Liebeskummer bewältigen ist oft gar nicht so leicht. Viele übersehen, dass eine Trennung durchaus eine traumatische Erfahrung sein kann. Die Betroffenen fühlen einen Kontrollverlust in einer für sie emotional bedrohlichen Situation, der sie hilflos ausgeliefert sind. Welche Ansatzpunkte hast du, um deinen Liebeskummer besser bewältigen zu können?
Liebeskummer bewältigen: Mögliche Vorgehensweisen
Vielleicht bist du nach einer langen Partnerschaft, in der ihr eure Zukunft gemeinsam geplant habt, plötzlich verlassen worden. Möglicherweise bist du aber auch mal wieder an eine Person geraten, die emotional bindungsunfähig ist und Nähe-Distanz-Spielchen mit dir veranstaltet hat. Liebeskummer schmerzt. Und dabei ist es völlig egal, wie lange ihr zusammen gewesen seid oder ob es eine »richtige« Beziehung war. Verschiedene Punkte helfen dir dabei, etwas Balsam auf die Wunde zu geben. Auch wenn du gerade das Gefühl hast, der Verlustschmerz würde niemals enden, mit etwas Geduld und einem adäquaten Umgang mit deinen Gefühlen hast du beste Chancen, aus dem emotionalen Tal herauszukommen.
1. Nimm deine Gefühle an
Jede deiner Emotionen darf da sein. Verbiete sie dir nicht. Du darfst weinen, wütend sein, vielleicht auch schambehaftet oder dich wegen etwas schuldig fühlen. Erst wenn du die Gefühle für dich akzeptierst und annimmst, können sie vorbeigehen. Würdest du demgegenüber immer wieder versuchen, die Emotionen zu unterdrücken, so kostet es Energie und du bleibst ständig mit den Gefühlen befasst. Nimmst du sie dagegen an, müssen sie nicht mehr an die Oberfläche drängen, sondern du kannst sie loslassen.
2. Die Verantwortung zurückgeben
Das Schlimmste für viele Menschen mit starkem Liebeskummer ist es, keine Handhabe mehr zu haben und sich ohnmächtig zu fühlen. Gleichfalls empfinden es viele als schlimm, sie könnten an dem Bruch der Beziehung oder daran, dass die andere Person einen nicht möchte, irgendwie Schuld sein. Viele neigen dazu, sich übermäßig verantwortlich zu fühlen und nehmen die Schuld zu sich. Sie glauben, wenn eine andere Person sie nicht möchte, würde es an ihnen liegen und sie hätten irgendetwas anders machen können. Doch in einem Großteil der Fälle ist diese Annahme unbegründet.
- Merke: Eine Person, die bindungsunfähig oder -unwillig ist, wird es auch weiterhin sein. Oft führen diese Menschen entweder überhaupt keine Beziehung oder eine dysfunktionale On-Off-Beziehung oder sie werten ihr Gegenüber in einer Partnerschaft auf andere Art direkt oder indirekt ab. Sieht eine solche Person dich nicht für eine Beziehung vor, kannst du dich beglückwünschen. Offenbar bist du nach ihrer Ansicht zu stark oder zu schwer steuerbar/manipulierbar.
- Prüfe genau, welche Anteile, die zu einem Bruch geführt haben, bei deinem Gegenüber und bei dir liegen. Woran trägst du WIRKLICH die Schuld und was wird dir nur eingeflüstert? Belasse die Verantwortung für das Verhalten der anderen Person bei ihr. Lasse ihre Last nicht zu deiner werden.
3. Ergründe deinen Kummer
Liebeskummer bezieht sich auf den Verlust einer Person. Manchmal ist es ein realer Verlust, manchmal aber auch der Verlust einer Vorstellung, die man von der anderen Person hatte. Wenn du ergründest, warum du so stark leidest, und dich dabei ehrlich mit dir auseinandersetzt, kannst du deinen Liebeskummer zumindest in Teilen abschwächen.
- Was ist besonders schmerzlich an dem Verlust der anderen Person für dich? Hast du eine gemeinsame Zuflucht verloren oder eine gemeinsame Zukunftsvorstellung? Vielleicht hast du dich durch sie aber auch weniger leer und verloren gefühlt? Ist eine Hoffnung auf Zweisamkeit dadurch gegangen und nun schlägt die Angst vor dem Alleinsein wieder zu? Mit welchen Alternativen könntest du diese Gefühle angehen, um den Verlust zu dämpfen? Was sind deine Ziele? Wie kannst du dir Sicherheit ohne eine andere Person geben? Wie könntest du weniger allein sein?
- Ebenso kann Liebeskummer durch eine innewohnende Angst vor Ablehnung verstärkt werden. Eventuell hast du dich schon früher oft zurückgewiesen gefühlt und nun reißen die alten Wunden wieder auf. In dem Fall mache dir bewusst, dass der jetzige Schmerz gar nicht so sehr mit der anderen Person zu tun hat, sondern mit alten Prägungen, die du für dich aufarbeiten kannst. Wie lauten deine Glaubenssätze? Warum fühlst du dich oft abgelehnt? Vergegenwärtige dir, dass das Gefühl von Ablehnung oder weniger wert zu sein eher mit deinen Bezugspersonen in der Kindheit zu tun hatte als mit dir. Wenn ein anderer Mensch dir früher als Kind ein solches Gefühl gegeben hat, spiegelt das eher seine eigene Gefühlslage und Unzufriedenheit wider als die damalige tatsächliche Situation mit dir.
- Falls du häufiger an bindungsunwillige Personen gerätst, schaue, ob du nicht vielleicht schon früher bestimmte Red Flags erkennen kannst. So lässt du dich erst gar nicht auf diese Menschen ein und bleibst lieber allein. Schaue zudem, welche deiner Prägungen dazu führen, dass du immer wieder Interesse an solchen Personen hegst. Eventuell bist du es gewohnt, um Liebe und Aufmerksamkeit kämpfen zu müssen. Womöglich musstest du schon in der Kindheit immer deine Bedürfnisse zurückstellen, da du andernfalls Liebesentzug fürchten musstest. Außerdem bist du es möglicherweise gewöhnt, in einer anderen Person übermäßig stark aufzugehen, weil du nie gelernt hast, dich auf deine eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu besinnen.
Indem du an die Ursachen gehst, bleibst du gedanklich mehr mit dir beschäftigt. Die Stärke deines Liebeskummers steht nicht mehr für die Wertigkeit der anderen Person oder die verlorengegangene Bindung. Vielmehr begibst du dich auf eine Spurensuche in dir selbst, warum du mit dem Verlust so schwer umgehen kannst.
4. Fühle dich in dir zu Hause
Um deinen Liebeskummer bewältigen zu können, gilt es parallel dazu, dir ein Leben zu schaffen, indem du dich zu Hause fühlst. Etabliere neue Gewohnheiten. Lerne, was dir Spaß macht und dir Frieden schenkt.
- Schaffe dir eigene Inseln der Zuflucht durch Sport, Yoga, Spazierengehen etc.
- Suche dir neue Kontakte und festige die Kontakte im Freundeskreis.
- Hole dir mit einer Tagesstruktur, Ordnung und eigenen Zielen die Kontrolle über dein Leben zurück.
- Manchmal kann man den Liebeskummer besonders schwer bewältigen, wenn die andere Person als Zuflucht und die Partnerschaft als Flucht aus dem eigenen Leben fungierte. Man braucht den anderen Menschen, um etwas zu kompensieren, und lässt sich dadurch mehr gefallen. Wenn du es aus deiner Kindheit gewohnt bist, immer gedanklich um andere Personen kreisen zu müssen, um ihre Bedürfnisse und Stimmungen, damit du die Bindung zu ihnen nicht verlierst, und mit diesem unbewussten Muster in deinem späteren Leben fortfährst, musst du nun erst einmal dein eigenes Leben ausrichten und gestalten. Du hast dich selbst aus den Augen verloren. Nun musst du dich selbst erst einmal neu entdecken.
- Gibt es eventuell Baustellen in deinem Leben, also Problemlagen, vor denen du versuchst durch eine Partnerschaft zu flüchten? Gehst du diese an, wirst du dich automatisch wohler und selbstsicherer in deinem Leben fühlen.
5. Liebeskummer bewältigen: Richte dich neu aus
Da draußen rennen viele bindungsunfähige beziehungsweise -unwillige und selbstbezogene Personen herum. Die Suche nach einer Person, die sich für eine glückliche Partnerschaft auf Augenhöhe eignet, gleicht einer Nadel im Heuhaufen. Entscheide für dich, wie viel Energie du zukünftig darauf verschwenden magst. Eventuell hilft es dir, deine Werte neu auszurichten.
- Die neue Frage lautet nicht: Was muss ich tun, um einen Partner oder eine Partnerin zu finden? Sie lautet vielmehr: Was muss ich tun, um mich in meinem Leben glücklich zu fühlen? Wie kann ich mich stärken und in meinem Leben wohlfühlen, damit ich meine Bedürfnisse nicht vernachlässige und meinen Selbstwert und mein Wohlgefühl nicht zugunsten einer destruktiven Beziehung hintanstelle?
- In einer gesunden und sicheren Partnerschaft wäre die Selbstentwicklung kein Problem. Unterstützt durch einen Partner oder eine Partnerin könntest du dich selbst verwirklichen. Wie ein Kind, das die Sicherheit der Mutter spürt, könntest du frei explorieren und dich ausprobieren. Bei Rückschlägen hättest du die Mutter als sicheres Auffangnetz. In ähnlicher Art würde eine gesunde Beziehung funktionieren. Gerätst du hingegen jedoch immer wieder an dysfunktionale Partnerschaften mit selbstbezogenen, bindungsunfähigen Personen, wirst du in einer unsicheren Bindung gehalten. Dann bist du mehr damit beschäftigt, die Bindung zu sichern und kümmerst dich unter Umständen weniger um dich. Deshalb könnte dein neues Ziel lauten: Lieber keine Partnerschaft als irgendeine.
- Je mehr du weißt, was du nicht mehr willst, desto eher wirst DU diejenige Person sein, die Menschen mit destruktiven Verhaltensweisen nicht mehr in ihrem Leben möchte. Durch eine Neuausrichtung deiner Werte und der Verbannung von toxischen Verhaltensweisen anderer Menschen aus deinem Leben, fallen dir vielleicht zunehmend die Personen in der zweiten Reihe auf, die eher zurückhaltend sind, mit denen sich aber eine gute Partnerschaft führen lässt.
Deine neue Komfortzone ist eine, in der du dich unbedingt wohlfühlst, unabhängig von einem anderen Menschen. Du kannst auch alleine leben. Obwohl du vielleicht auch ein Bedürfnis nach einer Partnerschaft hast, stellst du den Wunsch nach einer Beziehung nicht über die Akzeptanz einer schlechten Behandlung in dieser. Deinen Liebeskummer bewältigen wirst du am besten, indem du dich klar für dich positionierst, deine Werte neu ausrichtest und dich auf dein eigenes Leben konzentrierst. Irgendwann läuft dir dann eventuell, als zusätzlicher Bonus zu deinem eigenen zufriedenen Leben, die passende Person über den Weg, mit der sich eine Beziehung auf Augenhöhe führen lässt.