„Ich schaffs einfach nicht mehr!“ Dies ist das verzweifelte Grundgefühl der derzeit populärsten Variante der Depression, dem sogenannten Burnout. Psychische Erkrankungen galten (zu) lange Zeit als eine Art Makel von Menschen, die sich nicht zusammenreißen konnten, wie man fälschlich meinte.
Doch die Liste jener aus dem Rampenlicht, die sich zu ihrem Burnout bekennen, ist lang. Nicht nur Showstars, auch fitte junge Leistungssportler trifft es, Menschen die Sonderleistungen vollbrachten: Man denke an den einstigen Gewinner der Vierschanzentournee, den Skispringer Sven Hannawald, an den Spitzenfußballer Sebastian Deisler oder den tragischen Tod des ehemaligen Fußballnationaltorhüters Robert Enke.
Die Dunkelziffer ist nicht nur hoch, sondern geradezu gewaltig. Es sind zu großen Teilen Menschen, die sehr viel leisten wollen, sich zu sehr zusammenreißen und irgendwann in einem Strudel des immer mehr und immer noch funktionieren Wollens stecken, der sie mitreißt, dem sie am Ende nichts mehr entgegenzusetzen haben.
Es sind keine Menschen, die sich hängen lassen, die depressiv oder „ausgebrannt“ sind, es trifft Menschen quer durch alle Schichten des Alters und sozialen Stellung.
Verbreitung
Depressionen sind die weltweit häufigsten psychischen Erkrankungen, doch nicht nur das, sie drohen nach Aussagen der russischen Gesundheitsministerin, Tatjana Golikowa, bereits 2020 zur weltweiten Krankheit Nummer 1 zu werden, wohlgemerkt, alle vorwiegend körperlichen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Malaria mitgerechnet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht Depressionen 2020 noch auf dem zweiten Platz, doch der traurige Trend nach oben ist eindeutig. Bereits heute sterben nach Angaben der Organisation jährlich 850.000 Menschen an den Folgen der Krankheit.
Grund genug über das Thema zu reden, denn neben dem wirtschaftlichen Schaden, der ja heute als Argument nicht fehlen darf, sind Depressionen in erster Linie eine persönliche Tragödie, die ganze Familien mit in den düsteren Strudel reißt.
Burnout oder Depression?
Die Übergänge zwischen beiden Krankheitsbildern sind fließend und noch immer ist umstritten, ob der Burnout überhaupt ein eigenes Krankheitsbild ist. Man kann den Eindruck haben, einen Burnout zu haben, sei die gesellschaftlich akzeptierte Variante der Depression und ganz falsch ist dieser Eindruck sicher nicht. Andere sehen im Burnout eine Vorstufe zur Depression.
Die Erscheinungsformen der Depression
Depressionen sind in ihrem Bild ein wenig chamäleonhaft, doch in all den verschiedenen Ausprägungen, die die Depression annehmen kann, gibt es einige Konstanten, die man nahezu immer wieder findet. Die Klassiker sind oft durch einen Mangel an Aktivitäten der Lebensfreude gekennzeichnet. Den Betroffenen macht wirklich nichts mehr richtig Spaß und so sinkt häufig der Appetit auf Essen und sexuelle Betätigung.
Es kann auch zu Überaktivitäten auf den genannten Gebieten kommen, doch häufiger ist der Antriebsverlust. Der Schlaf ist gestört. Man kann abends nicht einschlafen, nicht durchschlafen und wacht morgens zu früh auf. Manchmal findet man auch ein erhöhtes Bedürfnis im Bett liegen zu bleiben und kann einfach nichts mehr tun. In den dramatischsten Fällen verhungern Menschen bei lebendigem Leibe, weil sie nicht mehr in der Lage sind, etwas zu essen.
Das Gefühl des Versagens, verbunden mit dem der Schuld und der Sinnlosigkeit quält die Betroffenen, was im schlimmsten Fall mit Suizidalität einhergeht. Soziale Aktivitäten im Familien- und Freundeskreis werden meistens zugunsten der Arbeit eingeschränkt oder wie eine zusätzliche Last empfunden – vor allem bei Männern, zunehmend aber auch bei Frauen – auch hier gelegentlich verbunden mit Schuldgefühlen.
Doch nicht nur direkt, auch indirekt meldet sich die notleidende Psyche.
Schnelle Erschöpfung, das neue Volksleiden der Rückenschmerzen, Herzrasen, Atemnot, Magenschmerzen, Tinnitus oder Fibromyalgie (Weichteilrheuma) und andere körperliche Symptome können in Richtung Depression weisen. Vor allem dann, wenn der somatische Befund unauffällig ist, liegt der Verdacht nahe, dass das Leiden psychosomatischer Natur ist, die Psyche also über den Umweg des Körpers zeigt, dass sie aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Quellen:
- Andreas Marneros, Handbuch der unipolaren und bipolaren Erkrankungen, Thieme Verlag 2004
- RIA Novosti vom 27.9.2011