Erleben wir eine einschneidende Veränderung im Leben wie zum Beispiel eine Trennung, haben wir nicht nur die Konsequenzen zu tragen und uns anzupassen, sondern wir haben zusätzlich mit starken Gefühlen umzugehen. »Warum hänge ich so an meinem Ex/meiner Ex?«, fragst du dich vielleicht sogar noch nach Monaten. Weshalb fällt das Loslassen so schwer?

Die Basis, damit Loslassen funktioniert

Schauen wir uns erst einmal den Status quo an, auf dessen Basis das Loslassen erfolgt. Und was wir zunächst einmal tun müssten, damit das Loslassen funktioniert. Andernfalls wirst du dich sehr wahrscheinlich auch zukünftig fragen: »Warum hänge ich so an meinem Ex/meiner Ex?«, weil du den Ausgangspunkt, von dem du loslassen müsstest, gar nicht kennst.

Trennung und Angst: Emotionaler Überlebensmodus

Nehmen wir also den Klassiker: das Ende einer Partnerschaft. Trennt sich dein*e Partner*in von einem Tag auf den anderen, befindest du dich in einem emotionalen Schockzustand. Fassungslosigkeit ergreift dich. Du bist im Freeze-Modus oder wirst von Wut übermannt, trittst die Diskussions-Offensive an oder du wehrst mit einem: »Ist mir doch egal!«, ab und gehst straight davon (nicht ohne jedoch immer wieder zweifelnd zurückzublicken). Andere bevorzugen das Umgarnen, bringen sich in positive Erinnerung, in der Hoffnung, die Partnerschaft nicht zu verlieren. Auch Sexualität mit der/dem Ex dient als häufig genutzter Versuch, etwas zu retten, was man noch nicht als verloren glaubt.

Frau mit Top gekleidet steht in Hof von Lagerhallen

Kämpfen oder sein lassen? Was eine Trennung emotional mit unserer Psyche macht. © Nova under cc

Eine Trennung verursacht emotionalen Stress und wir schalten gefühlt in den Überlebensmodus. Meistens unterschätzen wir, dass auch eine Trennung das Potenzial hat, für uns traumatisch zu sein. Wir tun also gut daran, uns mit den damit zusammenhängenden Gefühlen ernsthaft auseinanderzusetzen, damit wir diese loslassen können.

Gefühle wahrnehmen und einordnen

Es gibt eine große Bandbreite an Gefühlen, die wir häufig gar nicht so genau auseinanderhalten können. Oft fühlen wir uns »einfach nur schlecht/traurig«. Dabei ist es wichtig für einen funktionalen Umgang mit Emotionen, in sich hineinzuhorchen und diese erkennen zu können. Es nützt nichts, wenn wir die emotionale Ebene im Dunkeln lassen, denn dann blenden wir einen Teil unseres Inneren aus. Einen wichtigen Teil. Und was wir nicht wahrnehmen, bleibt im Dunkeln. Ergo können wir es nicht loslassen, weil wir gar nicht wissen, was wir loslassen müssen. Fühlen wir uns beispielsweise zurückgewiesen? Abgelehnt? Minderwertig? Total einsam? Verängstigt? Fühlen wir uns leer, weil wir denken, unser Leben wird zukünftig weniger freudvoll und sinnvoll sein? All das können Facetten von Gefühlen nach einer Trennung sein. Wenn man schon längere Zeit an einer Trennung knabbert, steckt hinter dem Gefühl oft mehr als die eigentliche, verloren gegangene Partnerschaft.

Ursprung der Emotion oft unklar

Hinter dem Bewusstsein: »Warum hänge ich so an meinem Ex/meiner Ex?«, verbirgt sich nicht unbedingt, dass diese Partnerschaft oder diese Person so unvergesslich war. Vielmehr können darin eine breite Palette an Emotionen und Gedankenmustern verstrickt sein, die überhaupt nichts mit der Partnerschaft zu tun haben. Diese Annahme: »Warum hänge ich so an meinem Ex/meiner Ex?«, ist quasi oftmals nur ein Symptom für bestimmte Gedankenstrukturen, die tiefer liegen. Teilweise gehen diese Annahmen bis in die Kindheit zurück. Doch in jene kognitiven Bereiche dringen wir nur selten vor. Weil wir bereits an dem Punkt stoppen, an dem wir denken: Die/Der andere war so wundervoll und deswegen hängen wir so an ihr/ihm.
Glauben wir zum Beispiel, wir hätten uns phasenweise anders verhalten sollen? Schuldgefühle etwa basieren oftmals auf der Kindheit, weil wir uns dort eventuell auch häufiger schuldig und verantwortlich für das Verhalten unserer Eltern gefühlt haben. Ebenso verhält es sich mit dem Gefühl, nicht genügen zu können, nichts wert zu sein.

Angst vor Emotionen unbegründet

Oftmals ist es die Angst vor der Intensität der Emotion, die uns dazu bringt, Emotionales lieber wegzudrängen oder abzupuffern. Doch durch das Leugnen und Verdrängen werden Emotionen nicht selten stärker. Sie drängen sozusagen hervor, sie suchen sich einen Weg, auch zum Beispiel auf psychosomatischer Ebene. Blenden wir Emotionen aus, erscheinen sie uns wie ein übermächtiges Dunkel. Interessanterweise wissen wir instinktiv, dass positive Emotionen wie Freude oder Leidenschaft nur eine gewisse Zeitspanne andauern. Bei negativen Emotionen gehen wir hingegen irgendwie davon aus, dass diese uns für längere Zeit beherrschen und beeinflussen könnten. Dabei ziehen auch diese in der Regel wie auf Wolken an uns vorüber.

Du bist nicht deine Emotion

Hände vor Gesicht, Schamgefühl

Das Schamgefühl ist eines der weniger benannten Gefühle bei der Verarbeitung einer Partnerschaft. © frankieleon under cc

Ganz egal, ob Angst, Wut, Verzweiflung, Trauer, Schuldgefühle, Schamgefühle, oder sich einsam und hoffnungslos fühlen – du bist nicht deine Emotion. Du hast diese Emotionen, sie gehören zur Erlebnisebene eines Menschen dazu, aber solange du dein Verhalten nicht von einer Emotion bestimmen lässt, brauchst du keine Angst davor haben, dass Emotionen dich beherrschen**. Sie vergehen.

ABC-Modell: Basis für emotionale Bewertung

Damit du dir zukünftig die Frage: »»Warum hänge ich so an meinem Ex/meiner Ex?«, nicht mehr stellen musst, gilt es zu verstehen, wie Situationen und Emotionen im Gehirn verknüpft sind. Das ABC(DE)-Modell des US-amerikanischen Psychologen und Psychotherapeuten Albert Ellis steht eng mit der Verhaltenstherapie in Zusammenhang.
Kurz gefasst besagt dieses Modell, dass nicht eine Situation ein Gefühl hervorruft, sondern wie wir diese Situation individuell wahrnehmen und bewerten.

Angemessene und unangemessene Bewertungen

Nur durch die Bewertung und Einstufung einer bestimmten Situation wird diese für uns zu etwas Einschneidendem und Lebensprägendem. Grob unterteilt gibt es situationsangemessene Bewertungen wie zum Beispiel die Angst und Obacht, wenn man eine dunkle Gasse entlanggeht. Es gibt aber auch situationsunangemessene Bewertungen, die darauf fußen, wie wir die Welt mitunter verzerrt wahrnehmen aufgrund von früheren negativen Prägungen. Haben wir beispielsweise früher in der Kindheit bestimmte Situationen erlebt, in denen wir uns verlassen fühlten, werden wir im Erwachsenenalter sehr wahrscheinlich ähnliche Situationen mit derselben Bedrohlichkeit bewerten, obwohl diese vielleicht für uns gar nicht mehr bedrohlich sind. Denn während ein Kind naturgemäß auf die Betreuung der Eltern angewiesen ist, können wir als Erwachsene durchaus alleine für uns dasein.

Vielleicht kennst du das? Viele von uns bewerten in Abhängigkeit von der eigenen Stimmung dieselbe Situation durchaus unterschiedlich. Sitzt du alleine auf dem Sofa, wirst du vielleicht stärker deiner Ex-Partnerschaft nachhängen. Hast du dagegen ein Hochgefühl, weil du dich in deinem Freundeskreis aufhältst, bist du eher zuversichtlich, dass du die Trennung schon irgendwie überwinden wirst. Die faktische Situation hat sich nicht geändert, lediglich deine Bewertung ist, in Abhängigkeit von deinem aktuellen emotionalen Zustand, eine andere.

Emotionale Übererregung als Normalzustand?

Manchmal ist es sogar so, dass man sich über viele Jahre an intensive Gefühle gewöhnt hat und diese nicht einmal mehr als problematisch wahrnimmt. So haben zum Beispiel Kinder, die mit dominanten, frustrierten, manipulativen oder ambivalenten Eltern aufgewachsen sind, mitunter ein höheres Stressniveau. Sie sind stets achtsam und schneller angespannt.

Rückansicht von Paar im Säulengang von historischem Bau

Warum hänge ich so an meinem Ex/meiner Ex? Es sind auch die gemeinsamen Erlebnisse, welche die Partnerschaft unvergessen werden lassen. © F Delventhal under cc

Auch Menschen in toxischen Partnerschaften oder in On-Off-Partnerschaften geht es ähnlich. Sie halten dieses erhöhte Niveau von Stress sowie den Wechsel aus Überschwang in den On-Phasen und der Verlustangst in den Off-Phasen, die überbordenden Gefühle bei Streits oder die Leidenschaft bei Versöhnungssex, für eine normale Empfindungsintensität, weil sie gar nicht wissen, dass es eine unterschwellige Anspannung ist, die sie die ganze Zeit fühlen. Es ist für sie zu einem Normalzustand geworden. Demzufolge müssen wir nach einer Trennung erst einmal zu einer emotionalen Baseline zurückfinden, eine die zwar weniger aufregend ist, die aber inneren Frieden schenkt.

Warum hänge ich so an meinem Ex/meiner Ex? Verhaltensweisen.

Die Konsequenz unserer Bewertungen von Situationen sind einerseits emotional gesunde Verhaltensweisen wie beispielsweise die Flucht, wenn wir eine Verfolgung in der dunklen Gasse wahrnehmen oder allgemein die Vermeidung von dunklen Gassen.
Doch es gibt auch ungesunde, dysfunktionale Verhaltensweisen. So zum Beispiel, wenn wir tagsüber in einer belebten Gasse auch Angst verspüren würden und diese meiden. Oder aber wenn wir eine Trennung nicht akzeptieren können, weil wir glauben, nie wieder ohne diesen Menschen leben zu können und ihm beispielsweise hinterherrennen, ihn stalken oder versuchen, Einfluss zu nehmen auf ihn.

Ausblick: Wie kann Loslassen funktionieren?

In vielen psychologischen Therapien werden diese Verknüpfungen und Bewertungen in Zusammenarbeit mit professionellen TherapeutInnen hinterfragt und aufgelöst. Vereinfacht gesagt, erfolgt eine Umstrukturierung im Kopf. Es gilt also eine Entkopplung von Gefühl und Bewertung der Situation beziehungsweise Verhaltensebene vorzunehmen. Damit du dich zukünftig nicht mehr fragen musst: »Warum hänge ich so an meinem Ex/meiner Ex?«, zeigen wir dir praxistauglich auf, wie genau loslassen funktionieren kann: Trennung, Angst, Minderwert: Wie geht loslassen? – Seelischen Ballast loswerden (2).

** Die hier dargebotenen Informationen sind lediglich allgemeine Coaching-Hinweise, die nicht für psychische Erkrankungen gelten. Folglich ersetzen sie keine Psychotherapie!