In der Vorweihnachtszeit sind die Supermärkte reichlich mit weihnachtlichen Leckereien gefüllt: Schokolade und anderes Naschwerk wohin das Auge blickt. Doch zu viel Zucker macht nicht nur dick. Ein erhöhter Konsum an Süßigkeiten hat offenbar auch Auswirkungen auf Gehirn und Psyche.
Abhängigkeit durch Zucker
Zucker macht offenbar abhängig. Dies scheint gemäß dem Review von Avena et al. (2008) aufgrund verschiedener tierexperimenteller Studien naheliegend. So sind zum einen in Zusammenhang mit natürlichen Belohnungen dieselben Gehirnareale aktiviert wie bei abhängig machenden Drogen. Zum anderen veranlasst Zucker im Körper die Ausschüttung von Opioiden und Dopaminen, welchen abhängig machendes Potential nachgesagt wird. Schlussendlich scheint sich in Tierexperimenten anzudeuten, dass Ratten gezielt zuckerabhängig gemacht werden können.
Ratten zeigen Suchtverhalten durch Zucker
Die Forschergruppe um Professor Hoebel von der Princeton Universität untersuchte die Abhängigkeit durch Zucker bei Laborratten über mehrere Jahre. Die Studie konnte zeigen, dass die Ratten verschiedene Anzeichen von Zuckerabhängigkeit und Suchtverhalten entwickeln. So waren bei ihnen ein steigender Zuckerkonsum sowie Entzugserscheinungen zu beobachten. Des Weiteren zeigten sie verstärktes Verlangen nach Zucker und Rückfälle ähnlich wie bei einer klassischen Sucht.
Nachdem den zuckerkonsumierenden Ratten für eine gewisse Zeit der Zucker entzogen wurde, zeigten sie eine erhöhte Motivation und Anstrengung, um diesen wiederzubekommen. Darüber hinaus fraßen sie nach der Entzugsperiode mehr Zucker als jemals zuvor. Dies scheint gemäß dem Forscherteam um Hoebel ein Hinweis auf starkes Suchtverlangen und Rückfallverhalten zu sein.
Auch scheint der Konsum von Zucker die Gehirnfunktionen der Ratten insofern zu verändern, dass Türen zu weiterem destruktiven Verhalten geöffnet werden. So tranken die Ratten mehr Alkohol als „normal“ während der Zeit der ausbleibenden Zuckerlieferung.
Auswirkungen von Zucker beim Menschen
Die Ergebnisse der Princeton-Studie liefern einige wichtige Hinweise für gestörtes Essverhalten beim Menschen. Übergewicht, Adipositas und Binge-Eating-Episoden mit deutlich enthemmten Essverhalten, ja regelrechten heißhungerartigen „Essattacken“, könnten unter anderem durch eine Abhängigkeit von Zucker erklärt werden. Durch die Erkenntnisse der Studie könnten neue Ansatzpunkte für bisherige Präventions- und Therapieprogramme entstehen.
Ist die Gesellschaft in der Verantwortung?
Hier stellt sich nun die ethische Frage nach der Verantwortung der Gesellschaft in Bezug auf den Umgang mit Zucker.
Mehr Aufklärung über mögliche Gefahren der Zuckerabhängigkeit
Zucker und zuckerhaltige Lebensmittel sind gesellschaftlich akzeptiert, gerade auch für Kinder. Niemand würde panisch einem Kind den Schokoriegel aus der Hand reißen, aus Angst dieser könnte abhängig machen.
Die gesellschaftliche Akzeptanz durch eine verstärkte Aufklärung über das mögliche Abhängigkeitspotential von Zucker zu verringern, wäre eine Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Besonders in Kindergärten, Schulen und bei Familien mit Kindern müsste eine stärkere Aufklärung erfolgen. Auch in Zusammenhang mit Programmen zur gesundheitlichen Prävention sowie Therapien bei Übergewicht und Adipositas sollte die mögliche abhängig machende Komponente von Zucker stärker betont werden.
Verfügbarkeit zuckerhaltiger Lebensmittel verringern
Zucker enthaltende Lebensmittel sind allseits verfügbar, leicht zugänglich und niedrig im Preis. Zucker beinhaltet heutzutage fast jedes Lebensmittel. Selbst Brote, Wurstwaren, Senf o.ä., also Produkte in denen der Laie es nicht vermuten würde, enthalten Zucker. Einige Alternativen befinden sich zwar schon auf dem Markt. Dennoch besteht hier noch Handlungsbedarf, denn die Aufklärung der Verbraucher ist diesbezüglich mangelhaft. Zudem überwiegen zuckerhaltige Produkte in den Geschäften und sie sind preislich günstiger.
Preise zuckerhaltiger Lebensmittel erhöhen
Studien deuten darauf hin, dass der Konsum von ungesunden Lebensmitteln ein Stück weit über den Preis reguliert werden kann, wie Epstein et al. (2006) resümieren. Auch bei Kindern und Jugendlichen zeigt die Forschergruppe um Epstein anhand eines laborexperimentellen Settings, dass eine Erhöhung des Kaufpreises von verschiedenen Lebensmitteln – gesunden wie ungesunden – zu einer Verminderung des Kaufes dieser Lebensmittel führt.
Eine staatlich regulierte Besteuerung zuckerhaltiger Lebensmittel und demzufolge eine Erhöhung des Kaufpreises könnte somit Sinn machen, um Zuckerhaltiges zu dem zu machen, was es eigentlich sein sollte: Ein Genussartikel, der aus gesundheitlicher Sicht nur in geringem Maße konsumiert werden darf.
Quellen:
- Avena, N.M., Rada, P. & Hoebel, B.G. (2008). Evidence for sugar addiction: Behavioral and neurochemical effects of intermittent, excessive sugar intake. Neuroscience and Biobehavioral Reviews, 32(1), 20–39.
- Epstein, L. H., Handley, E. A., Dearing, K. K., Cho, D. D., Roemmich, J. N., Paluch, R. A., et al. (2006). Purchases of Food in Youth. Influence of Price and Income. Psychological Science, 17(1), 82-89.
- MacPherson, K. (2008). Sugar can be addictive, Princeton scientist says. Verfügbar unter: http://www.princeton.edu/main/news/archive/S22/88/56G31/index.xml?section=topstories [12.10.2011].