen.)
Traumatherapie integriert Trauma
Das traumatische Erleben muss vom Gehirn in die Vergangenheit integriert werden, indem eine Hippocampusverknüpfung vorgenommen wird. Das passiert zum Beispiel im Rahmen einer Traumatherapie. Durch eine professionelle therapeutische Intervention kann das traumatische Erleben zu einer negativen Erinnerung werden. Bei Auftauchen eines sensorischen Triggers wird dann der Reiz einer Erinnerung zugeordnet und auch als solche verarbeitet. Innerhalb von Millisekunden hemmt der mediale präfrontale Kortex die Angstreaktion in der Amygdala. Eine traurige, eher schwache Reaktion auf die Erinnerung ist die Folge und keine angstvolle Reaktion im emotionalen Überlebensmodus.
Gehirn und Nervensystem in einem Trauma Body erfahren sozusagen durch die Therapie, dass die traumatischen Ereignisse vorbei sind und man sich im Hier und Jetzt in Sicherheit befindet. Außerdem werden im Rahmen psychotherapeutischer Verfahren auch die psychischen Folgen der traumatischen Erfahrungen besprochen. Es wird beispielsweise an negativen Glaubenssätzen, einem verminderten Selbstbewusstsein, den Schuld- und Schamgefühlen oder dem erhöhten Angstlevel, den katastrophisierenden Gedanken und der traumabedingten Einschätzung der Welt als einen gefährlichen Ort gearbeitet. Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen den psychotherapeutischen Personen und dem Klienten/der Klientin sowie das Erlernen von Stabilisierungstechniken helfen dabei.
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