Die Bindung zwischen Eltern und Kind zu stärken, ist essenziell für eine gute Eltern-Kind-Beziehung und die seelische Entwicklung des Kindes. Mit dem Vertrauen und der Liebe der Eltern als Rückhalt kann ein Kind seinen Weg in das Leben antreten. Es fühlt sich angenommen und wird die Welt sukzessive ohne Unsicherheit und Ängste entdecken. Was können Eltern tun, um die Bindung zum Kind zu stärken?
Bindung stärken: Ursprung von Eltern-Kind-Beziehung
Die Bindungsbeziehung entwickelt sich von frühester Kindheit an. Ist das Baby auf der Welt, braucht es Personen, die fürsorglich und verlässlich auf seine Bedürfnisse eingehen. Bereits während der Schwangerschaft hat das Kind die Stimme von Mutter und Vater gehört. Es kennt zudem den Herzschlag der Mutter, ihre Atmung, ihren Geruch und ist folglich stark auf sie orientiert.
Je jünger ein Kind ist, desto wichtiger ist es, seine Grundbedürfnisse nach Nahrung, Nähe und Schlaf unmittelbar zu erfüllen. Babys wissen nicht, dass sie nachts in einem dunklen Raum in der Wohnung dennoch sicher sind. Sie besitzen kein Verständnis dafür und auch noch keine Objektpermanenz. Das bedeutet, ihnen ist nicht bewusst, dass die Mutter trotz allem da ist, obwohl sie sie nicht sehen. Umso bedeutsamer sind viel Nähe und ein zuverlässiges Erfüllen der Bedürfnisse des Babys. So entsteht bei ihm das Urvertrauen.
Urvertrauen: Ein Gefühl von angenommen sein
Der Begriff Urvertrauen geht auf den Kinderpsychologen und Schüler Freuds, Erik H. Erikson, zurück. Der Erwerb des Urvertrauens beeinflusst, wie selbstverständlich sich ein Mensch von anderen angenommen fühlt und sich demzufolge auch selbst annehmen kann. Aus dem Urvertrauen erwächst das Selbstvertrauen. So lautet ein allgemeiner Grundsatz in der Psychologie. Menschen, die dieses Urvertrauen in der Kindheit durch eine sichere Eltern-Kind-Bindung erfahren, gehen in der Regel selbstbewusster durch das Leben. Sie haben die Fähigkeit, stabile Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen und fühlen sich weniger abgelehnt.
Sichere Bindung zum Kind aufbauen: Tipps
Die Komponenten zum Stärken der Bindung zum Kind sind einerseits eine Struktur, die Sicherheit schenkt, außerdem bedingungslose Liebe und ein authentischer und gleichwürdiger Umgang mit ihm.
Struktur schenkt Sicherheit
Jedes Kind braucht Sicherheit. Eine beständige Alltagsstruktur und tägliche Rituale helfen dem Kind, sich im Alltag zu orientieren. Der Tagesablauf wird dadurch für ein Kind vorhersehbar. Es weiß, welche Dinge als Nächstes anstehen, kann sich an den einzelnen Aufgaben, wie beispielsweise den Frühstückstisch decken oder das Geschirr abräumen, beteiligen und so weiteres Selbstbewusstsein erlangen.
Am Abend helfen verlässliche Rituale wie das Einkuscheln und Vorlesen, die Aufregungen des Tages hinter sich zu lassen und Ruhe zu finden. Mit Kindergeschichten zum Vorlesen wird die für Kinder oft noch unerklärliche Welt im Rahmen eines Buches verstehbar gemacht. Welche Fahrzeuge sind in der Stadt unterwegs? Was für Tiere gibt es auf dem Land? Wie läuft ein Tag im Kindergarten ab?
In der sicheren Nähe zu den Eltern erfahren die Kinder mehr über das Leben. Studien der amerikanischen Psychologieprofessorin Anne Fernald von der Stanford University deuten darauf hin, dass viel Sprechen mit dem Kind einen positiven Einfluss auf seine kognitiven Fähigkeiten hat. Die abendlichen Vorlesezeiten leisten einen Beitrag dafür.
Authentizität für einen gleichwürdigen Umgang
Der dänische Familientherapeut Jesper Juul hat die Bezeichnung einer gleichwürdigen Eltern-Kind-Beziehung geprägt. Mit Gleichwürdigkeit ist gemeint, dass alle Menschen den gleichen Wert besitzen, auch unabhängig von ihrem Alter.
Dazu gehört, dass ein Kind mit seinen Bedürfnissen, Gefühlen und Ansichten ernst genommen wird. Natürlich können und sollten Eltern ihrem Kind nicht alle Wünsche erfüllen, aber sie sollten dennoch respektiert und nicht abgewertet werden. Auch sind die Grenzen des Kindes zu wahren. Ein übergriffiges Verhalten seitens der Eltern und die Nichtakzeptanz der kindlichen Integrität haben negative Folgen für die Psyche des Kindes. Wenn ein Kind dagegen erfährt, dass seine eigenen Grenzen geachtet werden, wird es auch die Grenzen seiner Mitmenschen ganz selbstverständlich respektieren.
Eltern müssen nicht perfekt sein. Es genügt, wenn sie authentisch und zugewandt sind, um die Bindung zum Kind zu stärken. Ist die elterliche Stimmung niedergeschlagen oder sind sie im Stress, können sie es genau so dem Kind kommunizieren und einen späteren Zeitpunkt für eine Spielzeit verabreden. Haben sie sich fehl verhalten, sollten sie sich bei ihrem Kind entschuldigen und sich darum bemühen, das Verhalten zukünftig zu ändern.
Ein respektvoller Umgang mit dem Kind auf Augenhöhe – ohne Abwertungen, Schimpftiraden, Bloßstellungen oder Ignoranz – ist ein Grundpfeiler, um die Bindung zum Kind zu stärken.
Bedingungslose Liebe und Zutrauen
Eine sichere Eltern-Kind-Bindung ist eine, welche auf einer Liebe basiert, die nicht an Bedingungen geknüpft ist. Wird ein Kind mit Liebesentzug abgestraft, weil es sich in den Augen der erwachsenen Bezugspersonen nicht korrekt verhält, wird die Bindung von weniger Vertrauen gekennzeichnet sein. Ein Kind muss sich auf die Liebe der Eltern verlassen können. Besser ist es, dem Nachwuchs ruhig zu erklären, warum ein bestimmtes Verhalten nicht in Ordnung ist. Dadurch hat das Kind die Chance, sein Benehmen zu reflektieren und es zukünftig anders zu machen.
Eltern sollten eigenes Verhalten hinterfragen
Die Bindung zum Kind zu stärken, ist für die Eltern gar nicht so schwer. Wichtig ist es, das eigene Verhalten sowie die individuellen Prägungen aus der Kindheit zu hinterfragen und sich selbst zu reflektieren. Was können die Eltern im Vergleich zu ihren Eltern anders machen, damit die eigenen Kinder nicht die Gefühle erleben müssen, welche die Eltern selbst in der Kindheit gespürt haben? Wenn Eltern den Werten von Authentizität, bedingungsloser Liebe und Gleichwürdigkeit folgen und zudem ihrem Kind eine eigene Entwicklung mit Schwächen und gemachten Fehlern zugestehen, ohne diese negativ zu werten, ist ein stabiles Fundament gegeben, um die Bindung zum Kind zu stärken. Ein Kind liebt seine Eltern von Natur aus. Und es liegt in der Verantwortung der Eltern, diese Liebe nicht zu missbrauchen, sondern mit ihr achtsam und respektvoll umzugehen.